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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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ich hier total mega-umsonst?« Sie stand so nah vor mir, dass die Schnalle ihres Ledergürtels meinen Bauch berührte.
    »Du warst nicht umsonst hier, deine Aussagen sind sehr wichtig gewesen.«
    Sie schubste mich beiseite und tänzelte zur Treppe, dort drehte sich noch einmal um. »Wenn du sie findest, sag danke von mir, kapiert, das?«
    »Wofür soll ich ihr danke sagen?«
    »Für das Geschenk, für was sonst?« An das Geländer gelehnt, stieg sie die Stufen hinunter, begleitet vom Klacken der Knöpfe ihrer Jeansjacke, die gegen die dünnen Metallstangen schlugen. »Sie hat mir den Gürtel geschenkt, weil Weihnachten war. Und sie hat mir sogar eine neue Jacke versprochen.« Sie war bereits um die Biegung verschwunden, beugte sich aber noch einmal rücklings übers Geländer und streckte den Kopf herauf. »Aber nur, wenn ich mich besser, hat sie gesagt. Ich hab schon eine neue Jacke, hier! Hab ich mich gebessert?«
    »Vielleicht«, sagte ich.
    Ihr Kopf verschwand aus meinem Blickfeld, und ich hörte nur noch das Klacken der Knöpfe .
    »Schönen Feierabend, Süden!«, rief Tanja von unten .
    »Sonja Feyerabend«, hörte ich kurz darauf eine Stimme, als ich zurückkam.
    Gabelsberger verbeugte sich, als er meiner Freundin und Kollegin die Hand gab, und drückte die Krawatte an die Brust. Seit Mittag hatte Sonja Vernehmungen im Fall der verschwundenen rumänischen Kinder und des Ehepaares durchgeführt. Thon hatte darauf bestanden, dass eine Kommissarin und kein Mann aus der Sonderkommission mit zwei Zeuginnen redete, die von Kollegen der Bahnpolizei vorübergehend festgenommen worden waren, weil sie keinen Ausweis bei sich trugen, nur Notizen in – wie ein Übersetzer bald bestätigte – rumänischer Sprache. Auf einem Zettel stand der Name eines der Mädchen, nach denen wir fahndeten .
    Auch mir gab Sonja die Hand, aber ich verbeugte mich nicht, sondern küsste sie auf die Wange, was Gabelsberger veranlasste, den Kopf wegzudrehen. Mit einer entschiedenen Geste wies Sonja mich zurück. Ich wusste dass ihr die Übernähe meiner Begrüßung nicht gefiel, aber ich hatte zu spät darüber nachgedacht. Eigentlich hatte ich überhaupt nicht mehr an das vergangene Wochenende gedacht. Zu intensiv war ich damit beschäftigt, die Stimmen um die leere Stelle der Babette Halmar zu ordnen und zu unterscheiden, die Echos nachklingen zu lassen und mir die dazugehörenden Gesichter jener Personen vorzustellen, mit denen sie unter falschem Namen ihr Leben verbracht hatte.
    Noch hatte ich keine Gelegenheit, Sonja von den jüngsten Ereignissen zu erzählen, zuerst schuldete mir Konstantin Gabelsberger noch ein paar Antworten .
    »Am Bahnhof getroffen?«, sagte er, nachdem ich ihn gebeten hatte, sich wieder zu setzen. Sonja nahm neben ihm an der Längsseite des Tisches Platz, legte ihre Mütze neben sich auf den Stuhl und behielt den Mantel an. Ich blieb stehen.
    »Der Inhaber des griechischen Imbissladens hat Sie gesehen«, sagte ich .
    »Niko?«
    »Niko«, sagte ich. »Warum haben Sie uns angelogen, Herr Gabelsberger?«
    »Ich hab nicht gelogen!«, sagte er und stieß aus Versehen den Pappbecher um. »Entschuldigung«, sagte er und stellte ihn auf.
    »Möchten Sie noch etwas trinken?«, sagte Sonja Feyerabend.
    Zu verwirrt, um ihr zu antworten, zupfte er an seiner Krawatte und schaute mich mit einem Ausdruck erbarmungswürdiger Hilflosigkeit an, fast flehend. »Ich hab halt wissen wollen, warum sie keine Zeit für mich hat . Auf einmal. Sie hat gesagt, sie hat zu tun. Ja, ich hab Sie angelogen. Entschuldigung.« Er senkte den Kopf. »Entschuldigung.«
    So verliefen die Vernehmungen in Vermisstenfällen fast immer. Am Anfang gingen die Worte in Aufgeregtheit und hektischem Erklärungseifer unter. Nach und nach breitete sich eine eigentümliche Unwissenheit und Abwehrhaltung unter den Angehörigen und Bekannten aus, manchmal gepaart mit taktischem Getue wie den leicht zu durchschauenden Behauptungen, alles sei wie immer gewesen, der Vermisste habe keinerlei Anzeichen von Veränderung erkennen lassen und auch sonst sei nichts passiert, was eine derart drastische Entscheidung ausgelöst haben könnte. Und nach kurzer Zeit befanden wir uns in einem Labyrinth aus Lügen und Legenden, deren Erzähler zu immer neuen, fabelhaften Ausschmückungen neigten, entweder, weil sie unter allen Umständen ein für sie peinliches Familiengeheimnis hüten wollten, oder weil sie sich schuldig fühlten oder alles daransetzten, ihr Wissen aus welchen

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