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veranlasst worden, um das Methangas herauszubekommen. Aber der Berg gibt immer noch mehr von sich, als wir herausschaffen können. Das bedeutet, dass wir in dem Bereich eine hohe Explosionsgefahr haben. Leider liegt der Zugang zu der alten Schachtstrecke genau in diesem Abschnitt. Außerdem besteht eine hohe Spannung im Überhang, dort, wo die alte und die neue Strecke aufeinandertreffen. Mit anderen Worten: Die Rettungsaktion ist gefährlich. Ich werde niemandem befehlen, hineinzugehen. Aber es besteht der begründete Verdacht, dass Steinar Olsens Tochter da drinnen in dem alten Pausenraum sein könnte. Freiwillige gehen bitte zum Grubenjeep. Außerdem kommt ein Polizeibeamter mit euch. Knut Fjeld. Er wird mit euch nach dem Mädchen suchen.«
»Fährt er auch freiwillig ein? Kennt er das Risiko?« Der Vormann war einen Schritt vorgetreten und sah wütend aus. Aber das konnte genauso gut schlecht getarnte Angst sein.
»Nein, aber er ist verrückt«, murmelte einer der Kumpel und spuckte mit einem Grinsen auf den Boden.
Der Direktor fuhr fort, ohne auf die Einwände zu reagieren: »Wir brauchen zwei Mann, die mit dem Polizisten reingehen, und vier Mann, um den Überhang zu sichern.«
Ein paar Sekunden lang blieb es still. Keiner in der Schicht sagte etwas, keiner sah den anderen an. Aber alle vierzehn gingen zu dem niedrigen, zerkratzten Fahrzeug. »Sechs von euch reichen«, sagte der Direktor. »Und kann einer den Polizisten in Empfang nehmen, wenn er kommt, und ihn grubentauglich ausrüsten?«
Der niedrige Grubenjeep holperte durch die niedrigen Strecken. Knut drückte den Rücken an den Sitz und versuchte sich umzuschauen, ohne den Kopf zu heben. Sie hatten schon vor langer Zeit den gut beleuchteten Hauptstollen in Schacht 7 verlassen und waren auf dem Weg zum Kohleabbau. Der Direktor und er waren als Letzte hereingebracht worden. Es hatte Stunden gedauert, bis der Bescheid kam, dass der Berg auf die altmodische Art und Weise mit eingerammten Holzstempeln gesichert worden war. Jetzt konnten sie zu dem alten Aufenthaltsraum gehen. Die Gaskonzentration hatte die obere Grenze der Explosionsgefahr überschritten.
Die beiden Bergleute, die ihn zu Fuß in die alte Strecke begleiten sollten, begrüßten ihn mit Handschlag und stellten sich mit Namen vor. Er war aber gar nicht in der Lage, sich diese zu merken. Sie waren alle gleich gekleidet, mit gelben Helmen und jeder Menge Ausrüstung, die am Ledergürtel befestigt war. Die Kopfleuchten strahlten an den Gängen entlang. Glänzende Facetten blitzten auf, wo der Stein herausgebrochen war und die schwarze Kohle zum Vorschein kam. Ihm wurde übel von dem bitteren Geschmack des Kohlenstaubs, der in einer dichten Schicht auf der Sohle lag. Und er hatte niemandem gesagt, dass er unter Klaustrophobie litt und die Dunkelheit bei ihm Panik erzeugte.
»Wir müssen da rein.« Der eine Bergmann zeigte die Richtung. »Die Wagen bleiben hier stehen.«
Der andere Kumpel ging vor, drehte sich aber in der Öffnung noch einmal um. »Du musst wie ein alter Eisschnellläufer gehen. Hast du bestimmt schon mal im Fernsehen gesehen.« Sie sahen einander grinsend an. »Den Kopf runter und nach vorn. Knick in den Hüften ein. Und dann schieb die Beine von einer Seite zur anderen.«
»Das ist die einzige Möglichkeit, hier voranzukommen«, nickte der Bergmann, der hinter Knut gehen sollte. »Sonst schafft es dein Rücken nicht. Es ist nur ungefähr ein Meter dreißig unter dem First. Und weiter drinnen wird es noch niedriger.«
Ohne weitere Worte zu verschwenden, gingen sie los. Es dauerte nicht lange, dann war er nicht mehr in der Lage, die Helmlampe hoch zu halten, der Lichtkegel richtete sich auf den Boden. Die Hände hatte er auf den Rücken gelegt. Er tat, wie sie ihm gesagt hatten, und schob sich voran, aber schon nach wenigen Minuten schmerzten die Muskeln in den Oberschenkeln. Der hintere Bergmann stieß immer wieder gegen ihn und fluchte leise. Knut lauschte beim Gehen auf das Schlurfen der Füße auf dem Kohlengrus. Das Knacken im Berg. Die Dunkelheit hüllte ihn ein, und er begann, seine Schritte zu zählen.
Lange nachdem er angefangen hatte zu denken, dass er nicht weiterkonnte – jetzt musste er ihnen sagen, dass sie ohne ihn weitergehen müssten, dass er sie nur aufhielt –, kamen sie endlich an dem Querstollen an, wo der alte Aufenthaltsraum lag. Einige Meter war der First höher. Der verfallene Verschlag sah vollkommen verlassen aus. Er lag in den Schatten der
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