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Suche Traumprinz, biete Sandburg

Suche Traumprinz, biete Sandburg

Titel: Suche Traumprinz, biete Sandburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brinx/Kömmerling
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lange, lange her. Tatsächlich konnte ich unser Haus erkennen, an dem vornehme Damen in der damaligen Mode, mit Füchsen um den Hals, Hüten auf dem Kopf und kleinen Möpsen an der Leine vorbeiflanierten.
    »Na, wo ist das?«, wollte Papa wissen, weil er anscheinend dachte, ich wäre vor lauter Unglück blöd geworden oder blind.
    »Hier!«
    Plötzlich ging die Tür von unserem Haus auf und eine Frau kam heraus. Auch sie mit Fuchs, aber ohne Mops, die Haare unter dem Hütchen elegant hochtoupiert. Es war … ja, tatsächlich, Tante Hannchen in jüngeren Jahren. Sie pfiff laut vor sich hin, das konnte man an den gespitzten Lippen erkennen, und grüßte dabei fröhlich nach rechts und links. Die eine oder andere Dame blieb stehen und hielt ein Pläuschchen mit ihr, dann ging sie weiter. Es sah aus, als würde sie humpeln.
    »Hatte sie sich verletzt?«
    Mein Vater schüttelte mit hochgezogenen Augenbrauen den Kopf und deutete auf die Mauer. Weitergucken.
    Plötzlich eine andere Umgebung, ein Tanzsaal oder so was. Unter einem riesigen Lüster drehten sich Pärchen zur Musik, die man allerdings nicht hören konnte. Auch Tante Hannchen war wieder dabei. Sie trug ein wunderschönes, hautenges Paillettenkleid, war sehr begehrt und wurde immer wieder von Männern abgeklatscht. Bei einem dieser Wechsel sah ich plötzlich, dass sie einen krummen Rücken hatte, der in den Szenen davor unter dem Fuchs versteckt gewesen war.
    »Was ist das denn?«, fragte ich erstaunt und Papa hielt das Bild an. Tante Hannchen strahlte uns von der Mauer entgegen.
    »Hast du nie bemerkt, was?«
    »Na ja, ich hab sie das letzte Mal gesehen, da war ich sechs. Aber nein, den Buckel habe ich nicht gesehen. Hatte sie den immer?«
    »Seit ihrem siebten Lebensjahr. Den Buckel und ein steifes Bein. Sie hatte mit anderen Kindern auf dem Tisch getobt und war rückwärts runtergefallen. Damals wurde man dann für lange Zeit in ein Gipsbett gelegt. Dabei war das Rückgrat leider falsch zusammengewachsen.«
    »Oh, die Arme.«
    Papa zog sich einen Stuhl heran und setzte sich mir gegenüber hin. »Sie hat das nie so empfunden! Wie du siehst, war sie schwer begehrt.«
    Ich nickte, wusste aber nicht genau, was mein Vater mir damit sagen wollte.
    »Hannchen war immer anders als die anderen hier. Sie hat das Haus von ihrem früh verstorbenen Geliebten geerbt, mehr hatte sie nicht. Also verdiente sie sich ihr Geld als Verkäuferin im Schreibwarenladen und manchmal auf irgendwelchen Veranstaltungen als Kunstpfeiferin. Das hatte sie sich im Gipsbett beigebracht.«
    »Sie war gar nicht verheiratet?«
    »Nie, aber es gab immer irgendeinen Mann an ihrer Seite, da kannst du von ausgehen! Die Leute haben sich die Mäuler zerrissen, aber als sie merkten, dass das nichts änderte und Hannchen trotz Buckel, Lotterleben und ziemlicher Armut eine Bereicherung für jeden war, haben sie aufgegeben.«
    »Stark!«
    »Ist dir aufgefallen, dass du ihr ein bisschen ähnlich siehst?«
    Jetzt, wo er es sagte. Die krausen Haare, die helle Haut.
    »Was ich dir damit sagen will: Tante Hannchen hat immer gemacht, was sie wollte und für richtig hielt. Sie musste sich für nichts schämen, sie war so, wie sie war, und das fand sie in Ordnung. Sie hat sich hier behauptet und überall. Nur durch ihr eigenes Hannchensein.«
    Langsam verstand ich, was er meinte. Ich hatte nicht zu mir gestanden und nicht zu dem, was ich bin. Und dadurch war ich in diese missliche Lage geraten. 
    Papa schaute mich an und wartete.
    »Aber jetzt ist es zu spät. Jetzt hab ich’s nun mal vergeigt. Mir bleibt nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ich muss die Konsequenzen tragen.«
    Papa grinste. »Es gibt noch einen dritten Weg. Sagen wir mal … Windpocken.«

Ein James jagt den anderen
     
    Als ich am nächsten Tag das Klassenzimmer betrat, tat Zoe, als wäre nichts gewesen. Sie strahlte mich an und ich strahlte zurück und Lielott freute sich auch.
    »Fällt dir was auf?« Sie grinste mich an wie ein Honigkuchenpferd. Ich kniff die Augen zusammen. War doch alles wie immer.
    »Hihi, keine Zahnspange mehr!«
    »Mensch, Lielott, das ist doch cool! Entschuldige, dass ich das nicht gesehen habe, ich bin irgendwie …« Nach außen locker, innen drin aber hoch konzentriert, deswegen keinen Blick für die An- oder Abwesenheit von Zahnspangen.
    In der Pause gingen wir alle zusammen in den Hof, wie immer. Die Schönheiten, Lielott und ich.
    »Ich habe keine Ahnung, was ich am Samstag anziehen soll«, jammerte

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