Styling deluxe / Roman
ihr keinen Raum zum Experimentieren. Aber sie sah wirklich gut aus in ihrem blaugrünen Seidenkleid im Empire-Stil mit dem Spitzenbolero darüber. Dazu ein phantastischer Hut, phantastische grüne High Heels und ein strahlendes Gesicht in Folge des Morgens, den sie erlebt hatte. Sie war so fleißig gewesen, so gefragt und so großartig in ihrem Job.
Seit sieben Uhr morgens hatte Annie sich in Svetlanas Haus in Mayfair aufgehalten und alle Angehörigen der Braut gestylt und deren Outfits perfektioniert.
Seit Svetlanas Versöhnung mit Harry verlief die Freundschaft zwischen Annie und Svetlana wieder in den gewohnten Gleisen. Vielleicht war es auch keine allzu große Überraschung, dass Svetlana außerdem angefangen hatte, sich mit der Tochter, zu der sie all diese Jahre keinen Kontakt gehabt hatte, anzufreunden.
»Hatte sie es schwer in Ukraine. Ist hartes Leben da. Und ist sie sehr kluges Mädchen. Sehr klug, sehr schön und hat großen Ehrgeiz. Ist sie wie ihre Mama«, hatte Svetlana Annie stolz wissen lassen. Als ob Annie die Ähnlichkeit nicht längst erkannt hätte!
Annie höchstpersönlich hatte Svetlana in ihr aufwendiges Couture-Hochzeitskleid geschnürt und sie in den Inbegriff erwachsener bräutlicher Perfektion verwandelt. Dann half sie Elena in ihr langes cappuccinofarbenes Etuikleid, wobei sie all die körperlichen wie auch geistigen Merkmale zur Kenntnis nahm, die Mutter und Tochter teilten.
»Nicht schlecht, wie?«, fragte Elena, als sie sich im Spiegel sah.
Petrov und Michael trugen aufeinander abgestimmte Pagen-Outfits, die an den meisten anderen kleinen Jungen vielleicht albern gewirkt hätten, doch diese beiden waren dunkelhaarig und ernst genug, um cremefarbene Kniebundhosen, helle Strümpfe und Schnallenschuhe tragen zu können.
Zusätzlich waren noch zahlreiche Freundinnen Svetlanas gekommen, um sich von Annie den letzten Schliff geben und beraten zu lassen, welchen Hut, welche Schuhe sie tragen und wo sie das Anstecksträußchen anbringen sollten.
»Wie steht Igor zu deiner Hochzeit?«, fragte Annie ihre Freundin.
»Ist unwichtig«, antwortete Svetlana mit einem Lächeln, »das Scheidungsabkommen ist jetzt wasserdicht. Sind keine Änderungen mehr gestattet, oder ich erhebe Anklage wegen Kindesentführung. Hat er außerdem durch schlechte Investitionen so viel Geld verloren. Und seine neue Freundin ist mit dem Tennislehrer durchgebrannt …« Daraufhin hatte Svetlana schallend gelacht, bis die prachtvolle Hochfrisur auf ihrem schönen Kopf sich aufzulösen drohte. »Dummerrr, dummerrr Igor!«, fügte sie mit beinahe weichem, wehmütigem Blick hinzu.
»Ich glaube, mit Harry wirst du viel, viel glücklicher.«
Svetlana wandte sich vom Spiegel, in dem sie sich kritisch betrachtet hatte, ab und sah Annie direkt an.
»Ja«, antwortete sie, »ich glaube, hast du recht, werde ich glücklich mit Harry. Bin ich dann nicht mehr superreich, aber glücklich. Etwas Neues für mich, wie? Meine gute Freundin Annah!« Und damit schloss sie Annie völlig unverhofft in ihre Arme.
Jetzt drängte Annie ihre Familie in die viktorianische Pracht der Kapelle. Das Kirchlein stand auf smaragdgrünem Rasen, umringt von einem friedvollen Rechteck ebenfalls gothischer Gebäude, wo später der noble Empfang stattfinden sollte.
Sie konnte es nicht lassen, sich ausgiebig und neugierig nach den in der Kirche Versammelten umzusehen – eine so rätselhafte Vielfalt von Menschen. Auf Harrys Seite waren alle sehr vornehm und ganz alte englische Schule: jede Menge Cuts, Federhüte und zweckmäßige Kleider mit passenden Mänteln.
Auf der Seite der Braut sah es schon ungewöhnlicher aus. Grobschlächtige Männer mit rasiertem Schädel zeigten sich in gangstermäßigen Nadelstreifen und protzigem Goldschmuck. Die Mädchen – eines bezaubernder und umwerfender gekleidet als das andere – waren groß, dünn, blond, elegant und osteuropäisch, in Gucci, Valentino und allen Luxus gehüllt, der für Geld zu haben war.
Harry saß bereits in der vordersten Bank und zupfte nervös an seinen Manschetten. Annie fragte sich, ob er immer noch zweifelte … überlegte, ob diese so oft abgesagte Hochzeit nun wirklich stattfand oder nicht.
Dann entstand hinten in der Kapelle ein Aufruhr, der vermuten ließ, dass die Braut mit ihrem Gefolge eingetroffen war. Annie drehte den Kopf und sah Svetlanas Söhne und Elena in den Vorraum treten.
Da begann das Handy in ihrer Handtasche, zu summen. Sie hatte es auf Vibration geschaltet,
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