Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
sie erkältet wäre. »Zeit anzufangen.«
Die Massen – etwa dreißig Leute, würde ich sagen – strömten zum Versammlungsraum, und ich folgte, wobei ich mich unter die Menge mischte. Einige der Leute um mich herum sahen aus wie Helena: zum Thema passend gekleidet, entweder ganz in Schwarz oder allzu lebhaften Farben mit einem Übermaß an Pentagrammen, Kristallen und bereitgehaltenen Ohm-Anhängern. Andere sahen ganz gewöhnlich aus, trugen wie ich Bürokleidung und folgten aufgeregt und neugierig.
Helena, die sich ein erstarrtes, falsches Lächeln ins Gesicht geklebt hatte, bat uns in den Raum, wobei sie murmelte: »Willkommen, willkommen. Spürt die Energie.« Als ich an ihr vorüberkam, fiel das Lächeln in sich zusammen. »Ich kenne Sie.«
»Ja.«
Das Lächeln wurde noch dünner. »Sie sind diese Frau, die in dieser großen Buchhandlung arbeitet – dieser großen, kommerziellen Buchhandlung.« Ein paar Leute blieben stehen und verfolgten unseren Wortwechsel, zweifelsohne der Grund, weswegen sie nicht darauf hinwies, dass ich sie bei meinem letzten Besuch eine Scheinheilige genannt hatte, die überteuerten Schund verscherbelte.
Verglichen mit einigen gewissen Buchhandelsketten, hätte ich Emerald City kaum kommerziell genannt. Trotzdem zuckte ich mit den Schultern. »Tja, was soll ich dazu sagen? Wir sind Teil des Problems des korporativen Amerikas. Wir verkaufen sämtliche Bücher und Tarotkarten wie Sie, oftmals mit Rabatt, wenn man Abonnent der „Regelmäßigen Leser“ von Emerald City ist.« Letzteres verkündete ich laut. Ein bisschen zusätzliche Werbung konnte niemals schaden.
Jetzt verschwanden die Rudimente von Helenas Lächeln völlig, ebenso wie ein Teil der Heiserkeit in ihrer Stimme. »Kann ich etwas für Sie tun?«
»Ich suche Erik.«
»Erik arbeitet nicht mehr hier.«
»Wo ist er hin?«
»Ich bin nicht so frei, darüber zu reden.«
»Warum? Haben Sie Angst, ich tätige meine Einkäufe woanders? Glauben Sie mir, es hat niemals die Gefahr bestanden, dass ich sie hier tätige.«
Sie hob einen zierlichen Finger an die Stirn und musterte mich ernsthaft, wobei sie fast schielte. »Ich spüre viel Dunkelheit in Ihrer Aura. Schwarz und Rot.« Sie hob die Stimme, wodurch sie die Aufmerksamkeit ihrer Jünger auf sich lenkte. »Sie würden gewaltig von etwas Klärungsarbeit profitieren. Ein Rauch- oder Rutilquarz könnte ebenfalls helfen. Wir haben ausgezeichnete Exemplare von beiden zum Verkauf. Beide würden Ihre Aura aufhellen.«
Ich konnte ein höhnisches Grinsen nicht unterdrücken. Ich glaubte an Auren, wusste, dass sie absolut real waren. Ich wusste jedoch auch, dass meine Aura nicht im Geringsten der eines Sterblichen glich, auch wäre jemand wie Helena niemals in der Lage, sie zu sehen. In der Tat würde einem echten menschlichen Meister, der imstande wäre, so etwas zu erkennen, auffallen, dass ich in einer Gruppe Menschen die einzige Person ohne sichtbare Aura wäre. Sie wäre für alle unsichtbar, außer für jemanden wie Jerome oder Carter, obwohl einige besonders begabte Sterbliche vielleicht ihre Stärke spüren könnten und verständlicherweise vorsichtig wären. Erik war ein solcher Sterblicher, weswegen er mich stets mit so viel Respekt behandelte. Helena hingegen nicht.
»Wow«, schmachtete ich, »ich kann’s kaum glauben, dass Sie das alles ohne Ihre Aura-Kamera herleiten können.« Krystal Starz verscherbelte eine Kamera, die deine Aura fotografierte, für stolze 9,95 $. »Bin ich Ihnen jetzt was schuldig?«
Sie schnaubte. »Ich benötige keine Kamera, um die Aura einer anderen Person zu erkennen. Ich bin Meisterin. Abgesehen davon erzählen mir die Geister, die sich für diese Treffen versammelt haben, sehr viel über Sie.«
Mein Lächeln wurde breiter. »Was sagen sie denn?« Ich hatte in meinem langen Leben nur wenig mit Geistern oder anderen ätherischen Wesen zu tun gehabt, aber ich hätte gewusst, wenn sie da gewesen wären.
Sie schloss die Augen. Erneut ging die Hand an die Stirn, und Furchen des Nachdenkens zogen sich über ihr Gesicht. Die Zuschauer sahen bewundernd zu.
»Sie sagen mir, dass Vieles Sie beunruhigt. Dass die Unentschlossenheit und Monotonie Ihres Lebens Sie dazu zwingt, sich in Unkosten zu stürzen, und solange Sie lieber auf dem Pfad der Dunkelheit und des Misstrauens wandeln, werden Sie niemals den Frieden oder das Licht finden.« Sie öffnete die blauen Augen und war völlig in ihrer eigenen außerweltlichen Ekstase gefangen. »Sie
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