Succubus Dreams
beeindruckt wie sie und Vincent zuvor. Selbst Joel wirkte etwas weniger angesäuert.
«Genial», murmelte er. «Jedes Mal, wenn sie entkommt, denkt sie sich etwas Neues aus, um uns zu täuschen.»
Ich sah von einem Gesicht zum nächsten. Nach dem Krach mit Seth lagen meine Nerven blank und mir mangelte es im Augenblick etwas an Geduld. «Will mir endlich mal jemand erklären, wie ich da hineinpasse?»
Carter kam zu mir herüber. Er trug ein zerknittertes blaues Flanellhemd und eine Mariner-Baseballkappe, die aussah, als hätte sie jemand in einen Häcksler gesteckt. Er lächelte nach wie vor.
«Mittlerweile muss dir bekannt sein, dass Vincent medial begabt ist. Er ist auf unsere Welt eingestimmt und in gewisser Hinsicht übernatürlicher Aktivität gegenüber wesentlich sensibler als einige von uns. Manchmal geschieht das bei Menschen.» Es stimmte. Engel waren nicht allmächtig und besaßen nicht alle Gaben. Ich nickte andächtig, ohne ihn wissen zu lassen, dass Vincent eigentlich ein medial begabter Nephilim war. «Normalerweise könnte er sie ziemlich rasch aufspüren. Wenn sie Amok läuft und sich von sterblichem Chaos nährt, bleibt eine Art, ich weiß nicht… magischer Überrest dort zurück, wo sie sich aufgehalten hat. Die Energie, die sie stiehlt, nährt sie; eigentlich reicht sie nicht dazu aus, sie zu verbergen. Jemand wie Vincent kann…»
Vincent sprang in die Bresche. «…sie erschnüffeln. Wie ein paranormaler Jagdhund.» Yasmine kicherte.
«Bislang hat er nichts weiter gespürt», fuhr Carter fort. «Weswegen wir weltlichere Nachforschungen betreiben müssen, wie zum Beispiel verräterische Muster in der Zeitung suchen.»
«Also… hat sie ihre Spur verwischt.» Ich zuckte die Schultern. «Wie passe ich da hinein?»
«Sie hat dich benutzt, um sich zu verstecken. Auf mehrere unterschiedliche Arten. Eigentlich sogar idiotensicher. Dadurch dass sie dir und anderen menschlichen Opfern die Energie entzog, war sie imstande, ihren Vorrat zu verdoppeln. So konnte sie sich leicht vor uns verbergen. Als ihr Energievorrat schrumpfte, hat sie sich wohl… in dir versteckt.»
«Bä!» Auf einmal kam ich mir vergewaltigt vor. «Wie ist das möglich? Ist sie… jetzt da?» Ich sah an meinem Unterleib herab, als ob ich tatsächlich etwas sehen könnte.
Er betrachtete mich genau. «Nein, ich glaube nicht. Wahrscheinlich hat sie genügend Energie getankt, dass sie eine Weile lang frei herumlaufen kann. Und wie sie es angestellt hat… nun ja, Leben und Energie gehen bei dir ein und aus, und auf irgendeiner Ebene ist sie beides davon. Du bist ein Leiter für diese Kräfte.»
«Ich wünschte mir, die Leute würden nicht so von mir sprechen. Ich komme mir dabei nämlich vor wie eine Maschine.»
«Wohl kaum. Wenn sie mit dir verschmilzt, erhältst du hin und wieder ein Gefühl dafür, was sie tut. Einige Einzelheiten ihrer Untaten sickern in dich hinein, obwohl sie alle Anstrengungen unternimmt, das zu verbergen – und sich selbst.»
«Wie?»
«Die Träume», erwiderte Vincent. «Sie lenkt dich damit ab. Glückliche, vereinnahmende Träume, von denen du allmählich besessen wirst. Dein Unterbewusstsein ist nachts so damit beschäftigt, dass dir nicht auffällt, wie sie dir die Energie abzapft, während du schläfst.»
Benommen lehnte ich mich im Sessel zurück. In meinem Leben hatte ich es mit viel seltsamem Mist zu tun gehabt – außergewöhnlich viel während der letzten paar Monate –, aber das jetzt war jetzt die Krönung des Ganzen. Mich überlief eine Gänsehaut, und ich hatte das surreale Gefühl, dass mir mein Körper nicht mehr gehörte.
Etwas besorgt machte mich auch die Tatsache, dass meine Träume eine Finte gewesen waren, die mich vom wirklichen Geschehen ablenken sollten. Sie waren so süß… so mächtig. Ich hütete sie wie einen Schatz, dennoch waren sie anscheinend bloß Lügen, Illusionen, erschaffen von einem Ungeheuer, das seine parasitäre Kontrolle über mich verstecken wollte. Dieses Wissen schmälerte die Schönheit dessen, was ich gesehen hatte. Ich liebte das kleine Mädchen. Ich wollte daran glauben. Es sollte wirklich sein.
«Na ja», sagte Joel brüsk, die schmalen Augen auf mich gerichtet. «Wir müssen den Sukkubus dazu nutzen, Nyx hervorzulocken.» Er zeigte auf mich. «Geh los! Geh los und verführe eine arme Seele, damit Nyx zurückkehrt!»
Ich zuckte zusammen. Yasmine funkelte ihn an. «Siehst du nicht, dass sie völlig fertig ist? Zeig etwas
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