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Süden und der Straßenbahntrinker

Süden und der Straßenbahntrinker

Titel: Süden und der Straßenbahntrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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was zu fragen hätte, sollte ich mitfahren, er sei in der Innenstadt verabredet.
    Ich war ihm unglaublich lästig.
    Immerhin kannte er Jeremias Holzapfel nicht nur dem Namen nach, sondern auch persönlich. Allerdings hatte er ihn nur ein einziges Mal gesehen, eher zufällig in einem bestimmten Lokal.
    »Er und seine Frau sind früher da hingegangen«, sagte er und sah aus dem Fenster. Ich saß wie gewohnt auf der Rückbank, er auf dem Beifahrersitz. »Wenn ich das vorher gewusst hätte, wär ich mit ihr da nicht hin, garantiert nicht! So abgenutzte Plätze mag ich nicht.«
    »Sie sind mit Frau Holzapfel verheiratet?«
    »Nein.« Er schwieg.
    Ich hatte mich hinter den Fahrer gesetzt, um Schulze ins Gesicht sehen zu können. Aber er drehte sich kein einziges Mal zu mir um.
    »Haben Sie Herrn Holzapfel als vermisst gemeldet?«, fragte ich.
    Nach einer Weile ließ er sich zu einer Antwort herab. »Ich kenn den Mann nicht, muss ich das wiederholen? Und meine Lebensgefährtin hat keinen Kontakt mehr zu ihm, schon seit Jahren nicht. Ob der vermisst wird oder nicht, ist uns wurscht.« Er wandte sich an den Fahrer. »Können wir etwas schneller fahren, ich habs eilig.«
    »Ich hab den Stau nicht bestellt«, sagte der Fahrer.
    Entlang der Schellingstraße parkten Autos auf beiden Seiten in der zweiten Reihe, ein Linienbus kam nicht durch, der Fahrer hupte ununterbrochen, und an den Kreuzungen blockierten sich die Fahrzeuge gegenseitig. Es war Samstag Mittag, die Sonne schien, ein ungewöhnlich warmer Tag. Und ich hatte Urlaub und führte Befragungen in einer Vermisstensache durch, die keine war.
    Ein paar Fragen musste ich noch abhaken, aus reiner Selbstachtung.
    »Warum steht der Name Holzapfel an der Wohnung auf der Theresienhöhe?«
    »Die Wohnung gehört meiner Lebensgefährtin«, sagte er und gestikulierte wütend mit den Händen, weil das Taxi nicht vorankam.
    »Aber Sie haben den Mietvertrag ebenfalls unterschrieben und Ihre Adresse angegeben.«
    »Sie hat mich beauftragt, ich bin Makler von Beruf.«
    »Warum der Name an der Tür? Was hat Frau Holzapfel davon?«
    »Sie wollte es so. Und die Mieterin hat es freundlicherweise akzeptiert.«
    »Die Mieterin sagte mir, es geht um eine Steuersache.«
    »Woher will die das wissen? Die weiß gar nichts. Die wohnt da preiswert und soll den Mund halten.«
    »Jeremias Holzapfel ist unter dieser Adresse gemeldet, wie ist das möglich?«
    »Keine Ahnung.«
    Zur Abwechslung war Grün, und wir erreichten die Ludwigstraße, von der wir auf den Altstadtring abbogen. Mehrmals sah Bernhard Schulze demonstrativ auf seine goldene Armbanduhr.
    »Welchen Beruf hat Herr Holzapfel?«
    »Haben Sie ihn nicht gefragt?«
    »Nein«, sagte ich. Natürlich hatten meine Kollegen ihn danach gefragt, doch er hatte ihnen keine Antwort gegeben.
    »Er ist Schauspieler«, sagte Schulze. »Kein richtiger Schauspieler, mehr so ein gescheiterter Schauspieler, einer, der beim Radio arbeitet, wo ihn kein Mensch sieht. Er hats zu nichts gebracht. Mehr weiß ich nicht, ich hab Clarissa nicht nach ihm gefragt, sie war froh, dass sie ihn los war, so viel steht fest. Wieso fährt der da vorn nicht weiter?«
    »Er kennt sich nicht aus«, sagte der Taxifahrer. Schulze winkte ab.
    »Wann haben sich die beiden getrennt?«, fragte ich.
    Wieder wartete Schulze ungefähr eine Minute mit seiner Antwort. »Keine Ahnung.«
    »Und wie lange sind Sie und Frau Holzapfel zusammen?«
    Er hob den Kopf und starrte geradeaus durch die Windschutzscheibe.
    »Bei allem Respekt, Herr… bei allem Respekt, das geht Sie nichts an. Wir haben mit diesem Mann nichts zu tun, das ist vorbei, meine Lebensgefährtin ist ordentlich geschieden, und ich hab Ihnen schon gesagt, sie hat keinen Kontakt mehr mit ihm. Und ehrlich gesagt, find ich es extrem unangenehm, dass Sie an einem Samstag bei mir aufkreuzen, um mich über den Exmann meiner Frau zu verhören, der, soweit ich das verstanden hab, nicht mal was angestellt hat. Hab ich doch richtig verstanden?«
    Er deutete mit dem Zeigefinger nach vorn.
    »Ich steig an der Ecke aus.«
    Das Taxi bog in die Maximilianstraße ein und hielt. Wir stiegen aus.
    Schulze bezahlte und zog sein kariertes Sakko aus.
    »Auf Wiedersehen«, sagte er.
    »Wiedersehen«, sagte ich.
    An den Tischen vor dem »Roma« drängten sich hübsche Menschen in Markenkleidern, und ich sah ihnen eine Zeit lang zu, wie sie sich auf die Wangen küssten, ihre Handys und Autoschlüssel vor sich hinlegten und zurückgelehnt dem Kellner

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