Such mich Thriller
ausgestreckten Hand als Waffe. Sein Vater hatte ihn eine Heulsuse genannt - bis zu dem Augenblick, als Mary verschwunden war. Da hatte ein Lächeln genügt, und sein Vater hatte gewusst, wo seine kleine Tochter abgeblieben war. Seither lebte der große kräftige
Trucker in Angst vor einem Zehnjährigen, schloss nachts die Schlafzimmertür ab, kam seinem Sohn nie zu nahe, stellte keine Fragen. Schließlich hatte er sich bei Nacht und Nebel mit seiner Frau, dieser Betschwester, davongemacht und seinen Sohn sich selbst überlassen, während die Tochter in der Erde vermoderte.
Schluss mit den Träumereien. Das nächste Kind wartete.
Er holte die übrigen Sachen aus der Fahrerkabine des gestohlenen Pickups. Ein Laufgeschirr war zu klein für eine Sechsjährige, aber ein Hundegeschirr, hatte die Verkäuferin in der Tierhandlung gesagt, als er ihr Dodie Finns geschätztes Gewicht genannt hatte, sei ideal. Jetzt musste er es der Kleinen nur anlegen, ohne sie zu berühren. Dodie würde still stehen und die Arme heben müssen. Wenn sie sich auf Anweisung ihres Vaters das Gesicht mit einer Serviette abwischen konnte, musste sie auch auf Kommando die Arme heben können. Wenn sie wollte. Mit passivem Widerstand hatte er bei einem Kind nicht gerechnet. Als er zum hinteren Ende des Trucks zurückkam, lag Dodie noch immer auf dem Boden.
»Aufstehen.« Er ging einen knappen Meter vor ihr in die Knie und hielt ihr das Geschirr hin, um ihr zu erklären, was er von ihr erwartete.
Dodie streckte die Hand nach ihm aus. Es war nur eine Warnung, er war zu weit weg, trotzdem kippte er vor Schreck hintenüber. Sie wusste Bescheid!
Er erhob sich mühsam. Wie hypnotisiert sah er, wie auch sie aufstand und auf ihn zukam. Ihr Blick war noch immer leer, aber die kleinen Füße bewegten sich zielbewusst vorwärts. Eine blasse Hand griff nach ihm. Die Brust wurde ihm eng, er rang nach Luft, die Beine gehorchten ihm nicht mehr. Er holte sein Messer heraus, aber die irren Augen des Kindes bemerkten es nicht. Sie war ihm jetzt ganz nah.
»Tu, was ich dir sage!« Er wollte schreien, aber es wurde nur ein dünnes Quieken daraus, und Dodie kam unerbittlich näher. »Tu, was ich dir sage!«, wiederholte er heiser. Er musste um jedes Wort kämpfen. »Ich bringe deinen Bruder um.«
Dodie blieb stehen.
Er atmete freier. »Und deinen Daddy.« Er schwenkte das Messer. »Ich fahre jetzt gleich hin und schlitze ihm die Kehle auf. Willst du das?«
Dodie schüttelte langsam den Kopf. Nein, das wollte sie nicht.
»Heb die Hände hoch.«
Dodie gehorchte.
21
B is Charles Butler sich ans Steuer gesetzt hatte, waren Mallory und Riker längst auf und davon.
Kronewald hatte gerade ein Telefongespräch beendet. »Das war Riker. Der Täter hat mit Mallory gesprochen. Ich sage doch, dass das Handy dem Mistkerl gehört.«
»Gekauft hat er es, das mag schon sein.« Charles bog von der alten Strecke auf die Interstate 40 ab. »Aber es war in Dr. Magrittes Besitz. Ein Geschenk gewissermaßen, damit der Täter Kontakt zu seinem Arzt - seinem Priester - halten konnte. Mallory hat es im Rucksack des Alten gefunden. Es ist nicht einzusehen, warum der Killer es ihm ohne sein Wissen hätte unterschieben sollen.«
»Vielleicht wollte er eine offene Leitung zur Polizei haben. Oder einfach nur wissen, ob wir die Leiche schon gefunden haben. Geht’s nicht schneller?«
Charles jagte mit jaulender Sirene und hundert Meilen pro Stunde über den Highway. »Ich glaube, er hat Mallorys Stimme erkannt, als er anrief, und vor lauter Schreck hat er aufgelegt. Überraschungen schätzt er nicht.«
»Okay, denken wir das mal weiter. Wenn er Mallorys Stimme erkannt hat, ist es jemand, den sie kennt, jemand aus dem Konvoi.«
»Genau.« Charles behielt den Tacho im Auge. »Und er hat gesehen, wie Mallory gelegentlich mit seinem Arzt geplaudert hat.«
»Ihn in die Zange genommen hat, meinst du. Schon gut, ich kenne ja ihre Art. Aber verdammt, Dr. Magritte war mal Priester. Auch das Gericht respektiert das Beichtgeheimnis. Nicht mal Mallory hätte den Alten weich klopfen können.«
»Noch was zu dem Mobiltelefon«, sagte Charles. »Ich glaube, dass es anfangs nur einem Zweck diente. Dr. Magritte war der Beichtvater eines Serienmörders.«
»Schön, das kaufe ich dir ab. Ein Expriester und Psychodoc - der ideale Zuhörer für einen Serienmörder. Diese Freaks müssen sich doch immer profilieren. Aber Dr. Magritte hätte ihn nie verpfiffen. Warum hat er den Alten dann
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