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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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dem Meer übergeben müsse, weil es sonst ein böses Ende mit Linton nehme. Dr. Brody befinde sich bei dem Jungen und gebe ihm gerade etwas zur Beruhigung.
    Zehn Minuten später hatte ich Vaughn in Handschellen gelegt. Ich erkundigte mich noch nach dem Zustand des Jungen, der wohlauf war, und ging mit Vaughn im Schlepptau zu meinem Dienstwagen. Auf der Fahrt ins Büro wechselte ich kein Wort mit ihm, Vaughn jedoch wiederholte immer wieder, dass der Junge ausgehändigt werden müsse. Im Revier nahm ich ihm die Handschellen ab und sperrte ihn in eine unserer beiden 6-qm-Zellen. Ich rief schnell zu Hause durch, um Ellen zu sagen, dass alles in Ordnung war, damit sie wenigstens noch die zwei Stunden schlafen konnte, bevor der Wecker auch ihren Arbeitstag einläuten würde. Dann ließ ich mir einen dicken, schwarzen Kaffee durch die Maschine laufen und aß einen Joghurt, damit ich irgendwas im Magen hatte. Erst danach, mit brühend heißem Kaffee in meiner Sherifftasse, setzte ich mich zu Vaughn. Durch die Stäbe hindurch reichte ich ihm eine Tasse mit den Worten: »Ganz normaler Kräutertee, mehr haben wir leider nicht im Angebot.«
    Vaughn bedankte sich und dann erzählte er von einem alten Pakt zwischen dem Stamm der Calusa und »Denen, die im Wasser leben« . Dieser Pakt war infolge einer Auseinandersetzung, welche viele Tote auf beiden Seiten gekostet hatte, geschlossen worden. Den Menschen sollte das Land gehören und »Denen« das Wasser. Da aber die Menschen das Wasser für die Fischerei benötigten, durften sie das Wasser ebenso nutzen, solange sie ihre Mühen auf das Wasser über dem oberen Meeresboden beschränkten.
    Ich stellte Vaughn viele Fragen: Wie diese Wesen aussähen und woher sie kämen. Und ob er einem von ihnen schon einmal leibhaftig gegenüber gestanden habe. Vaughn erzählte bereitwillig, was ich ebenso fasziniert hörte wie akribisch mitschrieb – diese Mitschrift habe ich Ihnen bereits in einem früheren Gespräch übergeben. Aber nach etwa einer Dreiviertelstunde musste Vaughn gedacht haben, dass diese Unterredung noch Stunden andauern konnte, weil jede seiner Antworten zehn neue Fragen bei mir aufkommen ließ. Darum wollte er die Unterhaltung beenden und bat mich, ihm zu helfen, damit »schlimmes Unheil« – wie er sich ausdrückte – verhindert werden könne.
    Ich fragte, wie ich ihm behilflich sein könne. Und er antwortete, dass er, wie er mir in der Nacht bereits am Telefon gesagt habe, den Grenzübertreter noch in dieser Nacht aushändigen müsse. Er wisse nicht, was Jene, die im Wasser leben, mit ihm tun würden, aber wir würden den Jungen vermutlich nie wiedersehen. Daraufhin meinte ich zu Vaughn, dass er das vergessen könne und dass ich ihn für übergeschnappt hielte.
    Und das stimmte auch, obwohl ich sagen muss, dass seine Art des Sprechens die eines munteren, aufrichtigen und klugen Kopfes war. Und dass auch die innere Logik seiner Märchen, die ich im Gespräch mehr als nur einmal zu widerlegen versucht habe, voll und ganz stimmig war, wenn der Zuhörer nur bereit gewesen wäre, an solche Dinge zu glauben. Nur leider konnte ich seinen Worten damals nicht glauben und musste seine Art des Sprechens, die so aufrichtig und wahrhaftig war, einem Menschen zuschreiben, dessen Klugheit im Ausdruck zwar erhalten geblieben, im Inhalt jedoch dem Wahnsinn oder wenigstens der Einbildung gewichen war.
    So denken wir Menschen eben und denken nicht einmal darüber nach, dass diese angebotene fantastische Geschichte des Gegenübers wahr sein könnte, und wiegen uns in der Sicherheit, dass uns niemand verurteilen kann, wenn wir an dieser Stelle die einzig vernünftige Entscheidung fällen.
    Vaughn bot mir eine unvernünftige Welt an, an welche ich nicht glauben konnte, an welche ich nicht glauben wollte. Ich handelte, wie jeder gehandelt hätte – leider falsch.
    17. Mai 1976
    Um 12.15 Uhr fuhren Hendricks und ich zum Strand.
    Wir hatten uns zu 12.30 Uhr mit Larry Fetterman verabredet. Fetterman war ein ehemaliger Marinetaucher, zählte schon 52 Jahre, war aber in erstaunlich guter körperlicher Verfassung. Im Wasser hatte jeder das Nachsehen gegen Fettermann, mochte er auch noch so jung und sportlich sein. Wasser war einfach sein Element. Er konnte tauchen und schwimmen wie ein Weltmeister.
    Fetterman kam mit seinem Motorboot angefahren. Zu dritt fuhren wir über die Stelle, wo wir das Loch vermuteten. Wir warfen das Lot aus, doch obwohl die Leine im Ganzen 100 Schritte lang war, fanden wir

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