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Styling deluxe / Roman

Styling deluxe / Roman

Titel: Styling deluxe / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Reid
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gewohnt war. Die Jacken schienen sämtlich aus einem Mix aus Wolle und ein bisschen Schmirgelpapier zu bestehen, und die Blusen waren aus dünner substanzloser Baumwolle, mit Appretur aufgestockt, die sich bei der ersten Wäsche verflüchtigen würde.
    Trotzdem … ach! Ihre Hand zuckte in Richtung Kleiderstange. Das war ja eine ganz entzückende pinkfarbene Seidenbluse! Annie zog sie heraus und prüfte das Preisschildchen. Nur fünfundvierzig Pfund!
    In dieser Saison hatte sie sich in jede einzelne der neuen Farben verliebt: die Pink- und Orangetöne, die Gelb- und stimmungsvollen Grün-Nuancen. Sie wollte etwas in jeder Schattierung.
    Mit ein paar zusätzlichen Halstüchern oder Baumwolltops in den richtigen Farben könnte sie ihre gesamte Garderobe auffrischen.
    Mmm … der Schmuck hier war ebenfalls vorzüglich. Dieser glänzende breite Armreif in Pink-Violett? Das war genau das, was sie wollte. Und der magentarote Pulli mit Fledermausärmeln?
    Sie nahm ihn zur näheren Inspektion vom Bügel. Es war so seltsam, wenn Dinge, die man in früherer Zeit getragen, geliebt, dann überwunden und schließlich verabscheut hatte, wieder in Mode kamen. Wie dieser Pulli. Mit siebzehn hatte sie einen fast identischen in Kobaltblau besessen.
    Der blaue hatte den gleichen U-Boot-Ausschnitt, aber längere Ärmel gehabt. Die Designer waren eindeutig mit dem Fledermausärmel an den Zeichentisch zurückgekehrt und hatten eingesehen, dass es nur mit ellbogenlangem Ärmel klappte. So konnte man die Arme senken, ohne wie eine echte Fledermaus herumzuflattern.
    Annie betrachtete den Pulli und entschied, dass sie ihn anprobieren musste, und wäre es nur um der alten Zeiten willen. Sie erinnerte sich sogar noch an ihre Ratlosigkeit bezüglich des alten kobaltblauen: Mit dem U-Boot-Ausschnitt und den drapierten Ärmeln war es kaum möglich zu entscheiden, wo oben und unten war.
    Mit einem Armvoll Sachen in der Umkleidkabine ging Annie ganz professionell vor und prüfte alles darauf, wie es an ihr aussah statt auf dem Bügel, und indem sie im Geiste eine Liste der Sachen zu Hause in ihrem Kleiderschrank aufstellte, die dazu passen würden.
    Das Einzige, woran sie kaum einen Gedanken verschwendete, war der Preis. Auf ihrem Bankkonto waren noch ungefähr 3,26 Pfund übrig, also konnte sie sich eigentlich gar nichts leisten. Aber hier, so sagte sie sich, befand sie sich in der Filiale einer Kaufhauskette. Wenn sie mit ihrem Überziehungskredit ein paar Sachen kaufte, würde kein großer Schaden entstehen. Und – bei diesem Gedanken wurden ihre Augen zu schmalen Schlitzen – lauerten da nicht in ihren Schränken noch ein paar Sachen, die sie verkaufen konnte? Einige verblichene Kostbarkeiten, die ausgegraben und bei eBay angeboten werden konnten, um ein paar hundert Pfund lockerzumachen?
    Der Pulli und die Seidenbluse waren bildhübsch. Als sie sich im Spiegel betrachtete, waren es nicht die Kleidungsstücke, die ihr Probleme bereiteten, und ihre Figur war es auch nicht. Sie wusste haargenau, wie sie diesen vollbusigen, apfelförmigen Körper zu kleiden hatte, den sie immer diesseits von Größe 38 zu halten verstand.
    Nein, was ihr urplötzlich ins Auge stach, war ihr Haar. Auch heute war nichts daran ungewöhnlich oder falsch. Die goldenen und aschblonden Highlights waren absolut up to date für die Fernsehkamera. Das Haar war zurückgekämmt und stramm zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengefasst, wie sie es immer handhabte.
    Diese Frisur trug sie seit Jahren, weil sie absolut zu ihr passte. Sie hatte feine Züge: ein spitzes Kinn, eine kleine Nase und Lippen, die einen kräftigen Lippenstift benötigten, um gut zur Geltung zu kommen. Der flippige, hüpfende Pferdeschwanz entsprach auch ihrer lebhaften Motorik und großen Tatkraft. Außerdem hatte er einen Lifting-Effekt auf ihre Haut. Gewöhnlich liebte sie den Pferdeschwanz und stellte ihn nie in Frage.
    Zur Schlafenszeit, wenn sie ihr Haar löste, sah sie geradezu ungewöhnlich aus. »Die Annie, die nur ich zu sehen bekomme«, bemerkte Ed häufig.
    Doch jetzt störte der Pferdeschwanz sie urplötzlich. Nur andeutungsweise … ein Augenblick des Zweifels.
    So trug sie ihr Haar seit Jahren … sie versuchte, sich zu erinnern, wie lange. War es tatsächlich seit Owens Geburt? Vor zwölf Jahren? Wollte sie diese Frisur bis in alle Ewigkeit tragen?
    Sollte sie vielleicht auf einen Nackenknoten umsatteln? Auf eine geringfügig förmlichere Hochsteckfrisur? Das würde von vorn genauso

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