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Süden und der Luftgitarrist

Süden und der Luftgitarrist

Titel: Süden und der Luftgitarrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Handy«, sagte ich.
    Er zeigte mit dem Weißbierglas auf mich. »Hast du mir verschwiegen, dass du von der Bolizei bist?«
    »Er hat es dir verschwiegen«, sagte ich und zeigte mit meinem Bierglas auf Martin.
    »Stimmt«, sagte Martin und zeigte mit seinem Glas auf Herbert.
    Ich sagte: »Darf ich das Handy mal sehen?«
    »Wieso?«
    Um uns herum waren die Gespräche leiser geworden, nebenan hatte Niki ihre Freundinnen auf uns aufmerksam gemacht, nur Donovan sang ungerührt weiter von seinem verdammten Atlantis.
    »Wieso?«, sagte ich.
    »Ja, wieso?«, sagte Herbert. »Das Handy hat der mir geschenkt, den Chip zahl ich selber, frag ihn doch. Jetzt frag ihn doch!«
    »Mache ich«, sagte ich. »Wann hat er dir das Handy geschenkt?«
    »Zu Weihnachten.«
    »Jetzt kommen schon Bolizisten hier rein«, sagte ein Mann im Hintergrund.
    »Wann genau?«, sagte ich.
    »Geht dich das was an?«, sagte Herbert.
    »Ja«, sagte ich.
    Er glotzte mich an, trank und wischte sich den Schaum mit dem Ärmel seines Anoraks ab.
    »Aladin ist verschwunden«, sagte ich. »Seine Mutter hat ihn als vermisst gemeldet. Du bist ein wichtiger Zeuge, kapierst du das nicht?«
    »Echt verschwunden, wieso?«, sagte er.
    »Weißt du’s?«, sagte Martin und in der nächsten Minute hatte er sein Glas geleert, was unsere Beobachter mit einem anerkennenden Nicken quittierten.
    »Der Bolizist hat noch Durst, Niki!«, rief einer der Männer.
    »Hast du Aladin nach Weihnachten nochmal gesehen?«, sagte ich.
    »Hab ich nicht.«
    »Sicher?«
    »Glaubst du, ich spinn?«
    Auf meinem karierten Spiralblock machte ich mir Notizen, und jeder, dessen Augen noch halbwegs funktionierten, sah mir dabei zu.
    »Haben Sie gestern oder heute mit dem Mann auf dem anderen Foto gesprochen?«, fragte ich Niki, die Martin ein frisches Bier in die Hand drückte.
    »Ich bin die Niki«, sagte sie. »Das ist der Bruder, oder? Ja, hab ich, ich hab mit dem gesprochen, er hat mich gefragt, wann ich seinen Bruder zum letzten Mal gesehen hab. Ich hab gesagt, ich glaub an Weihnachten, danach nicht mehr, sicher nicht. Oder, Herbert?«
    Herbert trank Weißbier.
    »Wissen Sie, in welche Kneipen er noch ging?«, sagte ich.
    »Bei der Gretl war er oft.«
    »Und sonst?«
    »Geredet hat der nicht viel«, sagte Niki. »Dem gehts nicht gut, ich glaub, der hat immer Schmerzen, er sagt das nicht, aber ich hab ein Auge für Leute. Das ist doch ein Wrack, der Aladin, die Ärzte haben den zerlegt und falsch zusammengenagelt, das hab ich immer wieder gesagt, oder, Herbert? Der ist fünf Minuten gesessen, dann hat er aufstehen müssen, weil ihm der Rücken wehgetan hat. Dann ist er eine Stunde gestanden, dann hat er sich hinsetzen müssen, weil seine Beine nicht mehr mitgemacht haben, die Knie, die Gelenke, alles. Eine arme Kreatur ist das, eine ganz arme Kreatur.«
    »Das ist jetzt auch eine Übertreibung, was du sagst.«
    Ich schaute mich um. Der Senf stammte vom glatzköpfigen Paule. »So schlimm war’s nicht«, sagte er und zuckte mit dem Kopf. »Er ist halt lädiert, so was passiert, manche verkraften das nicht, auf dem Fußballplatz, das ist beinhart da.«
    »Beinhart ist gut gesagt«, sagte einer der Kommentatoren, der eine grüne Lodenjacke trug.
    »Kann ich das Handy jetzt mal sehen«, sagte ich.
    »Jetzt gibs ihm halt!«, sagte Niki. Und Herbert gehorchte seiner Wirtin. Im Handy war keine einzige Nummer gespeichert.
    »Hat dich der Edward öfter angerufen?«, sagte ich.
    »Wer?«
    »Der Bruder von Aladin.«
    »Ich hab das Telefon immer ausgeschaltet, ich schalts nur ein, wenn ich selber telefonieren will, ich brauch keine Anrufe, verstehst du?«
    »Vorhin war es an«, sagte ich.
    »Weil ich eine Sekunde vorher meine Freundin angerufen hab.«
    »Wo außer in Kneipen ist Aladin noch hingegangen, Niki?«, sagte ich.
    »Ich glaub, er hat Essen geschnorrt«, sagte sie. »Da gibts ja Vereine, die kümmern sich um Obdachlose und so Leute, da war der Aladin auch. Er hats mal erwähnt, aber es war ihm peinlich, das weiß ich noch.«
    Ich schrieb meine Nummer auf einen Zettel und bat sie, sofort anzurufen, falls Aladin oder sein Bruder auftauchen sollten.
    Vor der Tür zündete sich Martin eine Zigarette an, und ich legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Luft war feucht und im Vergleich zu den vergangenen Wochen mild.
    »Sieht nicht gut aus«, sagte Martin.
    »Nein«, sagte ich mit geschlossenen Augen.
    »Merkwürdige Frau«, sagte Martin. »Obwohl er

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