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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gleichen Abend herausfand, als er zusammen mit Billy jede Witwe besuchte. Die Reaktionen der Frauen reichten von der Hysterie von Mrs. Hywel Jones, die nicht aufhören konnte zu weinen, bis hin zu Mrs. Roley Hughes’ zynischer Erklärung, was dem Land fehle, sei eine Guillotine für Männer wie Perceval Jones – so ein Ding, wie man es früher in Paris gehabt habe.
    Billy kochte vor Wut. Reichte es denn nicht, dass die Frauen ihre Ehemänner an den Berg verloren hatten? Mussten sie jetzt auch noch obdachlos gemacht werden? »Darf Celtic Minerals das überhaupt, Dah?«, fragte er, als sie die schäbigen Terrassen zu den Tagesgebäuden hinunterstiegen.
    »Nur wenn wir es zulassen, Junge. Die Arbeiterklasse ist zahlreicher als die besitzende Schicht, und sie ist stärker, denn die Besitzenden sind auf die Malocher angewiesen. Wir sorgen für ihr Essen, bauen ihnen ihre Villen und schneidern ihnen ihre Kleidung. Ohne uns müssten sie sterben. Sie können gar nichts tun, wenn wir sie nicht lassen. Vergiss das nie.«
    Sie betraten die Grubendirektion und stopften sich ihre Mützen in die Taschen. »Guten Tag, Mr. Williams«, sagte Spotty Llewellyn nervös. »Wenn Sie einen Augenblick warten, frag ich Mr. Morgan, ob er Zeit für Sie hat.«
    »Sei nicht albern, Junge, natürlich hat er Zeit für mich«, sagte Dah und ging, ohne innezuhalten, weiter ins Büro. Billy folgte ihm.
    Maldwyn Morgan las in einem Hauptbuch, aber Billy hatte das Gefühl, als würde er nur vorgeben, beschäftigt zu sein. Der Bergwerksdirektor sah auf. Seine rosigen Wangen waren glatt rasiert wie immer. »Kommen Sie herein, Williams«, sagte er überflüssigerweise. Im Unterschied zu vielen anderen Männern hatte er keine Angst vor Dah. Morgan kam aus Aberowen, war der Sohn eines Schulmeisters und hatte Bergbauingenieur studiert. Billy wusste, dass Morgan und Dah einander ähnlich waren. Beide waren intelligent, selbstgerecht und starrsinnig.
    »Sie wissen, weshalb ich gekommen bin, Mr. Morgan«, sagte Dah.
    »Ich kann es mir denken, aber sagen Sie es trotzdem.«
    »Ich möchte, dass Sie die Wohnungskündigungen zurücknehmen.«
    »Celtic Minerals braucht die Häuser für Bergleute.«
    »Es wird Ärger geben.«
    »Wollen Sie mir drohen?«
    »Steigen Sie bloß nicht auf Ihr hohes Ross«, sagte Dah milde. »Die Männer der Witwen sind unter Ihren Berg gekommen. Fühlen Sie sich denn nicht für diese Frauen verantwortlich?«
    Morgan reckte abwehrend das Kinn vor. »Die öffentliche Anhörung hat das Unternehmen von jedem Vorwurf der Nachlässigkeit im Zusammenhang mit der Schlagwetterexplosion entlastet.«
    Billy hätte ihn am liebsten gefragt, wie er so etwas behaupten könne, ohne sich in Grund und Boden zu schämen.
    Dah erwiderte: »Die Anhörung hat eine Liste von Verstößen ergeben, die so lang ist wie der Zug nach Paddington: nicht isolierte elektrische Leitungen, keine Atemgeräte, kein richtiger Löschwagen …«
    »Aber diese Verstöße haben weder die Explosion verursacht noch zum Tod der Bergleute geführt.«
    »Es konnte nur nicht bewiesen werden.«
    Morgan ruckte unbehaglich im Sessel hin und her. »Sie sind nicht hergekommen, um über die Anhörung zu streiten.«
    »Ich bin hergekommen, um Sie zur Vernunft zu bringen. Während wir hier reden, sprechen die Kündigungen sich in der ganzen Stadt herum.« Dah zeigte auf das Fenster, und Billy sah, dass die Wintersonne hinter dem Hügel versank. »In diesem Moment sind überall im Ort Männer zusammen. Sie sind auf Chorproben, trinken mit Freunden ein Bier, gehen zum Beten, spielen Schach – und alle reden über den Rauswurf der Witwen. Sie können Ihre Schuhe drauf verwetten, dass sich da was zusammenbraut.«
    »Versuchen Sie, das Unternehmen einzuschüchtern?«
    Billy hätte den Kerl am liebsten erwürgt, aber Dah seufzte bloß. »Hören Sie, Maldwyn, wir kennen uns seit der Schule. Seien Sie vernünftig. Sie wissen genau, dass es in der Gewerkschaft Leute gibt, die aggressiver sind als ich.« Dah sprach von Tommy Griffiths’ Vater. Len Griffiths glaubte an die Revolution; er hoffte stets, die nächste Auseinandersetzung wäre endlich der Funke, der die Feuersbrunst auslöste. Außerdem war er auf Dahs Posten scharf. Es gab keinen Zweifel, dass Len Griffith auf drastische Maßnahmen drängen würde.
    »Wollen Sie damit sagen, Sie rufen zu einem Streik auf?«, fragte Morgan.
    »Ich will damit sagen, dass die Männer wütend sein werden. Was sie tun werden, kann ich nicht vorhersagen. Aber

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