Suche Traumprinz, biete Sandburg
denn? Schaut mal, wer unten gewartet hat!«
Er stutzte, als er sein verheultes Elend von Tochter sah, und Dodo blieb in der Tür stehen und schaute mich aus ihren schwarzen Augen fragend an. Mama nahm Benno den Reisebericht weg und gab ihn Papa. »Tula hat allen erzählt, wir wären sechs Wochen in Thailand gewesen, und jetzt wird sie erpresst und darf nicht zur Party von dem Typen, in den sie sich verliebt hat.«
»Tula ist verlie-hiebt, Tula ist verlie-hiebt!«, plapperte Benno, bis Mama ihm den Mund zuhielt.
Jetzt machte sich Papa schlau, schüttelte immer wieder den Kopf und ließ sich von Mama alles genau berichten, während Dodo zu mir kam.
»Du hast es nicht gesagt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Und euch da draußen schön stehen lassen. Ich hab euch verraten und jetzt ist alles vorbei!« Wieder schossen mir die Tränen in Bächen aus den Augen. Dodo nahm meine Hand und ließ mich heulen. Sie war nicht böse und auch von Papa kam keine Standpauke. Er war vollkommen begeistert.
»Das ist ja das perfekte Ding hier. Da seht ihr’s mal, man muss überhaupt nicht wegfahren, um einen Reisebericht zu schreiben. Das machen wir jetzt immer so. Also, Tula, Hut ab!«
Mama schaute ihn vorwurfsvoll an. »Darum geht es doch jetzt gar nicht. Deine Tochter sitzt in der Klemme!«
»Aber das hat sie sich doch selber eingebrockt!«, bemerkte Benno sehr schlau.
»Du weißt doch gar nicht, wie das alles gekommen ist!«, verteidigte Dodo mich und ging auf ihn los. »Ich finde, kleine Jungs sollten den Mund halten, wenn sie keine Ahnung haben.«
»Mama!«, schrie Benno. »Ich darf doch wohl auch mal was sagen, oder?«
»Jeder darf hier sagen, was er will!«, bestimmte mein Vater, immerhin war das eine unserer goldenen Familienregeln.
»Aber wäre es jetzt nicht wichtiger, zu überlegen, wie Tula da rauskommt, anstatt Schuld und Unschuld zu diskutieren?«, merkte meine Mutter an und dann redeten sie alle durcheinander.
Ich konnte es keine Sekunde länger aushalten, schnappte mir die Muschel und verließ das Zimmer, die Wohnung, das Haus. Ich war mir nicht einmal sicher, ob das überhaupt jemand gemerkt hatte.
Es war dieses Licht des frühen Abends, das über den Gärten des Viertels hing und meine Stimmung außerordentlich passend unterstrich. Dazu: Muschelmusik!
Ich saß auf der Mauer, die Beine fest an den Körper gezogen, und starrte vor mich hin. Wie konnte man sich nur so gründlich alles versauen? Wenigstens war Dodo nicht sauer gewesen, wider Erwarten, aber das lag vielleicht an ihrer allgemeinen Liebesglücksstimmung. Wie sich das wohl anfühlte? Ich seufzte. Immerhin das war bei meiner Superthailandaktion herausgekommen. Dodo und Muang hatten sich gefunden. Ich dachte an Dodos Mutter, die Frau mit dem langen Zopf, die ihrer Tochter ein Leben lang beigebracht hatte, dass Männer überbewertet sind. Was sie wohl dazu sagte?
Boris kam angeschlendert, setzte sich neben mich und forderte Streicheleinheiten. Vielleicht sollte man einfach so sein wie die Katzen. Sich aufs Rad schwingen, zu Konstantin fahren, den Kopf so lange an seiner Schulter reiben, bis er losstreichelte. Ich will das jetzt, also her damit! Aber auch dann würde Zoe am nächsten Tag alles verraten, wenn Konstantin seinen Arm um mich legte.
Es schien wirklich so zu sein, wie Mama es immer gesagt hatte: »Überlege dir genau, was du tust, denn du musst dann auch die Konsequenzen tragen!«
»Tula?« Mein Vater stand in der Gartentür und trug eine Schachtel unter dem Arm. Aus der Ferne konnte ich nicht erkennen, was darin war. »Darf ich dir mal was zeigen?«
Eigentlich hatte ich keine Lust auf Belehrungen erwachsener Art, aber da er nun schon einmal dastand, konnte ich ihn auch nicht wieder wegschicken. Also kletterte ich die Mauer runter, während er einen Apparat aus der Schachtel zog und auf mein kleines Terrassentischchen stellte. Es war ein Filmprojektor aus dem vorigen Jahrhundert, ich kannte ihn noch von früher, da hatte Papa immer alte Super-8-Filme darauf gezeigt. Er drehte ihn so, dass er ein Bild auf die Mauer gegenüber projizierte, und legte eine Filmrolle ein.
»Was wird das?«, wollte ich missmutig wissen und ließ mich auf einen der Stühle fallen.
»Schau einfach nur mal hin. Aber genau!«
Ich nickte und Papa ließ den Film anlaufen, rannte noch schnell zur Mauer, um ein paar Efeuzweige zur Seite zu biegen, dann konnte man das laut knatternde Bild gut erkennen.
Es sah aus wie unsere Straße, nur in Schwarz-Weiß und
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