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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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und fiel auf das, was er im Arm trug. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen, als es mich leise blökend begrüßte, ganz als wolle es sagen: »Da bist du ja endlich, warst viel zu langsam!«
    »Gott sei Dank, Fynn! Du hast es gefunden!«
    Er lachte. »Natürlich habe ich es. Einer musste es doch tun!«
    Geknickt sah ich ihn an und vergrub die Hände im weichen Gras.
    »Sei nicht traurig«, zwinkerte er mir lächelnd zu. Sein Lächeln ließ mich immer sofort alles Böse vergessen. Wenn er mich anlächelte wusste ich: Alles wird wieder gut!
    Mit einer Hand hielt er das Schaf fest, die andere reichte er mir. »Komm schon. Wenn Vater sieht, dass du die Herde allein gelassen hast, gibt’s riesigen Ärger!«
    Ängstlich biss ich mir auf die Unterlippe und ließ mir aufhelfen. Während ich neben meinem Bruder den Berg erklomm, dachte ich immer wieder darüber nach, was mein Vater wohl tun würde, wenn er mich erwischte. Er wäre sicherlich tierisch wütend und ich würde meine Unachtsamkeit mit harten Schlägen büßen.
    Bald war die Herde wieder in Sicht. Alle waren noch beisammen, es war ihnen nichts geschehen. Ich hatte schon Sorge gehabt, dass ein Fuchs in meiner Abwesenheit die Gunst der Stunde genutzt hatte, um fette Beute zu machen. Vorsichtshalber ließ ich noch einmal den Blick zählend über die Tiere schweifen, doch sie waren vollzählig. Ich atmete auf. Gott sei Dank!
    Doch meine Entspannung verflog, als ich eine Silhouette erkannte, die sich auf die Schafe zubewegte.
    »Jetzt gibt’s Ärger,« murmelte Fynn leise und ich spürte seinen Arm, der sich beruhigend um mich legte. Er war nur knapp zwei Jahre älter als ich, dennoch überragte er mich um mehrere Köpfe. Seine Ruhe gab mir die Sicherheit, die ich jetzt so dringend benötigte.
    Humpelnd kam unser Vater auf uns zu, sein Gesicht wutverzerrt und die Augen zu Schlitzen verengt. Seit einem Unfall im letzten Jahr konnte er sein Bein nicht richtig bewegen. Die Wut darüber ließ er, so oft er nur konnte, an seinen Kindern aus.
    »Wo bist du gewesen?«, brüllte er mir entgegen und fuchtelte mit seinem Gehstock wild in der Luft herum.
    »Vater, ich kann das erklären ...«
    Fynn trat vor und stellte sich schützend zwischen mich und unseren Vater. Ein lauter Knall hallte durch die Luft. Perplex hielt er sich die schmerzende Wange.
    »Du brauchst mir gar nichts zu erklären! Du hättest im Stall bei den trächtigen Tieren sein sollen. Was wolltest du hier?«
    Mein Bruder wollte zum Reden ansetzen, doch Vater ließ ihn gar nicht zu Wort kommen. »Das wird Konsequenzen haben!« Seine Stimme war vor Zorn ganz leise. Er machte eine rasche Handbewegung. Wir wussten genau was jetzt kommen würde.
    Langsam drehten wir ihm den Rücken zu und ließen uns auf die Knie sinken. Fest umschloss Fynns Hand die meine, als der Stock immer härter auf unsere Rücken niedersauste. Wir sahen uns tief in die Augen und halfen uns gegenseitig, die Schmerzen auszuhalten ...
*
    Immer mehr beschleunigte ich meine Schritte bis ich gerade so über den Waldboden flog. Meine Brust pochte vor Anstrengung, doch ich konnte mir nicht erlauben, langsamer zu werden. Mein Bruder verließ sich doch auf mich. Ich durfte ihn nicht enttäuschen!
    Die Stimme wurde immer lauter, doch noch immer hörte ich nicht mehr als einen Hauch, der durch die Blätter fuhr.
    Vorsichtig wich ich den Wurzeln aus, die hoch aus dem Boden hinausragten und mich zu Fall zu bringen versuchten. Doch plötzlich blieb ich stehen, rammte mit aller Kraft meine Beine in den Boden, stürzte beinahe. Erschrocken sah ich, was da vor mir stand; oder besser gesagt, schwebte. Es war die Gestalt einer Frau, viel mehr aber ein heller Schatten, nicht mehr als eine durchscheinende, fast unsichtbare Silhouette, die eine Frau nur erahnen ließ.
*
    Ihre Stimme hallte wie heller Glockenklang durch den Wald, als sie sich umdrehte und davonschwebte. Ich spürte die Enttäuschung, die mich tief in meinem Inneren auffraß, doch dann mischte sich unter diese Traurigkeit eine unbändige Neugierde. Wer war diese Frau? Und noch wichtiger. Was war sie? Wieder begann ich zu laufen, verlängerte meine Schritte.
    Der helle Schatten huschte vor mir her, versteckte sich hinter Bäumen und schoss wieder hervor. Und stets erklang das helle Lachen. Wütend beschleunigte ich meine Schritte, machte einen Satz über einen Baumstamm, der quer über dem Weg lag. Lachte sie mich etwa aus?
    »Hey warte!« Laut rief ich dem Schatten hinterher, doch die einzige

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