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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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reichte Lew die Satteltasche.
    Lew schaute hinein, beschloss aber, das Geld nicht noch einmal nachzuzählen. Er hätte es gesehen, hätte Sotnik sich ein paar Münzen herausgenommen. Lew gab Sid die Tasche und half dann den Kosaken, die Kisten auszuladen.
    Schließlich schüttelte er allen die Hände und wollte gerade wieder auf den Kutschbock klettern, als Sotnik ihn aufhielt. »Da«, sagte er und deutete auf eine geöffnete Kiste. »Da fehlt eine Flasche.«
    Die Flasche stand drinnen, und Sotnik wusste es. Warum war er jetzt noch auf Streit aus? Das war gefährlich.
    Lew sagte auf Englisch zu Sid: »Gib ihm ein Goldstück.«
    Sid öffnete die Satteltasche und reichte Lew eine Münze.
    Lew balancierte sie auf der geschlossenen Faust und warf sie dann in die Luft. Die Münze funkelte im Mondlicht. Als Sotnik instinktiv danach griff, sprang Lew auf den Kutschbock.
    Sid knallte mit der Peitsche.
    »Geht mit Gott«, rief Lew, als der Karren sich in Bewegung setzte. »Und lasst mich wissen, wenn ihr mehr Whisky braucht.«
    Das Maultier trottete vom Hof und bog auf die Straße ein. Erst da atmete Lew wieder leichter.
    »Wie viel haben wir bekommen?«, fragte Sid.
    »Was wir verlangt haben. Dreihundertsechzig Rubel für jeden. Minus fünf. Der Verlust geht auf meine Kappe. Hast du eine Tasche?«
    Sid holte eine große Lederbörse hervor. Lew zählte zweiundsiebzig Münzen hinein.
    In der Nähe der amerikanischen Offiziersbaracken verabschiedete er sich von Sid und sprang vom Wagen. Auf dem Weg in sein Zimmer sprach Captain Hammond ihn an. »Peschkow! Wo haben Sie gesteckt?«
    Lew wünschte, er hätte keine dreihundertfünfundfünfzig Rubel in einer Kosakensatteltasche dabei. »Ich hab mir nur ein wenig die Gegend angeschaut, Sir.«
    »Es ist dunkel!«
    »Deshalb bin ich ja zurückgekommen.«
    »Wir haben nach Ihnen gesucht. Der Colonel will Sie sehen.«
    »Sofort, Sir.« Lew wollte in sein Zimmer gehen, um die Satteltasche loszuwerden, doch Hammond deutete in die entgegengesetzte Richtung und sagte: »Das Büro des Colonels ist da drüben.«
    »Jawohl, Sir.« Lew machte kehrt.
    Colonel Markham mochte Lew nicht. Der Colonel war Berufssoldat und glaubte, Lew fühle sich der United States Army nicht so verpflichtet wie er selbst, womit er vollkommen recht hatte – »hundert Prozent«, wie Markham selbst es ausgedrückt hätte.
    Lew dachte darüber nach, die Satteltasche vor dem Büro des Colonels einfach auf den Boden zu stellen, doch dafür war schlicht zu viel Geld darin.
    »Wo waren Sie?«, wollte Markham wissen, kaum dass Lew hereingekommen war.
    »Ich habe mir die Stadt angesehen, Sir.«
    »Ich habe einen neuen Auftrag für Sie. Unsere britischen Verbündeten brauchen Dolmetscher, und sie haben mich um Sie gebeten.«
    Das klang gar nicht mal so schlecht.
    »Jawohl, Sir.«
    »Sie werden sie nach Omsk begleiten.«
    Das klang schon schlechter. Omsk lag viertausend Meilen entfernt im barbarischen Herzen Russlands. »Weshalb, Sir?«
    »Das werden Ihnen die Briten sagen.«
    Lew wollte nicht. Das war viel zu weit weg von zu Hause. »Bitten Sie mich, dass ich mich freiwillig melde, Sir?«
    Der Colonel zögerte. Lew erkannte, dass der Auftrag tatsächlich freiwillig war – jedenfalls, soweit man in der Army von freiwillig reden konnte.
    »Lehnen Sie ab?«, fragte Markham mit drohendem Unterton.
    »Wenn die Sache freiwillig ist, Sir.«
    »Ich werde Ihnen mal die Situation erklären, Lieutenant«, sagte der Colonel. »Wenn Sie sich freiwillig melden, werde ich Ihnen nicht befehlen, die Satteltasche zu öffnen und mir zu zeigen, was sich darin befindet.«
    Lew fluchte stumm. Er konnte nichts tun. Der Colonel war clever, und in der Satteltasche steckte das Geld für Grigoris Überfahrt nach Amerika.
    Omsk, dachte Lew. Verdammte Scheiße.
    »Ich bin natürlich gerne dabei, Sir«, sagte er.

    Ethel ging nach oben in Mildreds Wohnung. Dort war es sauber, aber unaufgeräumt; Spielsachen lagen auf dem Boden, im Aschenbecher glomm eine Zigarette, und vor dem Feuer hing zum Trocknen ein Schlüpfer. »Kannst du heute Abend auf Lloyd aufpassen?«, fragte Ethel. Sie wollte mit Bernie zu einer Parteiversammlung. Lloyd war nun fast vier, konnte allein aus dem Bett steigen und auf eigene Faust einen kleinen Spaziergang machen, wenn man ihn nicht im Auge behielt.
    »Natürlich«, sagte Mildred. Am Abend beaufsichtigten sie regelmäßig für die anderen den Nachwuchs. »Übrigens, ich hab ’nen Brief von Billy«, fügte sie hinzu.
    »Geht es ihm

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