Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah

Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah

Titel: Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
Vom Netzwerk:
Warren mochte derjenige sein, der das Kapital hier hineinsteckte, aber es war ihr Vermarktungsgenie gewesen, das zum Erfolg geführt hatte.
    »Guten Morgen«, grüßte uns Seth und kam zum Tisch. Er trug Jeans, ein Def-Leppard-T-Shirt sowie eine braune Cordjacke. Sein Haar überzeugte mich nicht davon, dass er es an diesem Morgen gekämmt hatte.
    Paige sah mich bedeutungsvoll an, und ich seufzte. »Gehen wir los!«
    Seth folgte mir schweigend nach draußen. Diese verlegene Anspannung baute sich zwischen uns auf wie eine feste Mauer. Er sah mich nicht an; ich sah ihn nicht an. Erst, als wir draußen auf der Queen Anne Avenue standen und mir aufging, dass ich keinen Plan für heute hatte, mussten wir wohl oder übel miteinander reden.
    »Wo sollen wir anfangen? Seattle ist, anders als Gallien, in mehr als drei Teile geteilt.«
    Ich machte den Witz für mich, aber Seth lachte plötzlich. »Seattle peninsula est«, bemerkte er als Erwiderung auf meine Bemerkung.
    »Nicht so ganz. Abgesehen davon ist das Beda, nicht Cäsar.«
    »Ich weiß. Aber ich kann nicht gut Latein.« Er schenkte mir dieses eigenartige, amüsierte Lächeln, das anscheinend charakteristisch für ihn war. »Sie?«
    »Ausreichend.« Ich fragte mich, wie er wohl reagieren würde, wenn ich erwähnte, dass ich fließend lateinische Dialekte aus mehreren Abschnitten des römischen Reiches spreche. Meine unbestimmte Antwort musste als mangelndes Interesse aufgefasst worden sein, denn er sah beiseite, und weiteres Schweigen legte sich zwischen uns. »Möchten Sie etwas Spezielles sehen?«
    »Eigentlich nicht.«
    Eigentlich nicht. Na gut. Schön. Je rascher wir die Sache in Gang bringen würden, desto schneller würde sie ein Ende finden, und ich könnte Erik aufsuchen.
    »Kommen Sie mit!«
    Als wir uns auf den Weg machten, hoffte ich darauf, dass wir ganz natürlich in ein bedeutungsvolles Gespräch verfallen würden, trotz unseres schlechten Starts gestern. Doch unterwegs wurde klar, dass Seth keinerlei Absicht hatte, irgendeine Debatte auszufechten. Mir fiel seine gestrige Nervosität angesichts der Menge und sogar einiger Kollegen ein. Dieser Bursche hatte ernsthafte soziale Phobien, begriff ich, obwohl er eine heldenhafte Anstrengung unternommen hatte, sie während unserer ersten Flirtversuche abzuschütteln. Dann hatte ich die Bleiben-Sie-mir-vom-Leib!-Schwingungen eingesetzt, und das hatte ihm zweifelsohne einen Schaden fürs Leben zugefügt und jeglichen Fortschritt seinerseits zunichtegemacht. Weiter so, Georgina!
    Vielleicht fände er sein Selbstvertrauen wieder, wenn ich ein paar unwiderstehliche Themen anschnitte; vielleicht würde das sogar unser harmonisches Verhältnis wiederherstellen – natürlich ein platonisches. Ich unternahm den Versuch, mich an meine tief schürfenden Fragen vom gestrigen Abend zu erinnern. Und wieder einmal entfleuchten sie mir, also wechselte ich zu profaneren.
    »Ihr Bruder lebt also hier in der Gegend?«
    »Ju.«
    »Wo genau?«
    »Lake Forest Park.«
    »Hübsche Gegend. Wollen Sie sich dort eine Wohnung suchen?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Dann haben Sie eine andere Gegend im Sinn?«
    »Eigentlich nicht.«
    Na schön, so kamen wir nicht weiter. Verärgert darüber, wie knapp dieser Meister des geschriebenen Wortes sich beim gesprochenen geben konnte, entschloss ich mich, ihn völlig aus dem Gespräch herauszuhalten. Ihn mit einzubeziehen, bedeutete viel zu viel Aufwand. Stattdessen plauderte ich liebenswürdig dahin und machte ihn auf die Sehenswürdigkeiten aufmerksam: Pioneer Square, Pike Place Market, den Fremont Troll. Ich zeigte ihm sogar, Paiges Anweisungen befolgend, die kitschigeren Vertreter unserer Zunft. Bei der Space Needle beschränkte ich mich jedoch auf ein knappes Nicken. Zweifelsohne hatte er sie durch die Fenster bei Emerald City gesehen und könnte sich das üppige Eintrittsgeld leisten, wenn er dieses touristische Erlebnis wirklich brauchte.
    Zum Mittagessen gingen wir ins Universitätsviertel. Er folgte mir ohne Protest oder Kommentar zu meinem Lieblings-Vietnamesen. Unser Mahl verlief schweigend, nachdem ich in meinem Geplauder eine Pause eingelegt hatte. Wir beide saßen vor unseren Nudeln und starrten durch das Fenster gleich neben uns auf das geschäftige Treiben von Studenten und Autos.
    »Hübsch hier.«
    Es war der längste Satz, den Seth nach einer langen Zeit von sich gegeben hatte, und ich wäre beim Klang seiner Stimme fast an die Decke geschossen.
    »Ja. Sieht nicht nach viel aus,

Weitere Kostenlose Bücher