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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sich von klein auf kannte, wie das bei uns der Fall war, dann brauchte keiner den Vorgesetzten zu spielen und wurden die meisten Entscheidungen gemeinsam getroffen. Martin war damals 37 Jahre alt – bald wäre er 38 geworden.
    Nur der Vollständigkeit halber: Auf dem Revier arbeitete auch noch Lorraine Thompson als Sekretärin. Sie kümmerte sich um den ganzen Papierkram und die eingehenden Anrufe, wenn weder Hendricks noch ich im Revier waren.
    Jedenfalls haben wir die Jungs – Matt Gardner und die beiden Bukowski-Brüder – aus dem Wartezimmer geholt und sind mit ihnen zu meinem Dienstwagen gegangen. Wir befragten sie nach dem Vorfall und notierten das Nötigste. Aber viel wussten sie nicht zu berichten.
    Ihr Wortführer war der Gardner-Junge: Ein hagerer, blasser Bursche, der, obgleich im selben Alter wie Michael und der ältere Bukowski, körperlich wenigstens zwei Jahre jünger aussah als die beiden. Dennoch war er der Anführer der Gruppe und führte den Hauptteil des Gesprächs mit uns, während die Bukowski-Brüder unseren Fragen ebenso wie unseren Blicken auswichen.
    Der Gardner-Junge erzählte, sie seien zu viert an den Strand gegangen und hätten nach dem Loch tauchen wollen, wie sie es oft taten, wenn es heiß und langweilig war in Linton. Auf unsere Nachfrage erklärte er, dass »das Loch« ein Durchlass etwa 30 Schritte vor dem Strand sei, auf Höhe der dicken Eiche. Es befände sich auf dem Grund, allerdings wüssten sie nicht, was sich dahinter verbarg, denn so viel Luft habe noch keiner von ihnen aufbringen können, um hindurchzutauchen. Allerdings hätte Michael, der von ihnen der beste Taucher war, dieses Mal geprahlt, er werde durch das Loch tauchen und von dort unten etwas mitbringen.
    »Und? Hat er es geschafft?«, fragte Hendricks.
    »Keine Ahnung, Sir. Nach etwa einer Minute ist er wieder aufgetaucht, hat geschrien und mit den Armen um sich geschlagen. Der war schneller aus dem Wasser raus als die Olympialeute schwimmen können, aber nach ein paar Schritten ist er einfach vornüber in den Sand gefallen und dort liegen geblieben. Zum Glück war die Mutter von Roy in der Nähe. Die hat uns gleich hierher gefahren. Das ist alles.«
    Hendricks und ich schauten einander an. Die Bukowski-Brüder waren sichtlich nervös, aber jedermann wusste, dass sie nicht gerade die Hellsten waren. Doch Matt Gardner wirkte sehr gefestigt in seinen Äußerungen. Vielleicht hatte Michael irgendetwas gesehen – oder glaubte zumindest daran.
    »Was hat er denn geschrien, als er aufgetaucht ist?«, fragte ich.
    »So Zeugs, dass sie hinter ihm her sind und so.«
    Das bestätigten auch die Bukowski-Brüder: »Ja. Und dass sie ihn haben wollen und dass wir schnell weg müssen, hat er gerufen! Und dann ist er einfach umgekippt auf dem Sand!«
    Ich weiß nicht mehr genau, was ich damals dachte. Ich versuchte wohl, mir einen Reim auf diese Geschichte zu machen, eine Erklärung zu finden, die alle zufriedenstellen und das Gerücht, dass sich an unserem Strand Monster herumtrieben, schon im Keim ersticken konnte. Haie hatte es an unserem Strand zwar nie gegeben, aber seit diesem Film im letzten Jahr wurden die Leute schnell panisch, wenn von Haien in Strandnähe die Rede war.
    Was auch immer Michael gesehen haben wollte, ein Hai war es bestimmt nicht gewesen. Wenn es aber – entgegen aller Wahrscheinlichkeit – nun doch ein Hai war, konnte ich dann einfach über diesen Bericht hinwegsehen? Und wäre ich dann nicht verantwortlich dafür, wenn ein Schwimmer tatsächlich durch einen Hai verletzt oder gar getötet würde?
    Also sagte ich zu den Jungs, sie sollten uns zeigen, wo dieses Loch ist.
*
    Etwa 14.30 Uhr kamen die Jungs und ich am Strand an.
    Dort erwartete uns schon Jeff Vaughn – der Stadtvater , wie er scherzhaft genannt wurde. Dieser Beiname rührte wohl daher, dass Jeff Vaughn – oder auch Vater Vaughn – der älteste Bewohner Lintons war. Wie alt er jedoch tatsächlich war, darüber konnte man nur spekulieren. Er murmelte die ganze Zeit vor sich hin, trank zu jeder Jahreszeit Tee aus einer alten, rostigen Thermoskanne, die er mit einem Gurt umgeschnallt hatte und in den Wirtshäusern unentgeltlich auffüllen durfte, weil er eben Jeff Vaughn war, der Stadtvater, und weil er schon beim Vater und Großvater des Wirtshausbesitzers Tee spendiert bekommen hatte. So wanderte er tagein tagaus murmelnd und Tee trinkend durch die Stadt, die umliegenden Felder und Wälder und Dörfer, den Blick meistens zum Himmel oder

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