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Südbalkon

Südbalkon

Titel: Südbalkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Straub
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sagt wir , wenn sie mich meint, hält mich am Ellenbogen fest, als würde ich jeden Moment aufspringen und davonlaufen.
    »Du bist mein Hoffnungsschimmer«, flüstert sie. »Du wirst einmal erfolgreich sein, das spüre ich.« Ein billiger Trost, der dennoch sofort in die Blutbahn übergeht und in den Kopf steigt.
    »Ich werde Raoul verlassen«, sage ich.
    Sie nickt nur still und verstärkt ihren Griff um meinen Ellenbogen.
    »Du hast recht«, sagt sie. »Ganz recht hast du. Raoul checkt es nicht. Ich möchte ehrlich mit dir sein.«
    Ich habe Angst vor dem, was jetzt kommt. Vielleicht war Maja die ganze Zeit eingeweiht und wusste von Raouls Verrat. Das war immer meine größte Sorge: Als Einzige nicht zu wissen, was läuft, während sich alle bereits das Maul zerreißen.
    »Sein Projekt wird nicht funktionieren«, sagt Maja.
    Ich hatte alles erwartet. Das nicht.
    »Wie – nicht funktionieren.«
    »Raoul träumt mit offenen Augen. Sein Projekt geht schief. Wobei, um ganz ehrlich zu sein: Es ist bereits schiefgegangen. Ich habe ihn im Krankenhaus besucht, weil ich ein schlechtes Gewissen hatte. Er wurde eingeliefert, nachdem ich ihm den Schlussbericht gesendet habe. Nicht förderungswürdig. Abgelehnt von allen Stellen. Ich dachte, seine Krankheit könnte mit dem Brief zu tun haben. Ein Schock gewissermaßen.«
    So war das also. Raoul hatte den Schlussbericht mit keinemWort erwähnt. »Wir finden für dich eine Geschäftsidee, die funktioniert«, sagt Maja.
    Sie kramt in ihrer zotteligen Handtasche, die sie zu ihren Füßen abgestellt hatte wie einen Hund, und fördert ein blaues Mikrofasertuch zutage.
    »Hier, fühl mal«, sagt sie. »Frisst den Staub und versiegelt die Oberfläche des Möbelstücks durch einen innovativen Mechanismus. Aus der Weltraumforschung.«
    »Das ist die Geschäftsidee?«, krächze ich.
    Nicht nur das, sagt Maja. Ein ganzes System warte auf mich, ein System aus Putzfetzen, revolutionären Putztüchern und Mops, und gerade als ich: »Das ist doch nicht etwa NUBA«, sagen will, sagt Maja: »NUBA«, und ich stehe auf und sage: »Ich brauche jetzt was zu trinken.«
    Ich hole den Brandy aus der Küche, gieße zwei Gläser ein und will nur noch vergessen.

23
    Wir fahren durch die Bulimie-Zone der Stadt, alles sieht aus wie zerkaut und ausgespuckt. Ramponierte Gartenzwerge, Schrebergartenhäuschen mit schlaffen Wellblechdächern, Autoreifengebirge.
    »Kein Radio«, hatte Pawel angeordnet. »Wir konzentrieren uns auf die Straße.« Ich weiß zwar nicht, was es helfen soll, wenn auch ich mich konzentriere, aber ich tue ihm den Gefallen, schließlich war er bereit, mich an seinem freien Tag nach Unterbruchstetten zu chauffieren.
    Ich wollte ihm die Notwendigkeit des Besuchs drastisch vor Augen führen und sagte: »Ein Raiffeisendirektor, der in meine Mutter verliebt ist, will mein Kinderzimmer beziehen.« Als ich den Satz fertiggesprochen hatte, fühlte es sich schrecklich an, eine Farce, und wenn Pawel laut aufgelacht hätte, hätte ich es ihm nicht übelgenommen.
    Pawel aber nickte nur ernst und sagte dann: »Raiffeisen. Allerhand. Ich habe da einen Bausparvertrag.«
    Er holte mich von zu Hause ab. Ich hatte den bauchigen Trolley im Schlepptau, und noch bevor Pawel etwas sagen konnte, sagte ich: »Da kommen meine Kleider rein.«
    »Der ist doch schon voll«, sagte Pawel, und ich sagte: »Das wird ein Tauschgeschäft. Ich bringe was hin und hole was ab«, und das stellte ihn offenbar zufrieden, denn er hievte den Trolley ohne ein weiteres Wort in den Kofferraum seines froschgrünen Citroën.
    Ich hatte kurz überlegt, ob ich ihn hinaufbitten sollte in die Przewalskistraßenwohnung, schon aus Höflichkeit. Doch ich fürchtete mich davor, mit ihm alleine zu sein, denn mit einem Mann alleine in einer Wohnung zu sein, ist etwas anderes als mit ihm alleine in einem Auto zu sitzen, wo doch immer auch die Landschaft mitfährt. Die Wohnung offenbart einen gemeinsamen Anteil von mir und Raoul, den ich lieber nicht herzeigen möchte, und womöglich kann Pawel sogar die sechs Phantomflittchen erkennen, möglicherweise ist das eine Fähigkeit, die alle Männer auf der Erde miteinander teilen.
    Pawels Auto ist peinlich sauber geputzt. Am Rückspiegel baumeln drei Wunderbäume, Marke Zirbenzauber. Sie verströmen ein Waldaroma, das im Hals kratzt.
    »Danke für das Buch«, sage ich.
    Pawel wirft mir einen Seitenblick zu. »Ich war mir nicht sicher, ob du dich darüber freust.«
    »Aber ja«, sage ich. »Es hat mein

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