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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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möglichen Verbindung zu dem Anschlag. Wieso fragte ein Polizist so etwas? War der Mann überhaupt Polizeibeamter?
    Ich starrte auf meine leere Tasse. Es war mein zweiter Kaffee gewesen, aber ich konnte immer noch nicht richtig denken.
    »Den Rechner möchte ich gern sehen«, sagte er. »Besser
gesagt, ich kenne einen genialen Techniker, dem ich das Ding zeigen will.«
    »Was zum Teufel wird hier gespielt, Sergeant?«
    Die Worte sollten markig klingen, aber Weller lachte nur.
    »Ich will Ihnen mal etwas erzählen«, sagte er und trank einen Schluck Wasser.
    »Ich will nur wissen, was Sie von dieser Sache halten«, sagte ich.
    Weller hob abwehrend die Hände. »Hören Sie mir bis zu Ende zu. Können Sie sich an Valerie Westin erinnern?«
    Valerie Westin.
    »Die Bankräuberin in Spitzenstrümpfen«, erwiderte ich.
    »Ich habe sie hochgehen lassen. Aravelo hat ihre Verhaftung als sein Verdienst ausgegeben.«
    Valerie Westin war in eine ganze Reihe von Banken marschiert und hatte ihren Regenmantel geöffnet, unter dem sie nichts als schwarze Strümpfe und Dessous trug. Nichts – bis auf eine kleine Glock Kaliber.45. Ihr Gesicht trug sie weniger offen zur Schau, das blieb unter einer Skimaske verborgen. In ihrer Verwirrung packten ihr die Kassierer immer brav das verlangte Bargeld ein.
    »Den Fall habe ich gelöst. Mir war es gelungen, die Verbindung zu Verbrechen herzustellen, die sie in Omaha begangen hatte. Über einen früheren Freund fand ich ihre Adresse heraus. Und trotzdem ging ich leer aus.«
    »Eine hübsche Geschichte«, sagte ich. »Aber Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«

    »Sie wollen meine Karten sehen. Hier sind Sie: Aravelo zieht im Polizeipräsidium die Fäden. Er ist einer der mächtigsten Männer dort, vielleicht der mächtigste. Deswegen sitzt er auch auf diesem Posten und bestimmt, wer welche Aufgabe zugewiesen bekommt. Er entscheidet, wer sich einen Fahndungserfolg zuschreiben darf und wer befördert wird. Das wirkt sich direkt auf den Verantwortungsbereich und das Gehalt des Betreffenden aus – und auf das Stück, das er sich vom Kuchen abschneiden darf.«
    Von welchem Kuchen redete er?
    »Ich kann ihm nichts nachweisen, aber Aravelos Haus in Fillmore ist siebenhundertfünfzigtausend Dollar wert und soll fast vollständig abbezahlt sein. Er ist genau wie sein Bruder, nur nicht so dumm.«
    Was sollte das heißen? War Aravelo korrupt? Wollte Weller seinen Anteil an den Bestechungsgeldern? Er wechselte den Ton.
    »Wenn Sie Ihr Mäntelchen nach dem Wind hängen wollen, kann ich Sie nicht daran hindern«, sagte er, während er sich Speck und Käse in den Mund schaufelte.
    Ein Verhör. Friedensangebote. Drohungen. War Weller ein Saubermann, der bei der Polizei aufräumen wollte?
    »Was ist mit Ihrem Vater?«, fragte ich.
    Er legte die Gabel beiseite.
    »Was soll mit ihm sein? Lassen Sie meinen Vater aus dem Spiel.«
    Ich beschloss, einen Versuchsballon steigen zu lassen. »Sie haben doch gesagt, er braucht eine Transplantation. Das kostet Geld.«

    Eine ganze Weile sagte er gar nichts.
    »Als der Dotcom-Boom platzte, war mein Vater ruiniert. Er hatte in Netscape-Aktien investiert. Als der Kurs in den Keller stürzte, war sein Geld weg. Er fand immer, man müsse zu seinen Überzeugungen stehen. Franklin Delano Roosevelt, John F. Kennedy, McCarthy, Reagan – wenn jemand von seiner Sache überzeugt war, respektierte mein Vater das. Nachdem er sich für Internet-Aktien entschieden hatte, setzte er alles darauf.«
    Er räusperte sich.
    »Ich hätte schon längst befördert werden müssen. Das Geld würde zwar bei Weitem nicht reichen, aber besser als nichts. Außerdem ist es eine Frage des Prinzips. Jeder sollte so viel verdienen, dass er für seine Familie sorgen kann. Ich kann den Fall lösen, und Sie können mir helfen, Gerechtigkeit zu schaffen.«
    »Was genau erwarten Sie von mir? Und warum ausgerechnet von mir?«
    Er war auffällig ruhig geworden. »Hinweise. Spuren, die Aravelo möglicherweise übersieht, und die ich mit meinen Insider-Informationen abgleichen kann. Warum von Ihnen? Weil Sie vielleicht etwas wissen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Außerdem sind Sie persönlich involviert.«
    Ich zuckte zusammen.
    »Was soll das heißen?« Wusste er etwas über Annie? Die Nachricht. Ich hatte ihm von der Nachricht erzählt. Meinte er das damit?
    »Mensch, Idle. Sie sind fast in die Luft geflogen. Außerdem sind Sie Journalist, und zwar ein guter. Ich weiß, wie Sie Aravelos Bruder zerlegt

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