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Titel: Suche: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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wurde ihr ein wenig kalt. Und außerdem wollte sie bereit sein, wenn Papa kam, um sie abzuholen.
    Draußen war die Grubenstrecke. Sie öffnete vorsichtig die Tür und guckte hinaus. Aber da war es nur schwarzglänzend, und es roch so merkwürdig. Hier drinnen im Raum roch es gut, wie sie fand. Sie schnupperte an der Tüte, in der die Schokoladenkekse gewesen waren. Es wäre nicht schlecht, noch ein paar zu haben. Sie hatte immer noch Hunger. Aber vor allem war sie durstig.
    Die erste Kerze war bereits vor einer Weile heruntergebrannt. Da hatte sie getan, was Papa ihr gesagt hatte, die Kerze gewechselt. Sie guckte auf seine Uhr, die auf dem Tisch lag. Aber der große Zeiger war herumgelaufen und zeigte nicht auf die Zwölf ganz oben. Und der kleine Zeiger zeigte auf die Sieben. Oder war es die Acht? Er war eher an der Acht als an der Sieben. Was hatte Papa gesagt, wann wollte er zurückkommen? Der große Zeiger sollte auf der Zwölf stehen, daran erinnerte sie sich. Und jetzt war er bald dort.
    Aber es kam niemand die Strecke entlang. Sie fing an zu singen, ein Lied, das sie im Kindergarten vor Weihnachten gelernt hatte. »Entzünde ein Licht, ein Licht soll brennen für alle Kinder auf der Welt …« Aber ihre Stimme zitterte ein wenig, und sie brach ab. Eigentlich wollte sie gar nicht mit in die Hütte. Sie wollte nach Hause zu Mama. Am liebsten würde sie jetzt am Küchentisch sitzen und eine Scheibe Brot mit Marmelade essen und dazu ein großes Glas Milch trinken. Aber daran durfte sie nicht denken, sonst wurde sie nur traurig.
    Es war ziemlich langweilig in der Werkstatt des Weihnachtsmanns. Das Werkzeug, das an den Wänden hing, sah schrecklich alt und schmutzig aus. Sie fragte sich, warum es der Weihnachtsmann nicht schöner hatte, verteilte er doch zu Weihnachten so viele schöne Geschenke an alle Kinder. Das war schon merkwürdig. Wenn Papa zurückkam, würde sie ihm erzählen, dass Kalle im Kindergarten gesagt hatte, es stimme gar nicht, das mit dem Weihnachtsmann. Aber wer wohnte dann hier?
    Sie ging langsam zur Bank und schaute in die Schatten. Wenn da jetzt eine Flasche Limonade stünde! Am liebsten Solo. Sie trank gern Solo, da waren so viele Bläschen drin. Wenn man die Flasche schüttelte, kam es vor, dass es in den ganzen Raum spritzte. Und dann würde Papa sicher böse werden. Aber sie wollte nicht weiter daran denken. Außerdem stand nirgends eine Flasche mit etwas zu trinken drin.
    »Scheiße«, sagte sie leise. »Verdammte Scheiße. Kaka.« Aber sie wusste, das waren hässliche Worte, denn das hatten sie im Kindergarten gesagt. Und Ingrid hatte traurige Augen bekommen und ihr über den Kopf gestrichen. Und da war sie selbst auch traurig geworden und hatte angefangen zu weinen.
    Aber der Schaden war angerichtet. Die Schatten in der Ecke verdichteten sich und wurden schwarz. Und da wusste sie, dass dort ein Tier saß, das sie nicht sehen konnte, das sie anfauchte. Vielleicht eine Katze? Eine große, schwarze Katze mit glänzenden Augen und scharfen Krallen. So eine Katze hatte sie einmal gekratzt, als sie bei Großmutter zu Besuch gewesen war, draußen am Meer. »Pfui, verschwinde, du Katzenvieh«, hatte Großmutter geschimpft. Und da verschwand die Katze. Aber sie hatte sich noch einmal umgeschaut, und Ella erinnerte sich an die Augen. Sie waren schmal und scharf gewesen, fast, als würde die Katze lachen und sich überlegen, wiederzukommen, wenn Großmutter nicht da war.
    Es war ganz still in der Ecke. Sie stand regungslos und ohne zu atmen da, aber sie hörte nichts. Die Katze war unsichtbar geworden.
    Sie bekam schreckliche Angst und fing wieder an zu singen »… die Hoffnung ist für alle, so Gutes wird geschehn …« Nachdem sie alle Strophen gesungen und die Worte, die sie nicht mehr wusste, gesummt hatte, wurden die Schatten weich und sanft, und das Tier wurde winzigklein und war nicht mehr gefährlich.
    Die Kerze auf dem Tisch begann zu flackern. Jetzt war die zweite Kerze fast heruntergebrannt, aber sie hatte gesehen, dass in einer Schachtel auf der Bank noch mehr Kerzenstummel lagen. Sie suchte den längsten heraus und fand, dass sie richtig groß war. Das würde Papa auch sagen. Aber warum kam er nicht? Er hatte doch gesagt, dass er nicht so lange fortbleiben wollte. Sie legte sich auf die Bank und zog ihren Overall über sich. Wenn sie ein bisschen schlief, würde die Zeit schneller vergehen, und dann konnte er sie wecken, wenn er kam. Darauf freute sie sich. Sie würde aufstehen, sich

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