Styling deluxe / Roman
aussehen, von hinten aber ein bisschen erwachsener und
soignierter.
Vielleicht.
Vielleicht ein blonder Kurzhaarschnitt?
Der Gedanke erschreckte sie. Musste man nicht zierlich und rappeldürr sein, um sich ganz kurzes Haar leisten zu können?
Ein blonder Kurzhaarschnitt.
Schon der Bergriff schreckte sie ab. Sie dachte an Tinas Haarschnitt und versuchte sich vorzustellen, wie ihre eigenen goldenen Locken auf den weißen Fliesenboden im Friseursalon fielen.
Nein! Sie erschauderte unwillkürlich. Das war zu brutal. Wenn sie als Teenie oder Twen ihr Haar hatte kurz schneiden lassen, hatte es jedes Mal kaum eine Woche gedauert, bis sie es zutiefst bereute, und ein langes, langes Jahr, bis der Fehler behoben war.
Trotzdem, kurzes Haar sollte befreiend wirken und das Gesicht um Jahre verjüngen. Hatte sie es nicht bei so vielen Klientinnen erlebt? Vom gediegenen Bob zum ausgeflippten Igel. Vielleicht sollte sie mit dem Friseur über eine kleine Veränderung reden … nur
reden,
die Alternativen sichten.
Als sie schließlich zur Kasse ging, hatte sie beachtliche Beute gemacht. Da waren der Pulli mit Fledermausärmeln, zwei Baumwolltops in Fuchsia und Kobaltblau, der pinkfarbene Armreif, ein duftiges limonengrünes Halstuch, dem sie nicht hatte widerstehen können, und die pinkfarbene Seidenbluse mit der extravaganten Rüsche auf dem Vorderteil.
Ratter-pling, ratter-pling, ratter-pling.
»Das macht einhundertundvierundachtzig Pfund und fünfundachtzig Pence«, ließ die Kassiererin sie wissen.
Womit ihr Konto um 181,59 Pfund überzogen war. Aber so viele Sachen, alles für den Preis von höchstens einem Top oder so bei
The Store!
Im Grunde war es ein Schnäppchen.
Hochzufrieden, weil sie so viel Geld »gespart« hatte, griff sie nach ihren Tüten und machte sich auf den Weg zum Café.
Sie zückte sogar ihr Handy und schrieb Bob eine SMS , der sich ständig über das Konsumverhalten seiner Frau beklagte.
»Sag deiner Frau, sie soll bei Mango einkaufen. Billig und phantastisch. Bis Montag! Annie x.«
Schon nach wenigen Minuten kam die Antwort: » O.K . Montag im 10:15-Zug?«
»Ja«, schrieb sie zurück.
»Nimm zu lesen mit. 6,5 Stunden Fahrt«, lautete Bobs Antwort.
»Wie?!«, schrieb sie zurück. »Wie halten Svet + Miss das aus?«
Sie hatte Owens Straßenkarte angesehen und sich gesagt, dass es im Grunde gar nicht so weit bis Glasgow war. Ihr war ganz bestimmt nicht in den Sinn gekommen, dass sie fast den ganzen Montag im Zug verbringen würde.
In Glasgow würden sie, wie in Birmingham, zwei Tage lang filmen. Bedeutete das, dass sie auch den ganzen Dienstag im Zug sitzen würde? Außerdem hatte Ed am Sonnabend Geburtstag, und sie hatte noch kein Geschenk für ihn.
In diesem Augenblick meldete sich zum ersten Mal das schlechte Gewissen wegen der Einkaufstüten in ihren Händen. Für Ed hätte sie ihr Konto überziehen sollen …
Ihr Handy meldete eine weitere SMS von Bob.
»Svet + Miss fliegen«, lautete sie.
Wie bitte?!
Das war so UNFAIR !
[home]
26.
Nikki in der Bahn:
Geblümte Bluse (Mango)
Jeans (Evisu)
Schwarze Stiefeletten (Hobbs)
Geschätzte Gesamtkosten: 230 £
»Ich sitze im Bummelzug nach Nirgendwo.«
E s war 16:30 Uhr, als der Personenzug endlich in Glasgow in den Hauptbahnhof einfuhr. Andere, bedeutend schnellere Züge waren an ihnen vorbeigeschossen und hatten Passagiere in brandneuen Waggons in weniger als fünf Stunden nach Glasgow verfrachtet. Doch Annie, Bob und Nikki mit ihren preisgünstigen Fünfundvierzig-Pfund-Tickets waren gemächlich nach Schottland hinaufgezockelt, mit Aufenthalt an jedem kleinen Bahnhof an der Strecke.
Annie fühlte sich zerknautscht, gelangweilt, vergiftet, dehydriert und grauenhaft.
»Ich sitze im Bummelzug nach Nirgendwo«, hörte sie Nikki am Telefon klagen, »und meine Karriere auch.« Hätte Annie sechseinhalb Stunden im Flugzeug verbracht, könnte sie inzwischen in New York sein! Stattdessen trat sie jetzt mit Nikki, Bob und seiner gesamten Kameraausrüstung in einen höhlenartigen viktorianischen Monsterbahnhof.
Und Finn, Svetlana und Miss Marlise waren geflogen! Darüber war sie immer noch empört. Sie waren schon vor Stunden in Glasgow gelandet.
»Ich will mit den Mädels ein bisschen die Drehorte erkunden«, hatte Finn offenbar Bob erklärt. »Ich nehme meine Kamera mit, und wenn wir gute Stellen finden, mache ich Vor-Ort-Aufnahmen, um Zeit zu sparen.«
Annie musste ihren verletzten Stolz wie einen Kloß hinunterschlucken, als
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