Sturz ins Glück
wert.
„Isabella?“
Das Mädchen hob den Kopf.
„Würdest du mir gerne dabei helfen, mich um deinen Vater zu kümmern?“
Sie zog die Brauen hoch und zeigte sich auf die Brust.
„Wenn du bereit bist, könnte ich deine Hilfe gut gebrauchen. Wenn wir beide über ihn wachen, wird er bestimmt schneller gesund. Was meinst du?“
Auf Isabellas Gesicht trat ein Ausdruck, den Adelaide noch von ihrer Reinigungsaktion auf dem Dachboden kannte. Ernsthaftigkeit. Entschlossenheit. Sie nickte energisch.
„Wunderbar.“ Adelaide belohnte sie mit einem Lächeln und einem Kuss auf die Wange. „Für uns gibt es allerlei zu tun. Ich wechsle die Bandagen und du kannst kühle Tücher auf seine Stirn legen. Wir kümmern uns um seinen verletzten Körper, aber wir müssen uns auch um seinen Geist kümmern. Das wird unsere wichtigste Aufgabe sein.“
„Wie machen wir das?“, fragte Isabella.
Etwas von der Anspannung, die sich in Adelaide ausgebreitet hatte, als das Mädchen in den letzten Minuten nicht mehr gesprochen hatte, fiel von ihr ab. Sie hatte schon befürchtet, das Kind hätte sich wieder in ihr Schweigen zurückgezogen. Sie sprechen zu hören, war eine Wohltat für Adelaides strapazierte Nerven.
„Wenn Menschen sehr krank sind“, erklärte Adelaide, „sind sie oft mutlos. Ärzte und Medizin können ihnen helfen, dass der Körper wieder gesund wird, aber sie müssen auch selbst etwas dafür tun. Manchmal haben die Menschen die Schmerzen satt und wollen aufgeben. Es ist unsere Aufgabe, es deinem Papa leichter zu machen, an eine Heilung zu glauben, dann wird er schneller wieder gesund.“
„Hat Papa Gidyon große Schmerzen?“
Erinnerungen an sein schmerzverzerrtes Gesicht kehrten zu Adelaide zurück. Der Gedanke an sein Stöhnen ließ sie erschaudern.
„Ja, meine Kleine. Papa Gideon hat im Moment große Schmerzen.“ Adelaide blinzelte die Tränen zurück, bevor sie weitersprach. „Deshalb ist unsere Aufgabe auch so wichtig. Manchmal müssen wir still sein, damit er sich ausruhen kann, und manchmal müssen wir mit ihm reden und ihm lustige Geschichten erzählen, damit er froh wird. Manchmal müssen wir nur neben seinem Bett sitzen und seine Hand halten. Alles, was ihn daran erinnert, dass wir ihn lieben, wird ihn davon überzeugen, dass er bei uns bleiben will.“
„Kann ich ihm ein Lied vorsingen? Mama mochte es, wenn ich mit ihr gesungen habe.“
„Ich kann mir nichts vorstellen, was ihn glücklicher machen würde.“ Wenn die Worte und der Gesang seiner Tochter Gideons Lebensgeister nicht zurückholten, dann wusste Adelaide nicht, was sonst.
Die beiden zukünftigen Krankenschwestern schwiegen einen Moment. Dann wurde Isabella auf Adelaides Schoß unruhig. „Können wir gleich damit anfangen, uns um ihn zu kümmern?“
Adelaide lächelte über den Eifer des Kindes. Sie wollte gerade erklären, warum sie Gideon erst einmal in Ruhe lassen mussten, als ihr einfiel, was das Mädchen für seinen Vater tun konnte.
„Ja, Izzy“, sagte sie. „Wir können eins der besten Dinge für deinen Papa tun, die es gibt. Wir können für ihn beten.“
Isabellas Gesicht fiel zusammen. „Ich bin kein guter Beter.“
„Man muss keine schönen Worte benutzen, meine Kleine. Gott weiß, was du in deinem Herzen spürst.“
Eine Träne rollte Isabellas Wange hinunter, als sie entschieden den Kopf schüttelte. „Nein. Meine Gebete wirken nicht.“
Adelaide wollte widersprechen und ihr versichern, dass ihre Gebete natürlich wirkten. Isabella war so unschuldig, dass nichts ihre Gebete aufhalten würde. Sie schwieg und wartete, bis die Kleine weitersprach.
„Zuerst ist mein Papa gestorben. Das ging so schnell, da konnte ich gar nicht beten. Aber als meine Mama krank war, habe ich immer ganz viel gebetet. Jeden Abend. Aber sie ist gestorben wie Papa.“
„Ach, Izzy.“ Adelaide zog sie in eine Umarmung und wiegte sie hin und her. „Es ist schwer zu verstehen, warum Gott manchmal Nein sagt, nicht wahr? Ich habe das Gleiche gefühlt, als mein Vater gestorben ist. Ich habe so viel für ihn gebetet. Aber nur, weil Gott uns nicht gibt, worum wir bitten, heißt es nicht, dass er uns nicht liebt oder hört.“
Isabella rutschte hin und her, bis sie wie ein großer Säugling in Adelaides Armen lag. Ihr Kopf war in Adelaides Armbeuge gebettet, während die Füße über die Stuhllehne baumelten.
Vielleicht war diese Unterhaltung zu schwierig, als dass ein Kind alles begreifen konnte, doch Adelaide wollte auf keinen Fall
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