Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
wandte sich ab und ging in die Nacht von Queen Anne davon. Ich sah ihm nach, spürte dabei immer noch seine Lippen auf meiner Haut. Was für eine unerwartete – und verblüffende – Wendung an diesem Abend!
Als er verschwunden war, wandte ich mich um und betrat mein Wohnhaus. Ich war schon halb die Treppe hinauf, da ging mir auf, dass ich immer noch seinen Mantel trug. Wie könnte ich ihn zurückgeben? Das hat er absichtlich getan, begriff ich. Er hat ihn mir gelassen.
Plötzlich wusste ich, dass ich den gerissenen Herzog Roman wiedersehen würde. Wahrscheinlich sogar früher als später.
Kichernd setzte ich den Weg zu meiner Wohnung fort und blieb nach wenigen Stufen erneut stehen.
»Nicht schon wieder«, murmelte ich verzweifelt.
Ich fühlte etwas Vertrautes hinter meiner Wohnungstür umherwirbeln. Wie ein glitzernder Sturm. Wie das Summen von Bienen in der Luft.
In meiner Wohnung trieb sich eine Gruppe Unsterblicher herum.
Was war los, zum Teufel? Musste ich allmählich Eintrittsgeld zu meiner Wohnung erheben? Warum glaubten plötzlich alle, sie könnten einfach hineingehen, wenn ich nicht da war?
Da fiel mir ein, wenn auch nur ganz kurz, dass ich Jeromes und Carters Gegenwart zuvor nicht gespürt hatte. Sie hatten mich völlig ahnungslos erwischt. Was unheimlich war, aber ich war von ihrer Neuigkeit zu sehr abgelenkt gewesen, um sonst auf etwas zu achten.
Gleichermaßen gestattete mir mein gegenwärtiger Ärger nicht, jetzt weitere Gedanken an diese merkwürdige Angelegenheit zu verschwenden. Ich war zu sehr geladen. Ich hängte mir meine Handtasche über die Schulter und stürmte in meine Wohnung.
Kapitel 5
»Für jemanden, der gerade einen Mord inszeniert hat, reagierst du ein wenig über.«
Überreagieren? In den letzten vierundzwanzig Stunden hatte ich männliche Jungfrauen, ekelhafte Vampire, Mord, Anklage und Demütigung vor meinem Lieblingsautor zu erdulden gehabt. Da war es doch wirklich nicht zu viel verlangt, wenn ich in eine ruhige Wohnung zurückkehren wollte. Stattdessen fand ich diese drei Eindringlinge vor. Drei Eindringlinge, die, wohlgemerkt, zugleich meine Freunde waren, was jedoch am Prinzip der Sache nichts änderte.
Natürlich verstand keiner von ihnen, warum mich das so aufregte.
»Ihr dringt in meine Privatsphäre ein! Und ich habe niemanden ermordet. Wie kommen die alle darauf?«
»Weil du es selbst gesagt hast«, erklärte Hugh. Der Kobold hatte sich auf meinen Lieblingssessel gefläzt und wirkte so lässig, als hätte ich ihn in seiner Wohnung aufgesucht. »Ich hab’s von Jerome gehört.«
Ihm gegenüber stand unser Freund Cody und beglückte mich mit einem freundlichen Lächeln. Für einen Vampir war er außergewöhnlich jung, und er erinnerte mich immer an den kleinen Bruder, den ich nie gehabt hatte. »Lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen! Er hatte es verdient. Wir stehen stets auf deiner Seite.«
»Aber ich habe ihn nicht …«
»Ist das unsere erlauchte Gastgeberin, die ich da höre?«, rief Peter aus dem Bad. Einen Augenblick später erschien er auf dem Flur. »Für ein kriminelles Genie siehst du verdammt schick aus.«
»Ich bin kein …« Die Worte erstarben mir auf der Zunge, als ich ihn zu sehen bekam. Einen Moment lang vergaß ich alle Gedanken an Mord und Eindringen in eine Wohnung. »Um Gottes willen, Peter, was hast du denn mit deinen Haaren veranstaltet?«
Selbstbewusst ließ er eine Hand über die spitzen, zentimeterlangen Stacheln auf seinem Kopf laufen. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, wie viel Stylingprodukte nötig gewesen waren, um die Gesetze der Physik dermaßen außer Kraft zu setzen. Schlimmer noch, die Spitzen der Stacheln waren weißblond und stachen kühn gegen sein normalerweise dunkles Haar ab. »Jemand, mit dem ich zusammenarbeite, hat mir dabei geholfen.«
»Jemand, der dich hasst?«
Peter sah finster drein. »Du bist der uncharmanteste Sukkubus, der mir je über den Weg gelaufen ist.«
»Ich meine, die Stacheln unterstreichen, äh, den Schwung deiner Augenbrauen«, warf Cody diplomatisch ein. »Man muss sich bloß … etwas dran gewöhnen.«
Ich schüttelte den Kopf. Ich mochte Peter und Cody. Sie waren die einzigen Vampire, mit denen ich je befreundet gewesen war, was sie jedoch um keinen Deut weniger anstrengend machte. Zwischen Peters Vielzahl an Neurosen und Codys unerschütterlichem Optimismus kam ich mir manchmal vor wie der Stichwortgeber – pardon, die Stichwortgeberin – in einer Sitcom.
»Etwas
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