Sturz in die Zeit: Roman (German Edition)
ließ mich neben ihn fallen und drückte meine Hände auf das Blut, das aus seinem Pullover sickerte.
Nach Luft schnappend, legte ich die Pistole auf den Bauch des Mannes und konnte mich nicht überwinden, sie wieder in die Hand zu nehmen.
Von dieser Stelle aus konnte ich Dad sehen. Er drückte den kleinen Jackson ganz fest an sich und murmelte: »Alles ist gut.«
Zwei andere Leute kamen angerannt, ein Mann und eine Frau. Das mussten Agenten sein, denn Dad nickte ihnen zu. Die Frau nahm Courtney auf den Arm, und Dad reichte mich an den Mann weiter, dann gingen die beiden mit uns weg. Dad ließ sich auf den Rücken fallen, und Eileen beugte sich über ihn und schlug die Hände vor den Mund. »O Gott, Kevin, du bist getroffen!«
Dann bebte sein Körper vor Lachen, und er zog sie zu sich herunter, so dass ihr Gesicht ganz nah an seinem war. »Ist nur meine Schulter. Das kommt wieder in Ordnung.«
Sie legte ihren Kopf auf seine Brust, und ich hörte ihre Schluchzer auch ohne den Verstärker laut und deutlich. »Sie hätten dich umbringen können.«
»Shh, alles ist gut. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich bin schon mal angeschossen worden.«
»Was ist mit den Kindern? Wo sind sie?«
»Entspann dich. Sie sind jetzt schon in einem kugelsicheren Auto. Wo auch du sein solltest. Ich könnte Freeman umbringen dafür, dass er mir solche Angst eingejagt hat. Wo zur Hölle war er?«, fragte Dad.
Eileen hob den Kopf, nahm sein Gesicht und küsste ihn, als wollte sie es ausnutzen, dass er nur einen Arm bewegen konnte. Er fuhr ihr mit den Fingern der anderen Hand durch die Haare und schob sie nach ein paar Sekunden weg, nur ein kleines bisschen.
»Marshall kommt«, flüsterte er.
Sie nickte, küsste ihn aber erneut auf die Wange und sagte ganz leise: »Ich liebe dich.«
»Keine Bewegung!«, hörte ich Chief Marshalls tiefe Stimme hinter mir.
Ich schloss die Augen und sprang, bevor Marshall mich in die Finger kriegen konnte.
33
15. August 2009, 1 Uhr 20
»Jackson!«
Meine Stirn lag auf der hölzernen Tischplatte. »Hm?«
Das war mit Abstand der schlimmste Zustand, in den ich bislang durch einen Sprung geraten war. Ich fühlte mich, als hätte ich vierzig Grad Fieber.
»Komm, du musst hier raus«, sagte Dad.
Er half mir auf und legte meine Arme um seine Schultern. Auf diese Weise schafften wir es durch den Flur und in den Aufzug und stolperten dann in Dads Zimmer. Ich sank aufs Sofa, schloss die Augen und war nicht imstande, auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen.
»O Mann, das ist ja wirklich übel«, sagte er. »Was brauchst du? Was zu essen, Wasser?«
»Nein«, stöhnte ich. »Das kommt alles nur gleich wieder raus.«
Er knipste eine Lampe an. »Was ist los? Warum starrst du auf deine Hände?«
Das war mir bis dahin gar nicht aufgefallen. Meine Hände sahen vollkommen sauber aus, doch mir war so, als könnte ich das klebrige Blut zwischen meinen Fingern spüren. »Ich habe die Wunde berührt. Der Mann hat geblutet. Ich fasse es nicht, dass ich das getan habe.«
»Welcher Mann?«
»Der Mann, den ich erschossen habe. Er ist tot. Na ja, er ist nicht wirklich tot, aber ich habe es trotzdem getan.«
»Aber … Hast du gesehen, was passiert ist? Mit ihr?« Er sprach mit erstickter Stimme und schlug die Augen nieder.
»Was sollte denn passieren? Wenn ich nicht da gewesen wäre?« Schlagartig wurde mir alles klar. Ich hatte keinerlei Erinnerungen an Eileen, und Dad fragte, ob ich gesehen hätte, was mit ihr passiert sei. »Wurde sie getötet? Im echten Jahr 1992?«
Dad nickte langsam und ließ meine Hände los. Er setzte sich auf den Fußboden.
Also war der rothaarige Mann damals, als sich das alles wirklich ereignet hatte, als ich nicht dort gewesen war, von niemandem daran gehindert worden, sie zu erschießen.
»Das war derselbe Mann: einer von den Typen, die dabei waren, als Holly erschossen wurde.« Ich konnte nicht aufhören, meine Hände zu betrachten – von denen das Blut des Mannes verschwunden war. Es war nicht real, doch es fühlte sich real an. »Tut mir leid. Ich konnte ihn nicht davonkommen lassen und nicht …«
»Nichts tun?«, fragte er, bevor er aufstand und sich auf den Sessel gegenüber von mir setzte.
»Das war dumm. Es hat nichts verändert.« Ich schob den Gedanken beiseite und stellte eine andere Frage: »Wer war sie? Eileen, meine ich.«
Er schwieg eine Weile, er musste sich erst sammeln. »Eine Wissenschaftlerin. Sie war absolut brillant und hat mit Dr. Melvin
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