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Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel

Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel

Titel: Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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des Glases hinweg sah er zu mir, verharrte und stellte das Glas ab. »Sie merken, ich weich Ihrer Frage aus, der Frage, die Sie bisher nur andeutungsweise gestellt haben. Ich weich Ihnen aus, weil ich mir selber ausweichen will. Aber das geht nicht, das klappt letztendlich niemals.«
    »Nie«, sagte ich .
    »Versuchen wir es also«, sagte Ferenz.
     
    »Ich gehe nicht an die Öffentlichkeit«, sagte ich .
    »Nehmen keine Journalisten mehr an einer Pressekonferenz teil?« Mürrisch und missgestimmt leckte Martin den Schaum von seinem frischen Bier und trank, den Kopf nach vorn über den Tisch gebeugt .
    »Ich werde nichts sagen.«
    »Mal was Neues.«
    Ich schwieg.
    »Wusste die Tochter Bescheid?«, sagte Martin .
    »Nicht über das Testament.«
    »Und Ferenz?«
    Ich sah wieder auf die Uhr über den Toilettentüren. Kurz vor vier.
    »Ich werde ihn fragen«, sagte ich. »Ich gehe jetzt, bevor Reporter hier auftauchen.«
    »Ein Wunder, dass noch keiner da ist.« Martin stand auf, steckte die Zigarettenpackung und die Streichhölzer in die Jackentasche und trank. »Ich komm mit.« Er schnaufte und wischte sich mit dem Arm über die Stirn. »Ich muss meine Kiste holen.«
    Draußen in der breiigen Luft, im zwecklosen Schatten einer Kastanie, sagte ich: »Wenn ich heute früh mit dir und den Kollegen mitgefahren wäre, hätte ich jetzt frei.«
    »Du hast nie frei«, sagte Martin.
    »Lotte Feininger ist morgens um fünf an den See gefahren, um die Stelle zu sehen, an der es passiert ist, die er in seinem Testament beschrieben hat«, sagte ich. »Und da stehe ich, sie kennt meinen Namen. Und dann beschließe ich, mich nicht einzumischen, ein für allemal, und dann fordert sie mich auf, sie zu begleiten. Sie schiebt ihr Fahrrad, und ich gehe neben ihr und weiß, dass ich keine Möglichkeit mehr habe, der Geschichte zu entrinnen. Als wäre der Weg von Sissis Kneipe zum See extra für mich markiert worden. So, als würde nicht ich den Verschwundenen, sondern die Verschwundenen mir hinterherlaufen, auch die, für die ich nicht zuständig bin.«
    »Auch schon gemerkt?«, sagte Martin. »Ich fahr auf dem Rückweg beim Feuerwehrhaus vorbei und hol dich ab. Auf einen mehr, der dir hinterherläuft, kommts nicht an.«
    »Diesmal läuft dir die Verschwundene nicht hinterher«, sagte Martin. »Und das, obwohl wir wissen, wer für ihr Verschwinden verantwortlich ist.«
    »Ja«, sagte ich. Manchmal, nachts, war ich kurz davor, Anatol Ferenz anzurufen, nur um ihn zu fragen, ob er eine Erklärung dafür hatte, warum so etwas geschah .
    Stattdessen trommelte ich auf die Bongos ein. Oder tauchte in Sonjas Umarmung unter. Oder blickte um fünf Uhr morgens von der Reichenbachbrücke über den grün schimmernden Fluss, in der Nähe jenes Kiosks, an dem ein Mann namens Bogdan bei einem früheren Fall ein Beweisstück, eine Reisetasche, für mich abgegeben hatte und ich wieder einmal zu spät zur Stelle war, um ihn zu treffen. Und ich verpasste sogar eine weitere Chance. Als ich von Lieselotte Feininger zurückkam und den Kollegen Marienfeld über die ungeheuerliche Wendung im Fall Anna Jagoda informieren wollte, bat ich um einen Termin in der Soko. Ich musste mit dem festgenommenen Stadtstreicher Bogdan sprechen. Doch dann rief Marienfeld zurück und teilte mir mit, er werde sofort nach Taging kommen, begleitet von zehn Spurensicherern und den Kollegen der Soko, um gemeinsam mit mir ein zweites Gespräch mit der Zeugin zu führen. Mehrere Stunden vergingen, und bei meinem nächsten Anruf in der Inspektion, in der Bogdan festsaß, erfuhr ich, dass der Stadtstreicher auf Veranlassung des Staatsanwalts bereits auf freien Fuß gesetzt worden war. Wo er sich aufhielt, wusste niemand. Wie immer .
    Wo Lucia Simon sich aufhielt, wusste jemand, und ich war unfähig, diesen Talhoff zum Sprechen zu bringen .
    Tagelang, wochenlang, monatelang. Der Sommer verblühte, die graue Zeit begann, es regnete häufig, die Stadt wurde schmierig, ein gieriger Wind fraß die Farben des Oktobers von den Bäumen .
    Und wir hielten unsere Funzeln ins Dunkel. Und in der Ecke hockte Henrik Talhoff und machte ein fettes Gesicht.
    In den Zeitungen war zu lesen, der Staatssekretär des Innenministers fordere die Absetzung von Karl Funkel als Leiter der Sonderkommission und die von mir, weil ich »hauptverantwortlich« für das völlige Scheitern der Vernehmungen sei.
    Noch in diesem Winter sollte der Prozess gegen Talhoff beginnen. Bei einer Verurteilung wegen erpresserischen Men

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