Süden und das Gelöbnis des gefallenen Engels
ergeben. Elke war, glaub ich, mal dort.«
»Ist Elke eine von Ihnen?«, fragte ich.
»Nein«, sagte Sina.
»Kommt sie heut noch?«
Sina sagte: »Das weiß man bei der nie. Die kommt nur so vorbei, sie ist… sie ist schon siebenundzwanzig, sie hat einen Job, manchmal wenigstens… Und sie nimmt auch keinen Rat an…«
»Was für einen Rat?«, fragte ich.
»Zum Beispiel, was den Umgang mit Männern betrifft.« Wir redeten noch über andere Frauen, die Grauke vom Sehen kannten, aber noch nie in seiner Werkstatt waren, dann verabschiedete ich mich.
Es war fast dunkel. Vielleicht zweiundzwanzig Grad warm. Ich kam am Haus der Graukes vorbei, an der Werkstatt. Ich stellte mich vor die Tür und spürte einen kühlen Hauch, der durch das Blechrollo, durch die Scheibe, aus dem Innern des dunklen Kabuffs drang. Ich lehnte meine Stirn gegen das Rollo.
»Probleme?«
Ich drehte mich um. Im ersten Augenblick dachte ich, es sei Martin.
»Servus!«, sagte ich.
Klausi nickte. Er hatte die gleiche klapprige Gestalt wie Martin und eine ähnlich farblose Jacke an.
»Ich geh ins Stüberl, kommst mit?«
Wir gingen hin. Er torkelte, bemühte sich aber um einen aufrechten Gang.
Eine junge Frau, die Susi hieß, beschimpfte einen jungen Mann mit Brille, der Peter hieß und den sie ununterbrochen beim Namen nannte. Es ging um ihren Freund, der auch Peters Freund war und offenbar eifersüchtig auf Peter war, obwohl Susi ihm keinen Grund dafür gab, auch wenn er, Peter, sie ständig anmachen würde, was Peter abstritt. Meiner Meinung nach, überzeugend. Ich saß am Tresen, Klausi an seinem Fensterplatz. Er trank Weißbier, ich Helles. Drei Striche waren schon auf meinem Deckel.
»Oft war die nicht hier«, sagte Alex und trank Spezi. Im Gegensatz zu mir schien er Susis Keifen nicht einmal von ferne zu hören. Dabei stand sie direkt neben uns.
»Kam sie mit ihrer Schwester?«, fragte ich.
»Was hastn du gemacht, als ich aus der Dusche gekommen bin, hm?«, sagte Susi.
»Die Paula«, sagte Alex. »Glaub schon, ja, mit ihrer Schwester, der Lotte, die ist ja nett. Die Paula macht immer rum, nörgelt leicht…«
»Gar nix«, sagte Peter, »ich hab den Winnie angerufen und ihm gesagt, er soll herkommen…«
»Der Grauke war aber nie dabei«, sagte ich.
»Der kommt allein«, sagte Alex. Er schaute zu Klausi, nickte und holte eine neue Flasche Weißbier aus dem Kühlschrank. »Der trinkt nicht in Gesellschaft, der Max, der stellt sich hier hin, bestellt seine drei bis vier Bier, trinkt die und geht wieder. Was soll der auch groß reden, der erlebt ja nichts, sitzt in seiner Werkstatt und fertig.« Er hatte das Bier eingeschenkt und brachte es Klausi.
»Der Winnie ist so blöd und gibt dir unsern Schlüssel«, sagte Susi, »und du übernachtest bei uns, wenn er nicht da ist…«
»Ich hab dich vorher gefragt!«, sagte Peter.
»Und was war, als ich aus der Dusche gekommen bin in der Früh? Was war da?«
»Nix war da!«, sagte Peter. »Ich hab den Winnie angerufen und dann bin ich gegangen.«
»Du lügst, weißt du das? Du bist ein Lügner, Peter, du lügst nur rum, du lügst sogar deinen besten Freund an.«
»Hör auf, Susi, lass mich in Ruhe, ich hab dir nix getan…«
»Magst noch eins?«, fragte Alex Susi.
»Was meinst du, von wem ich die blauen Flecken hab? Ha? Was, Peter? Was ist? Du weißt genau, der vertragt nix, der Winnie, das weißt du genau, und trotzdem gehst du mit ihm immer zum Saufen.«
»Magst noch eins?«, fragte Alex wieder.
Susi ignorierte ihn. »Weißt du, wie viel Geld der im Monat aufn Kopf haut, Peter? Der vertragt nix, und das weißt du genau!«
»Lass mich in Ruhe!«
»Noch eins?« Diesmal meinte Alex mich. Ich nickte.
»Ich trink aus der Flasche«, sagte ich.
»Bei mir nicht«, sagte Alex. Er schenkte ein, machte den Strich, zündete sich eine Zigarette an.
»Und der ist so gutmütig und gibt dir auch noch unsern Schlüssel!«, sagte Susi laut und dann schwieg sie abrupt. Ungestört sang Tina Turner »Nutbush City Limits«.
Dann fing Susi wieder an. »Du bist echt das Letzte, Peter, du kommst zu mir in die Wohnung, wenn der Winnie nicht da ist…«
»Hab ich dir was getan?«, sagte Peter. »Hab ich dir was getan? Hab ich dir was getan…«
Er wiederholte die Frage noch ungefähr vierzehnmal, und ich setzte mich zu Klausi. Der lud mich zu einem Obstler ein.
»Es ist ganz klar ein Unterschied, ob die Taliban da in Afghanistan ein Weltkulturgut zerstören oder ob die Russen unsere Beutekunst
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