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wird dabeisitzen und alles notieren, was wichtig ist, um Hinweise darauf zu finden, wie das Feuer entstehen konnte. Okay?«
Jonas Lund Hagen hatte gerade den Fernseher ausgeschaltet, wieder einmal, ohne die Wettervorhersage mitzubekommen. Sport im Fernsehen langweilte ihn so sehr, dass er in eine Art Trance verfiel, während die Ergebnisse verschiedener Skiwettkämpfe über den Schirm rollten. Wie üblich fing er an, Kaffeetassen und Gläser wegzuräumen. »Kannst du nicht einen Abend mal ein bisschen länger bei mir sitzen bleiben?«, fragte ihn seine Frau mit ärgerlicher Stimme, als hätte sie gerade erst diese Eigenschaft an ihm entdeckt und nicht bereits seit fast zwanzig Jahren damit gelebt. Sie selbst interessierte sich für Sport und war auch selbst sportlich.
Doch bevor er etwas darauf erwidern konnte, wie er es normalerweise tat, dass er früh ins Bett musste, weil er, im Gegensatz zu seiner lieben Ehefrau, wieder früh aufstehen musste, klingelte das Handy. Es hatte einen angenehmen, abstrakten Klingelton, der es fast unmöglich machte, seinen Standort zu lokalisieren. Wie üblich hatte der Anrufer bereits aufgelegt, als er es endlich fand, zwischen Sofakissen und Sitz geklemmt. Aber auf dem Display war zu lesen, dass es Jan Melum gewesen war, der versucht hatte, ihn zu erreichen.
Er rief zurück. »Jan? Wie läuft es mit dem Kerl? Hat er etwas von seiner Tochter gesagt?«
»Nein, hat er nicht und wird es in den kommenden Tagen wohl auch nicht tun. Sie haben ihn in ein künstliches Koma versetzt.«
»Hm.« Es entstand eine Pause. »Und was ist mit dem Unglücksort?«
»Vorläufig gar nichts. Leider wird es wohl schwer, überhaupt etwas zu rekonstruieren aus den Spuren dort. Die Feuerwehrleute und die Rettungskräfte sind überall am Tatort herumgetrampelt, es wurde jede Menge Schaum auf die Autowracks gesprüht, der Schnee ist geschmolzen. Zum Schluss waren wohl so an die zwanzig Personen auf dem Parkplatz, auch wenn die meisten erst hinterher gekommen sind.«
»Hast du ›Tatort‹ gesagt?«
»Ja.« Jetzt war es Jan Melum, der zunächst nichts mehr sagte. »Ich habe so ein Gefühl. Da ist irgendetwas. Sag mal, kannst du einen von der Spurensicherung herschicken?«
Lund Hagen seufzte. »Wir sind wahnsinnig unterbesetzt. Ich werde sehen, was ich tun kann. Aber es hat wohl keinen Zweck, jemand Neuen raufzuschicken. Diese kleine Gemeinde dort muss mit einer guten Portion Geduld behandelt werden.« Lund Hagen klapperte mit den Kaffeetassen, die er in die Geschirrspülmaschine stellte.
»Was hast du gesagt?«
»Ich habe gesagt: Vielleicht komme ich selbst hoch.« Er war in die Küche gegangen, um ungestört reden zu können. Aber seine Frau hatte ihn trotzdem gehört. »Nein, Jonas. Du kannst jetzt nicht fort«, rief sie aus dem Wohnzimmer. »Wir haben meiner Schwester versprochen …«
»Ja, nur der Beste ist hier gut genug. Und ich kann dir den Tipp geben, dass heute Nacht aus Tromsø ein Krankentransport herkommt. Aber ob ein passendes Flugzeug von Oslo nach Tromsø geht, das weiß ich natürlich nicht. Es wäre gut, wenn ihr so früh wie möglich kommt, möglichst in den nächsten Stunden. Sie sind hier bei der Polizei auch unterbesetzt, und es gibt viele Anrufe und Hinweise, die das Kind betreffen. Und denen wir noch nicht haben nachgehen können. Außerdem ist es scheißkalt hier. Zieh dich warm an.«
KAPITEL 21
ALLEIN
In des Berges Tiefe weit
müssen sie gehen auf Knien und Händen.
Sie fürchten nicht um Haut und Kleid,
denn auf ihr Glück vertrauen sie heut.
Freitag, 23. Februar, 16.30 Uhr
Die Welt bestand aus drei Wänden und dem Berg. Ein paar Kisten, ein Tisch und eine Bank. Es war das Licht, das machte den Raum sicher. Die Schatten hatten sich in die Ecken zurückgezogen und waren nicht gefährlich, nur freundlich und weich. Sie hatte die Schokoladenkekse gegessen, die auf der Bank gelegen hatten. Jetzt hatte sie ein bisschen Durst, aber es gab nichts zu trinken.
Wenn nur Papa bald zurückkäme. Sie dachte an die Fahrt in die Hütte und an den Schneescooter, den er holen wollte. Ella hatte keine Angst, mit draufzusitzen, wenn Papa fuhr. Dann saß sie vorn, er hinter ihr, die Arme dicht um sie herum, die Hände auf dem Lenker. Einmal hatte sie allein lenken dürfen. Aber der Schneescooter war schwer in die Kurve zu legen. Deshalb konnte sie ihn nur lenken, solange sie geradeaus in einer Loipe fuhren. Sie überlegte, ob sie lieber ihren Schneeanzug anziehen sollte. Mit der Zeit
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