Sturz ins Glück
auf James’ Gesicht zu sehen, dass Gideon sich überhaupt nicht um gesellschaftliche Konventionen scherte, aber sein Freund verschränkte nur die Arme vor der Brust und lächelte wissend.
„Du scheinst nicht überrascht zu sein.“
„Bin ich auch nicht.“ James zwinkerte. „Du kannst dich später bei mir bedanken.“
„Bedanken? Wofür?“
„Dafür, dass ich Miss Proctor in dein Haus geführt habe, natürlich.“
Gideon schlug James auf die Schulter. „Du bist schlimmer als jede Kupplerin. Hast du nichts Besseres zu tun, als herumzusitzen und den Heiratsvermittler zu spielen?“
James lachte. „Willst du dich etwa beschweren?“
Gideon schüttelte grinsend den Kopf. „Nein.“
„Gut. Undankbarer Kerl.“
Die beiden Männer lachten schallend. Dann verblasste Gideons gute Laune jedoch.
„Komm mit in mein Büro, James. Ich habe etwas, das du dir ansehen musst. Dann will ich deine Meinung zu Petchey und seinen Plänen haben.“
* * *
Eine Stunde später ließ James das Tagebuch sinken und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Seine Lippen waren grimmig zusammengepresst.
„Was denkst du darüber?“, fragte Gideon.
James starrte an die Decke und stieß ein Seufzen aus. „Ich will dich nicht noch mehr beunruhigen, aber ich habe den Kerl kennengelernt und muss zugeben, dass ich Lucindas Vermutungen teile. Er ist eine Schlange und weiß, wie man genug Charme versprüht, um die Menschen für sich zu gewinnen und seine Ziele zu erreichen.“ Er tippte mit dem Zeigefinger auf den Ledereinband des Tagesbuches. „Wenn er einen Mord begangen hat, wäre genau das die hinterhältige Art, die er wählen würde.“
„Und was denkst du, was sein Ziel hier ist?“ Gideon rieb sich das Gesicht und versuchte, den Kopfschmerz zu ignorieren, der hinter seiner Stirn lauerte. „Lucindas Testament wurde offiziell bestätigt. Petchey kann sich nicht einfach Isabella schnappen und mit ihr abhauen. Kein Gericht der Welt würde ihm recht geben und keine Bank ihm Geld geben. Niemand würde ihm Bellas Treuhandfonds auszahlen, nur weil Petchey mit ihr verwandt ist.“
„Ich traue mich kaum, es zu sagen, Gid, aber …“ James zögerte, als brächte er es nicht über sich, die Worte auszusprechen.
„Was?“ Ein schweres Gewicht schien sich auf Gideons Schultern zu legen, während er seinen Freund anstarrte.
Endlich sah James ihm in die Augen. „Als nächstem Verwandten stünde Petchey das Geld zu, sollte Isabella sterben.“
„Nein!“ Gideon sprang auf. „Sie ist ein Kind. Unschuldig. Du meinst doch nicht …“
Er hielt inne. Jetzt, wo er das Tagebuch kannte, war die Idee gar nicht mehr so abwegig. Der Viscount hatte offenbar schon seinen eigenen Bruder und seine Schwägerin ermordet. Was sollte ihn davon abhalten, auch seine kleine Nichte zu töten?
„Erzähl mir alles über ihn, was du weißt, James.“
Die beiden Männer nahmen wieder Platz. James starrte an die gegenüberliegende Wand, um sich zu konzentrieren und die Begegnung noch einmal Revue passieren zu lassen. „Petchey hat sich Edward Church genannt. Wenn ich ihm nicht ausgerechnet im Grundbuchamt begegnet wäre, hätte ich ihm seine Identität sicher ohne jeden Zweifel abgenommen.“
„Und warum dort nicht?“
„Ich weiß es nicht. Er hat sich auffallend seltsam benommen.“ James beugte sich nach vorne. „Als ich dort ankam, erwähnte der Angestellte, dass zwei Männer nach deinen Liegenschaften und einer Karte des Menard County gefragt hatten. Er dachte, ich könnte ihnen bei ihrem Anliegen behilflich sein. Als ich mich ihnen vorstellte und nach dem Grund ihres Besuchs fragte, hatte Petchey eine logische Erklärung parat. Er sagte, seine Mutter sei eine Bekannte deiner Mutter und habe ihn gebeten, dich auf seiner Reise zu besuchen und ihr dann Bericht zu erstatten, ob es dir gut gehe und so weiter. Als Gentleman habe er ihr das natürlich versprochen und jetzt sei er im Grundbuchamt, um den besten Weg zu deiner Ranch ausfindig zu machen. Er hat mir sogar einen Brief mit deiner Adresse gezeigt.“
„Er muss ihn irgendwo abgefangen haben“, vermutete Gideon und tippte sich mit dem Daumen aufs Knie. „Also weiß er, wo ich wohne.“
„Ich fürchte, ja.“
„Und du bist sicher, dass dieser Church Lord Petchey ist?“ Herr, mach, dass er es nicht ist.
James nickte. Gideons Herz sank.
„Etwas an ihm kam mir seltsam bekannt vor“, erklärte sein Freund. „Nach einer Weile fiel mir auf, dass er mich an die Fotos von Isabellas
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