Sturz in die Zeit: Roman (German Edition)
verstecken. Wenn ich nicht hinging, würden sie einfach herkommen und mir einen Lappen ins Gesicht drücken oder so was.
»Gib mir fünf Minuten.«
»Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst«, sagte er.
Ich rollte mich auf die Seite und rüttelte an Hollys Schultern. »Hol? Holly?«
Sie öffnete mühsam die Augen. »Hm?«
»Dad möchte mich unten in der Bar treffen, okay? Er will reden oder so.«
Sie drehte sich auf die Seite und zog die Decke bis zum Kinn. »Sicher.«
»Dauert nicht lange.« Ich schob ihre Haare aus dem Gesicht und küsste sie auf die Wange. »Ich liebe dich.«
Sie berührte mein Gesicht mit den Fingerspitzen und lächelte. »Ich dich auch.«
Schnell schlüpfte ich in meine Kleider und steckte Freemans Pistole ein.
Als ich in die Bar kam, war dort außer Dad und dem Barkeeper, der über irgendwas lachte, das Dad ihm erzählt hatte, niemand zu sehen.
»Bist du allein?«, fragte ich ihn.
Er drehte sich dem Barkeeper zu. »Wir nehmen unsere Drinks mit an den Tisch, wenn das okay ist.«
»Klar.«
Ich folgte ihm durch die verlassene Bar zu einem Tisch. Er schob mir ein Bier hin, und ich konnte ihm ansehen, dass er schon einige getrunken hatte. Nicht gerade typisch für einen Agenten im Dienst.
»Ich bin allein«, sagte er. »Freeman und Melvin wurden aufgehalten.«
»Aha«, sagte ich langsam.
»Melvin hat mir erzählt, worüber ihr gesprochen habt. Hör zu, Jackson, ich hab jetzt Stunden darüber nachgedacht, und du solltest dich nicht zu so einem Leben verpflichtet fühlen, nur weil du glaubst, es gäbe keinen anderen Weg.«
»2007 wolltest du mir einiges beibringen«, hielt ich dagegen.
Er kippte den Rest seines Biers und schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Vielleicht dachte ich, dass du unter unserer Aufsicht in Sicherheit bist oder dass es dir nicht schaden könnte, ein bisschen zu trainieren.«
»Und jetzt?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob du dir klar genug machst, welche Opfer du bringen musst, wenn du dein Leben ganz einer Sache weihst, von der du niemandem erzählen darfst. Nicht einmal deinen eigenen Kindern.«
Ein paar Sekunden lang war ich überzeugt. Er schaute mich so intensiv an. Ich wollte ihm jedes Wort glauben und ihm sagen, dass ich ihn liebte, aber ich konnte nicht hundertprozentig sicher sein, dass er nicht immer noch ein Spiel mit mir spielte. »Ich kann Leuten, denen ich nicht traue, nicht helfen. Ich möchte nicht durch Tricks oder andere Schliche in irgendetwas hineingeraten.«
Er lehnte sich zurück und holte tief Luft. »Wir haben nur versucht, dich zu beschützen. Aber es ist alles ein bisschen viel auf einmal für dich und deshalb schwer zu akzeptieren.«
»Verstehe. Aber jetzt bin ich an dem Punkt, an dem es mir lieber wäre, dass du einfach mal erzählen würdest. Ganz gleich, wie schlimm es ist. Darüber, wie es ist, Leute umzubringen, oder was auch immer.« Die schreckliche Erinnerung daran, wie Chief Marshall Dad befohlen hatte, diesen Harold zu erschießen, kam zurück. »Wie schaffst du das überhaupt: jemanden umzubringen und dann einfach so weiterzuleben, ohne dich schuldig zu fühlen? Ist das alles nur ein Spiel für dich? Selbst das Vatersein? Das war dein Auftrag, stimmt’s?«
Ich erwartete, dass er wütend wurde, so wie ich. Aber er nickte nur und schaute auf seine Hände, bevor er mir wieder in die Augen sah. »Es gibt etwas, von dem ich möchte, dass du es siehst. Etwas in der Vergangenheit. Aber du brauchst nur zuzuschauen. Keine Tricks. Es wird dir viele Fragen beantworten. Mach einfach einen Halbsprung. Einen, der die Geschichte nicht beeinflusst.«
»Ich nehme an, Adam hat dir von den Halbsprüngen erzählt?«, fragte ich, und er nickte. »Wohin springe ich denn? Zu welchem Datum?«
»Zum zweiten Oktober 1992«, antwortete er. »Gegen drei Uhr am Nachmittag.«
»So weit bin ich noch nie zurückgegangen. Davon wird mir übel werden. Richtig übel. Und ich weiß auch nicht, wie lange ich dort bleiben kann.«
»Ich weiß. Entscheide selbst, ob du es sehen willst oder nicht.«
Ihm standen Trauer und Erschöpfung im Gesicht. Dies war nicht die aufgeregte Energie, mit der Marshall, Melvin und Dad mich im Jahr 2007 angesehen hatten, wenn ich von der Vergangenheit oder der Zukunft berichtete. Er zog einen Stift aus der Tasche, zeichnete eine kleine Karte vom Central Park und kreiste einen alten Spielplatz ein. Dann reichte er mir ein Gerät, das wie ein MP3-Player aussah, von dem ich jedoch wusste, dass es Geräusche aus der Ferne
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