Succubus Dreams
zu meinem Apartment zurück, wobei wir wenig sprachen. Vincent wirkte müde und nachdenklich, zweifelsohne wegen dieses ganzen Nyx-Zeugs. Als wir uns jedoch meiner Wohnung näherten, veränderte sich sein Ausdruck. Zunächst erschien er einfach bloß verwirrt. Dann immer überraschter, dann entsetzt und schließlich angeekelt. Wir blieben auf der Treppe zum Gebäude stehen.
«Was ist?», fragte ich.
Er zeigte nach oben. «Da ist was… Böses.»
«In… meiner Wohnung? Weil ich, du weißt schon, technisch gesehen böse…»
Vincent schüttelte den Kopf. «Nein, nein. Es ist eine andere Art von bösem Ding. Du bist von Natur aus böse – nichts für ungut. Das ist etwas anderes. Ein geschaffenes böses Ding. Schwarz und falsch. Unnatürlich. Kennst du sonst noch wen, der in dem Gebäude wohnt und auf eurer Seite spielt?»
«Nein. Bloß ich.»
Er verzog das Gesicht. «Na ja, dann geh’n wir mal rein und sehen nach, woher es stammt. Bä! Für mich fühlt es sich an wie… vergammelter Müll.»
Wir gingen hinein, und er brauchte nicht lang, bis er herausgefunden hatte, woher dieses andere Böse stammte. Aus meiner eigenen Wohnung.
«Wie gesagt, ich bin das einzige Böse hier drin», scherzte ich. Aber seine Reaktion verursachte mir leichtes Unbehagen.
Vincent gab keine Antwort, sondern schob sich einfach an mir vorbei und begab sich auf die Suche, sodass mir die Bemerkung über den Bluthund von vorhin wieder in den Sinn kam. Er verschwand in meinem Schlafzimmer und kam mit Dantes Kunstobjekt wieder heraus.
«Das!», verkündete Vincent und hielt es auf Armeslänge von sich weg.
«Das?», fragte ich erstaunt. «Das ist… nichts.»
«Woher hast du das?»
«Dieser Bekannte von mir hat es hergestellt. Derjenige, der mir geholfen hat. Er ist, ich weiß nicht… angeblich ein medial Begabter. Vielleicht sogar wirklich. Deutet Träume und behauptet, Magier zu sein.» Ich starrte den Weidenrutenball an. «Willst du etwa sagen, dass er ein echter Magier ist?»
«Oh, er hat schon was drauf. Das Ding hier ist so schmutzig, dass ich kaum glauben kann, dass du es nicht spürst. Na ja, ich kann’s glauben… ich meine, es ist eine andere Art von Magie, und auf die bist du nicht eingestimmt, aber, mein Gott! In seiner Gegenwart ist mir wie… ich weiß nicht recht. Als würde ich in einer Gosse schwimmen.»
«Nun ja… Er soll, hm, schlecht sein… zumindest haben er und ein anderer Freund das gesagt. Aber… ich habe das bloß für eine Übertreibung gehalten.»
«Es gibt schlecht und schlecht», sagte Vincent. «Und das hier ist schlecht. Das Ding ist ein Abwehrmittel, nicht wahr? Hat er es dir gegeben, um Nyx fernzuhalten?»
«Ja… aber war sich unsicher, ob es funktionieren würde…»
«Oh, es würde funktionieren. Es würde alles abwehren. Um so etwas herzustellen… meine Güte, Georgina! Es ist unglaublich – die dazu erforderliche Energie! Sehr wenige Menschen sind mit dieser Art von Energie geboren. Er mit Sicherheit nicht. Das ist gestohlene Energie.»
«Alle stehlen Energie», bemerkte ich trocken. «Ich, Nyx…»
Vincents Blick war hart. «Du und sie, ihr saugt Menschen aus. Die hier ist aus jemandem herausgerissen worden. Wie du jemandem das Herz aus der Brust herausreißt.»
«Also, was…», setzte ich an. «Willst du damit sagen, dass Dante jemanden umgebracht hat, um das anzufertigen?»
«Um genau das hier anzufertigen? Vielleicht. Aber jemand muss bereits große Energie besitzen – unabhängig davon, was er hier hineinsteckt –, um auch nur den Versuch zu unternehmen. Und um jemand mit solcher Energie zu sein, muss er zu irgendeinem Zeitpunkt seines Lebens etwas getan haben, das böse war.»
«Wie… jemanden umgebracht.»
«Mehr als das. Ein besonderer Mord – es musste etwas wie ein Opfertod gewesen sein. Du weißt, welche Energie das ergeben kann.»
Ich wusste es. Dass ich als Sukkubus ständig Seelen stahl, dagegen konnte ich nichts tun, aber ich gab mir alle Mühe, mir nicht mit anderen Gräueltaten die Hände schmutzig zu machen. Dennoch konnte man nicht für die Hölle arbeiten und nichts vom vollen Ausmaß des Bösen da draußen wissen und wie man es erreichte.
«Und», fuhr Vincent fort, «du weißt: Je größer die Einwirkung – je größer die Bedeutung – eines Opfertods, desto…»
«Genau. Desto größer die Energie.» Mich kribbelte es im Nacken, als ich allmählich begriff, worauf Vincent hinauswollte.
«Was er auch getan hat, um solche Energie zu erhalten, es
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