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die Augen reiben und sagen: »Hallo, Papa. Bist du schon zurück?« Und Papa wäre lieb und würde nicht schlecht aus dem Mund riechen, und er würde sagen: »Ja, Ella, jetzt bin ich wieder zurück. Und weil du so brav gewesen bist, werden wir morgen einen Hund kaufen.«
Ella wünschte sich so sehr einen Hund. Wenn der Hund mit ihr hier wäre, hätte sie mit ihm spielen können. Und der Hund hätte alle Schatten anknurren können, und er hätte gebellt, wenn eine Katze da gewesen wäre. Und zu Hause käme er mit zu ihr ins Bett. Aber er dürfte nicht die Puppen oder Basse beißen, sonst müsste er bitteschön aus dem Bett springen. Sie lächelte vor sich hin. Doch dann fiel ihr ein, dass Basse da ganz oben in diesem komischen Haus lag, wo es so kalt war.
Sie schlief ein und träumte von dem Hund. Es verging viel Zeit. Schrecklich viel Zeit. Jetzt war die dritte Kerze fast heruntergebrannt, und sie musste noch eine von der Bank holen. Sie fing fast an zu weinen, denn das Licht durfte auf keinen Fall ausgehen. Dann wäre es im ganzen Raum dunkel, die Katze könnte zurückkommen, groß und böse werden. Und wenn Papa sie nicht finden würde?
Sie saß da, schaute die Kerze an und dachte, dass sie schrecklich großen Durst hatte. Doch dann hörte sie draußen Geräusche. Und nach einer Weile hörte sie, wie jemand näher kam. Papa hatte gesagt, sie würde seine Schritte draußen hören. Sie setzte sich auf. Doch dann legte sie sich schnell wieder hin und versteckte den Kopf unter dem Overall. Papa ging immer leicht und schnell, als ob er es eilig hätte. Diese Schritte aber waren langsam und laut, als schlurften Füße über die Kiesel auf dem Boden.
KAPITEL 22
VERLETZT
Samstag, 24. Februar, 06.00 Uhr
Das Rettungsflugzeug landete um sechs Uhr morgens auf dem Flugplatz von Longyearbyen, am Samstag, dem vierundzwanzigsten Februar. »Na? Wie war der Flug?« Jan Melum hatte das mürrische Gesicht seines Chefs wohl bemerkt, als sie durch die dunkle Ankunftshalle eilten, hinaus zu dem Dienstwagen. Lund Hagen hatte kaum Zeit für ein Händeschütteln, gab Tom Andreassen den Koffer und warf sich zitternd auf den Beifahrersitz.
»Meine Güte, ist das kalt hier! Und eines sage ich euch: Nie wieder! Bist du nicht auch meiner Meinung, Otto?« Er schaute über die Schulter zu dem Techniker, der sich in seinem dicken kanadischen Parka auf die Rückbank neben Jan Melum gezwängt hatte.
»Na ja, es hat ein bisschen geschaukelt, aber so ist das mit diesen kleinen Flugzeugen. Viele Turbulenzen. Auf jeden Fall sind wir schnell hergekommen. Auch wenn es mir lieber gewesen wäre, außer Zahnbürste, Rasierer und ein paar Unterhosen noch ein bisschen mehr einpacken zu können.«
»Ich rede nicht von dem Flug«, sagte Lund Hagen. »Sondern dass wir überhaupt hier sind.«
»Das glaube ich nun nicht«, erwiderte Otto Karlsen und unterdrückte ein Lächeln. »Es ist doch etwas anderes, was dich quält.« Er drehte sich zu Jan Melum um und zwinkerte diesem zu. »Er musste das magische K-Wort benutzen, damit wir im Rettungsflieger mitkommen durften. Ganz zu schweigen von Gardermoen. Blaulicht, VIP-Eingang, die ganze Chose. Sonst hätten wir es nicht geschafft. Ich hoffe, das war den ganzen Aufwand wert.« Tom Andreassen erwiderte seinen Blick im Rückspiegel.
»Also, es fehlt an Zeit und Ressourcen, habe ich das richtig verstanden?« Lund Hagen schnallte sich den Sicherheitsgurt um.
»Wir wissen es nicht so genau.« Tom Andreassen hatte nur drei Stunden geschlafen, bevor er immer noch müde und widerwillig seine Kleider wieder angezogen und sich in die Kälte hinausbegeben hatte. Es fiel ihm schwer, seine Gedanken zu ordnen. Es war zu viel in zu kurzer Zeit passiert. »Die Suche nach der Kleinen war schlimm genug. Aber jetzt verstehen wir gar nichts mehr. Wir haben zwei Tage lang an diesem kleinen Ort nach dem Vater gesucht. Und als wir ihn endlich finden, da können wir nicht mit ihm reden.«
Jan Melum schaute den Mann von der Spurensicherung mit finsterer Miene an. »Wir dürfen das nicht unterschätzen. Das wird ein schwieriger Job für dich. Die Autos stehen vorläufig noch an derselben Stelle.«
Otto Karlsen erwiderte nichts. Er unterschätzte eigentlich nie irgendetwas. Auf dem Sitz vor ihm saß Lund Hagen und schaute durch das Autofenster auf den zugefrorenen Fjord. Ein Krankenwagen kam ihnen entgegengefahren, Richtung Flughafen.
»Können wir zuerst zum Hotel?«, fragte er schließlich.
Sie frühstückten, bevor sie zum
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