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Süden und der Straßenbahntrinker

Süden und der Straßenbahntrinker

Titel: Süden und der Straßenbahntrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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hatte. Ich klingelte. Mit dem Ohr an der Tür horchte ich. Schritte. Dann klopfte ich mit der Faust gegen die Tür.
    »Kriminalpolizei. Mein Name ist Tabor Süden. Ich bin wegen einer Befragung hier. Dauert nur ein paar Minuten.«
    Stille. Eine Tür am Ende des Flurs ging auf und ein Mann in einem weißen Unterhemd und einer frisch gebügelten Hose trat heraus.
    »Was ist?«, fragte er schnittig.
    »Polizei«, sagte ich. »Kennen Sie die Mieter in dieser Wohnung?«
    »Ausweis!«, sagte der Mann.
    Ich klopfte wieder, ohne mich weiter um ihn zu kümmern. Der Mann verschwand, ließ die Tür aber offen.
    »Bitte machen Sie auf!«, rief ich. »Ich muss mit Ihnen über Herrn Holzapfel sprechen.«
    Wieder waren leise Schritte zu hören. Und dann ein anderes Geräusch. Ich drehte den Kopf.
    Der Mann im Unterhemd hielt eine Pistole in der einen und ein Plastikteil in der anderen Hand. Ich sah genauer hin: ein Dienstausweis der Grünen, meiner uniformierten Kollegen.
    »Und jetzt obacht! Ausweis, aber schnell!«, blaffte der Mann.
    Vorsichtig zog ich meinen blauen Ausweis aus der Lederjacke.
    »Können Sie ihn erkennen?«, fragte ich.
    Der Mann machte einen Schritt auf mich zu. Die Waffe hatte er entsichert, er hielt sie auf mein Gesicht gerichtet. Mein Taxifahrer von vorhin wäre sehr zufrieden mit ihm gewesen.
    »Alles klar, Kollege«, sagte der Mann. Irgendwie enttäuscht ließ er den Arm sinken. »Hier tauchen öfter üble Typen auf. Sie kennen ja die Gegend, Westend, ein Haufen Gschwerl…«
    »Kennen Sie den Herrn Holzapfel?«, fragte ich.
    »Nö. Da wohnt eine Frau, glaub ich. Junge Frau, glaub ich. Sollen wir reingehen?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Die Tür öffnen, mein ich, reingehen.«
    »Nein«, sagte ich und klingelte nochmals.
    Der Kollege mit der Pistole schmatzte und kam noch einen Schritt näher.
    Hinter der Tür klirrte ein Schlüsselbund. Jemand sperrte auf. Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet. Ich sah die Hälfte eines Frauengesichts.
    »Grüß Gott, ich bin Tabor Süden.« Ich hielt meinen Ausweis hoch. »Darf ich einen Moment reinkommen, es ist wichtig.«
    »Warum?«, fragte die Frau. Ihre Stimme klang jugendlich.
    »Das möchte ich mit Ihnen allein besprechen.«
    »Ich bin allein«, sagte sie. Ich sagte: »Aber ich nicht.« Sie streckte den Kopf heraus.
    »Oje«, sagte sie.
    Sie machte die Tür weiter auf und ließ mich eintreten. Hinter mir sperrte sie sofort wieder ab.
    »Wie heißen Sie?«, fragte ich.
    »Silvia Bast.«
    »An der Tür steht Holzapfel.«
    »Ja«, sagte sie. »Der Makler wollte das so.«

3
    E in Holzbett, eine weiße Couch, ein Glastisch vor dem Fenster, darauf Bücher, Papiere und eine gelbe Rose in einer schmalen Vase, auf dem Boden ein Stapel Zeitungen: ein Ein-Zimmer-Appartement ohne besondere Merkmale.
    »Ich studier Betriebswirtschaft«, sagte Silvia.
    Die Balkontür stand offen und wir hörten den Lärm von der Theresienwiese, wo die letzten Aufbauten für das Oktoberfest vonstatten gingen, das in drei Wochen beginnen sollte.
    »Wollen Sie einen Tee?«, fragte Silvia.
    »Nein«, sagte ich.
    Sie trank einen Schluck Wasser aus der Flasche.
    »Ich kenn den Herrn Holzapfel überhaupt nicht«, sagte sie. »Eine Kommilitonin hat mir den Tipp mit dem Zimmer gegeben, ich hab dann angerufen, und die haben mich echt genommen.«
    »Wer hat Sie genommen?«
    »Der Makler.«
    »Erinnern Sie sich an seinen Namen?«
    Sie ging zu einem Holzschrank, der aussah, als wäre er vom selben Schreiner hergestellt worden wie das Bett, und durchsuchte mehrere Fächer voller Papiere.
    »Hier!«, rief sie und zog eine dünne Mappe heraus. Sie blätterte darin. »Bernhard Schulze, so heißt der Makler. Ich wohn jetzt fast ein Jahr hier und ich hab seitdem nichts mehr von ihm gehört. Und von ihr auch nicht, der Frau Holzapfel. Aber ihn kenn ich nicht, den Herrn Holzapfel. Ich überweis die Miete jeden Monat…«
    »Verdienen Sie so viel als Studentin?« Misstrauisch sah sie mich an.
    »Sind Sie von der Steuerfahndung?«, fragte sie.
    »Warum haben Sie mir nicht aufgemacht?«, fragte ich. Sie sagte schnell: »Hab ich doch.«
    Ich drehte mich um und ging auf den Balkon hinaus. Unten, auf dem großen Platz mit den hunderten von Buden und Fahrbetrieben und dem Riesenrad, rangierten Lastwagen, montierten Arbeiter neue Schilder, trugen dunkelhäutige Männer unaufhörlich lange Tische und Bänke in die Bierzelte. Wer in dieser Gegend wohnte, bekam zwei Wochen im Jahr Gaudi brutal geboten. Auch meine

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