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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Celtic Minerals würde verkaufen wollen, solange es ging. Der Frühling kam; daher bräuchten die Bergmannsfamilien die kostenlosen Kohlenlieferungen zum Heizen bald nicht mehr. Die Forderungen der Minenarbeiter gründeten sich auf lange Gewohnheit, aber dem Buchstaben des Gesetzes nach hatte das Unternehmen das Recht auf seiner Seite.
    Dah ließ der Diskussion ihren Lauf. Manche Wortmeldungen waren ziemlich ermüdend. Billy fragte sich, was Dah bezweckte; wahrscheinlich hoffte er darauf, dass die Gemüter sich abkühlten. Doch er konnte die Abstimmung nur hinauszögern, nicht verhindern.
    »Zuerst alle, die überhaupt nicht streiken wollen.«
    Nur wenige Männer hoben die Hand.
    »Als Nächstes alle, die ab Montag streiken wollen.«
    Diesmal schossen viele Hände in die Höhe, doch Billy war nicht sicher, ob es reichte. Es hing davon ab, wie viele Männer sich der Stimme enthielten.
    »Und nun alle, die dafür sind, dass der Streik morgen beginnt.«
    Jubel erhob sich, und ein Wald aus Armen stieg in die Luft. Am Abstimmungsergebnis konnte kein Zweifel bestehen.
    »Der Antrag auf Streik ab morgen ist angenommen«, sagte Dah. Niemand verlangte eine Zählung der Stimmen.
    Die Versammlung löste sich auf. Als die Männer hinausgingen, sagte Tommy fröhlich: »Jetzt haben wir morgen frei!«
    »Ja«, sagte Billy. »Und kein Geld in der Tasche.«

    Als Fitz zum ersten Mal zu einer Prostituierten gegangen war, hatte er sie küssen wollen – nicht weil er es unbedingt wollte, sondern weil er glaubte, es wäre so üblich. »Ich küss nich’«, hatte sie ihn in ihrem Cockneyakzent abgewiesen. Danach hatte Fitz es nie wieder versucht. Bing Westhampton erzählte, dass viele Prostituierte das Küssen ablehnten – was eigentümlich war, wenn man überlegte, welche anderen Intimitäten sie zuließen. Vielleicht bewahrten sie sich durch diese triviale Verweigerung einen letzten Rest von Würde.
    Mädchen aus Fitz’ Gesellschaftsschicht hatten vor der Heirat niemanden zu küssen. Sie taten es natürlich trotzdem, aber nur in den seltenen Augenblicken flüchtiger Heimlichkeit, in einem Nebenzimmer bei einem Ball oder hinter einem Rhododendronbusch im Garten. Zeit, dass sich Leidenschaft entwickelte, blieb nie.
    Die einzige Frau, die Fitz jemals richtig geküsst hatte, war Bea. Sie schenkte ihm ihren Körper, wie ein Konditor einen besonders gelungenen Kuchen präsentierte: duftend und gezuckert und kunstvoll dekoriert. Sie ließ ihn alles tun, stellte aber keine Forderungen. Sie bot ihm die Lippen dar, damit er sie küsste, und öffnete seiner Zunge ihren Mund, aber er hatte nie das Gefühl, dass sie sich nach seiner Berührung sehnte.
    Ethel jedoch küsste, als wäre die letzte Minute ihres Lebens angebrochen.
    Sie standen in der Gardeniensuite neben dem Bett mit seiner Staubdecke und hatten die Arme umeinandergeschlungen. Ethel saugte an Fitz’ Zunge, biss in seine Lippen und leckte seinen Gaumen; gleichzeitig streichelte sie sein Haar, hielt sich an seinem Nacken fest und schob ihre Hand unter seine Weste, damit sie ihm mit der Handfläche über die Brust reiben konnte. Als sie sich schließlich atemlos voneinander lösten, nahm sie sein Gesicht in die Hände und hielt seinen Kopf ruhig, während sie ihm ins Gesicht starrte und sagte: »Du bist so schön.«
    Er setzte sich auf die Bettkante, ohne ihre Hände loszulassen, und sie stand vor ihm. Er wusste, dass manche Männer gewohnheitsmäßig die Dienstmädchen verführten, aber er gehörte nicht dazu. Als er fünfzehn war, hatte er sich in ein Zimmermädchen in der Villa der Familie in London verliebt. Seine Mutter war nach wenigen Tagen dahintergekommen und hatte das Mädchen auf der Stelle entlassen. Fitz’ Vater hatte gelächelt und gesagt: »Aber eine gute Wahl.« Seitdem hatte Fitz keine Bediensteten mehr angerührt. Doch bei Ethel konnte er nicht widerstehen.
    »Wieso bist du zurück?«, fragte sie. »Du wolltest den ganzen März in London bleiben.«
    »Ich wollte dich sehen.« Er sah ihr an, dass es ihr schwerfiel, ihm zu glauben. »Ich habe den ganzen Tag an dich gedacht, jeden Tag. Ich musste einfach wiederkommen.«
    Sie beugte sich vor und küsste ihn noch einmal. Fitz ließ sich langsam aufs Bett zurücksinken und zog Ethel mit sich, bis sie auf ihm lag. Sie war schlank und zierlich und wog kaum mehr als ein Kind. Ihr Haar löste sich aus den Nadeln, und Fitz vergrub die Finger in ihren glänzenden Locken.
    Nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, stützte

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