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Süden und das Geheimnis der Königin

Süden und das Geheimnis der Königin

Titel: Süden und das Geheimnis der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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fixierte das leere Glas. Vielleicht wünschte er, er wäre Jesus oder wenigstens David Copperfield und könnte Luft in Gerstensaft verwandeln.
    »Was genau?«, sagte ich.
    »Lissi! Bring mir noch eins!«
    Es war nicht klar, ob sie ihn gehört hatte oder nicht hören wollte. Mit einem Tablett voll leerer Gläser eilte sie an uns vorbei und spülte sie an der Theke aus.
    »Ich schreib Gedichte für Leut«, sagte er. Martin und ich staunten ein wenig vor uns hin.
    »Ich inserier, dass ich denen was schreib«, sagte Sturm.
    »Zum Geburtstag oder zu sonst was, so Reimgedichte, die mach ich, und dafür krieg ich ein Geld, ein paar Euro, da könnt ihr mir nix anhängen, das ist der zweite Arbeitsmarkt, sonst nix, echt.«
    »Was für ein zweiter Arbeitsmarkt?«, fragte Martin.
    »Der private halt«, sagte Sturm.
    »Arbeitest du nicht mehr als Kellner?«, fragte ich.
    »Ich bin lieber selber besoffen«, sagte er.
    Im Kellerrestaurant »Lamm’s« spielte eine Band. Fast alle Tische waren besetzt. Je später es wurde, desto mehr Gäste kamen. Das Restaurant hatte bis morgens geöffnet, der ideale Treffpunkt für Schlaf und Taglose.
    »Lüngerl?«, fragte Martin. Er sprach mehr zu sich selbst. Wir saßen an einem Tisch bei der Treppe, einem für Klaustrophobiker gerade noch erträglichen Platz.
    »Esterer.«
    Wie hingebeamt stand plötzlich der Wirt vor uns, ein Mann Mitte fünfzig in einem dunklen Anzug mit Fliege.
    »Grüß Gott«, sagte Martin. Ich zeigte ihm meinen Ausweis.
    »Vermisstenstelle hatten wir noch nie«, sagte Esterer.
    »Wollen S’ was trinken?«
    »Unbedingt.«
    »Zwei Helle – und einen Averna für mich«, sagte Martin.
    »Bring ich Ihnen«, sagte Esterer und ging. Ich entschied mich für Fleischpflanzerl mit Kartoffelsalat, fünf Euro neunzig. Martin nahm das saure Lüngerl mit Semmelknödel, fünf Euro sechzig. In diesem Lokal schienen die Preise nach der Währungsumstellung weniger drastisch gestiegen zu sein als in anderen Gasthäusern.
    »Gedichteschreiber!«, sagte Martin und zündete sich eine Zigarette an.
    Der Wirt kam an den Tisch, begleitet von einer Bedienung, die auf einem Tablett die Getränke brachte.
    Esterer trank schwarzen Kaffee. Wir bestellten das Essen.
    »Kennen Sie diesen Mann?« Ich legte das Foto des Toten auf den Tisch. Esterer betrachtete es intensiv.
    »Kann sein«, sagte er.
    »Kann sein. Sieht ziemlich fertig aus, eingefallen, mager…«
    »Ja«, sagte ich.
    »Sein Name soll Franz sein«, sagte Martin.
    »Ja«, sagte Esterer.
    »Franz. Ja. Ja, ja. Das könnte er sein.«
    »Wissen Sie seinen Nachnamen?«, fragte ich.
    »Nein.«
    »Erinnern Sie sich an Ihren Kellner Ewald Sturm?«
    »Wolfi! Natürlich. Was ist mit dem?«
    »Diese beiden…«, sagte ich und zeigte auf das Foto, »… kannten sich. Wir versuchen nur herauszufinden, wie der Tote hieß.«
    »Geben S’ doch eine Anzeige auf!«, sagte Esterer.
    »Lassen S’ das Bild in der Zeitung drucken, dann wird sich schon jemand melden.«
    »Das machen wir«, sagte Martin.
    »Wann hat der Wolfi bei Ihnen gearbeitet?«, fragte ich.
    »Da müsst ich nachschauen, ist Jahre her, er ist dann nach Sendling in eine Wirtschaft, hab ich vergessen…«
    »›Bärenwirt‹«, sagte ich.
    ›»Bärenwirt‹. Kann sein. Kann sein. Er ist nicht mehr hergekommen, der Wolfi. Wie geht’s ihm?«
    »Nicht besonders«, sagte Martin. Er hatte sein Bier schon ausgetrunken und ich ahnte, er würde anschließend noch auf Tour gehen.
    »Sauft er wieder recht«, sagte Esterer.
    »Ja«, sagte ich.
    »Der hat früher schon getrunken. Nicht in der Arbeit. Er war ein zuverlässiger Kellner, ich hab ihn gern gehabt, die Gäste mochten ihn auch. Er hat ein Gespür für die Leut gehabt, das ist gut. Er war jung, er hat ein Talent zum Bedienen gehabt, ich hätt ihn gern behalten. Gesoffen hat er nur, wenn er frei gehabt hat. Ich glaub, der hat nicht gewusst, was er mit sich anfangen soll, so einer war das.«
    »Hatte er eine Freundin?«, fragte ich.
    »Dauernd irgendwelche«, sagte Esterer.
    »Er war ein Charmeur, die Damenwelt hat das geschätzt.« Die Bedienung brachte unser Essen.
    »Das Lüngerl?«
    Martin hob den Finger wie ein Schüler, der sich meldet.
    »Noch ein Bier, der Herr?«
    »Zwei«, sagte Martin.
    »Sie auch eins?«, fragte mich die Bedienung.
    Für einen Moment hatte ich es tatsächlich für möglich gehalten, dass sich Martin gleich zwei Biere bestellte.
    Ich sagte: »Das zweite ist für mich.« Die Bedienung, eine Frau um die sechzig, verzog

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