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wärmte sich die Hände an dem dicken Porzellan der Tasse. Der Kaffee duftete stark und süß. Es lag eine freundliche und intime Stimmung über dem Tisch. Sie hatte das Gefühl, eine ganz andere zu sein.
Nach einer Weile unterhielten sie sich über alles Mögliche. Er war überrascht, wie einfach das Gespräch lief. Als sie das Café betreten hatten, bereute er seinen Vorschlag eigentlich schon. Es hätte doch gereicht, ihr wieder auf die Beine zu helfen, ihre Einkäufe einzusammeln und ihren Mantel abzubürsten. Wenn ihn jetzt einer seiner Kollegen von Airlift so sah? Er lächelte die verkrampfte kleine Person auf der anderen Tischseite an.
Das Café war fast leer. Nur zwei ältere Damen saßen an einem der Fenstertische. Er kannte sie, kam aber nicht auf ihre Namen. Sie schienen außerdem vollkommen mit sich selbst beschäftigt zu sein. Sicher mit irgendwelchem Tratsch.
»Nein, jetzt muss ich aber sehen, dass ich nach Hause komme«, sagte sie. Meinte es aber nicht. Ihr war ganz schwindlig von dem unerwarteten Gefühl, es so gemütlich zu haben.
»Ist es denn so eilig?«, hörte er sich selbst fragen.
Sie blieben fast eine Stunde sitzen, und er ging mehrere Male, um Kaffee nachzuschenken. Die schwache, silbergraue Beleuchtung des Tages verschwand, die Fenster wurden zu schwarzen Spiegeln.
»Nein, jetzt …«, sagte sie und lächelte verlegen. Sammelte ihre Sachen zusammen. Er hörte zu seiner eigenen Überraschung, wie er ihr anbot, sie nach Hause zu fahren. Sie verließen den Raum. Er trug ihre Plastiktüten mit den Waren. Am Fenstertisch drehten sich die beiden älteren Damen nach ihnen um.
»Hast du das gesehen, Trulte?«
»Na, und ob. Du glaubst doch nicht …?«
Die andere Dame überlegte kurz. Doch der Gedanke war zu gewagt. »Nein, ehrlich gesagt …«
Trulte versuchte durch die Fenster auf den Parkplatz zu sehen. »Vielleicht wissen sie gar nicht, was ihre Ehepartner treiben? Vielleicht treiben es alle vier heimlich?«
KAPITEL 8
NACHTWACHE
Donnerstag, 22. Februar, 21.30 Uhr
Knut und der Leiter des Roten Kreuzes fuhren mit ihren Schneescootern zwischen dem Flugplatz und dem Kohleverladekai hinaus auf den Fjord, um die Eisbärin mit ihren Jungen von der Stadt wegzujagen. Der Mond leuchtete auf das Meereseis und zeichnete die kleinste Schneewehe mit einem Relief gegen das flache Eis ab. Trotzdem fuhren sie langsam und vorsichtig. Selbst durch die dicken Scooteranzüge spürten sie, wie kalt es war. Knut war dankbar für die angewärmten Handgriffe und die Hitze, die von der Maschine auf die Stiefel ausstrahlte. Er hatte immer noch Schmerzen von den Frostschäden, die er sich früher im Winter zugezogen hatte.
Es erschien ganz selbstverständlich, dass der Leiter des Roten Kreuzes die Führung übernahm. Es war geplant, die Bären auf die Reveneset zuzujagen, damit sie dann weiter gen Norden zum Billefjord liefen. Aber nachdem sie die Bären entdeckt hatten, hatte er es nicht mehr eilig, sich ihnen zu nähern. Er hielt den Schneescooter an, ließ ihn aber im Leerlauf weiterbrummen und bedeutete Knut, es ihm nachzutun.
»Guck mal!« Er zeigte auf ein paar schwarze Flecken hinter den drei gelben Schatten, die sich langsam über das Eis fortbewegten.
Knut schob sein Visier hoch, drückte den Wollschal hinunter und kniff die Augen zusammen. Wegen der Kälte hatte er seine Brille nicht aufgesetzt. Sie lag in einer der Innentaschen des Scooteranzugs.
»Leute?«
»Es sieht so aus.« Der Leiter des Roten Kreuzes blieb rittlings auf seinem Scooter sitzen.
Knut überlegte. »Was machen wir? Wir können die Bärin nicht von dieser Seite aus treiben. Sonst läuft sie schnurstracks auf die anderen Scooterfahrer dort drüben zu.«
Ihr frostiger Atem stieg in kleinen weißen Wolken aus Eiskristallen um ihre Köpfe herum auf. Schon in der kurzen Zeit, die sie erst still standen, konnte Knut spüren, wie die Kälte ihm ins Gesicht biss.
»Entweder, wir fahren raus aufs Eis und umrunden die Bären, oder wir fahren am Uferrand entlang zurück.« Harald Enebackk klappte das Visier seines Helms wieder vors Gesicht und drückte das Handgas.
Er entschied sich, rauszufahren, auch wenn diese Route länger war und die beiden Schneescooter bis auf den Eisrand zum offenen Meer hin zwang. Und es dauerte auch gar nicht lange, da konnte Knut sehen, wie der Schneescooter vor ihm anfing, hin und her zu schlingern. Hohe Wellen drückten in die Fjordmündung und hatten das Eis in dicke Schollen gebrochen, die gegeneinander
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