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Süden und der Straßenbahntrinker

Süden und der Straßenbahntrinker

Titel: Süden und der Straßenbahntrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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er nicht wenigstens angerufen?
    Zwei Straßen weiter fand ich eine Telefonzelle.
    »Martin?«, sagte ich in den Hörer. Anscheinend hatte ich ihn aufgeweckt. »Wie gehts dir?«
    »Entschuldige«, sagte er. »Ich hab das nicht geschafft, ich wollt nicht in die Wohnung. Ich hätt nicht gewusst, was ich sagen soll.«
    »Das haben wir alle nicht gewusst.«
    »Bleibst du bei ihm?«
    »Nein«, sagte ich. »Er will allein sein.«
    »Das ist nicht gut«, sagte Martin.
    »Sehen wir uns morgen Früh?«
    »Ich hab eine Verabredung mit einem Typ aus der Szene, er kennt angeblich jemanden, der jemanden kennt, der weiß, wo die Mädchen stecken.«
    »Machst du das allein?«, fragte ich.
    »Du bist ja im Urlaub«, sagte er.
    »Ich kann mitkommen.«
    »Nein. Ist dein Holzapfel schon wieder aufgetaucht?«
    »Nein«, sagte ich.
    Wir verabschiedeten uns.
    Ich hatte die Telefonzelle schon verlassen, als mir wieder einfiel, woran ich im Taxi mit Franziska Hrubesch schon gedacht und das ich dann vergessen hatte. Hastig machte ich kehrt.
    Von der Auskunft ließ ich mir die Nummer des »Hotels Post« in Salzburg geben.
    »Welches Datum?«, fragte die Frau an der Rezeption.
    »Nein, das ist unmöglich festzustellen, nach vier Jahren und wie vielen Monaten, sagten Sie?«
    »Sechs«, sagte ich. »Und der Name sagt Ihnen nichts?«, fragte ich.
    »Tut mir Leid, mein Herr.«
    »Kann ich Ihre Chefin sprechen?«
    »Wissen Sie, wie spät es ist? Es ist fast Mitternacht!«
    »Das weiß ich«, sagte ich. »Ich habe Ihnen gesagt, ich bin Polizist, ich schicke Ihnen gern morgen Früh ein Fax aus dem Dezernat, im Moment bin ich unterwegs…«
    »Bis so spät arbeitet die Gendarmerie nicht, was?«, sagte die Frau. »Ich schau mal, ob die Frau Dr. Prechtl noch da ist. Augenblick…«
    Ich wartete.
    »Prechtl.«
    Ich nannte meinen Namen und fragte sie nach Jeremias Holzapfel. Sie kannte ihn nicht.
    »Wir haben so viele Gäste während des Jahres«, sagte die Direktorin. »Wir speichern die Namen im Computer, aber nach einiger Zeit löschen wir sie, wenn der Gast dann nicht mehr wiedergekommen ist.«
    Ich beschrieb ihr Holzapfels Aussehen. Und seine Kleidung.
    »Das ist interessant«, sagte Frau Prechtl. »So einer war gestern hier, also gestern ist er abgereist, gekommen ist er… warten Sie…«
    Sie fragte ihre Mitarbeiterin.
    Vor der Telefonzelle stand ein älterer Mann mit einem Rauhaardackel. Der Hund schaute zu mir herauf, als flehe er mich an, ihn von einem schweren Schicksal zu erlösen. Ich betrachtete den Mann und hatte Mitleid mit dem Tier.
    »Herr Süden?«, sagte Frau Prechtl. »Der Gast ist vorgestern gekommen, also am Montag, das war der sechste September, und gestern ist er wieder abgereist, am Nachmittag um vier Uhr. Er hatte die Nacht noch gebucht und auch schon bezahlt, aber dann ist er überraschend abgereist.«
    »Wie hieß der Mann?«, fragte ich.
    »Hrubesch«, sagte Frau Prechtl. Sie buchstabierte den Namen.
    »Vorname?«
    »Franz. Wohnhaft in München, Theresienhöhe 6 c… Das ist doch da, wo das Oktoberfest ist, stimmts nicht?«
    »Ganz genau«, sagte ich. »Was wollte der Mann in Salzburg?«
    »Das weiß ich nicht, er hatte eine kleine Tasche dabei, eine Umhängetasche. Meine Mitarbeiterin sagt, er hat behauptet, er wär schon mal bei uns gewesen, vor ein paar Jahren.«
    »Ist er zurück nach München?«, fragte ich.
    »Moment…« Sie sprach wieder mit der Frau von der Rezeption.
    Dackel und Herrchen standen immer noch vor der Telefonzelle. Allerdings machte der Mann nicht den Eindruck, als wolle er telefonieren.
    »Herr Süden?«, sagte Frau Prechtl. »Meine Mitarbeiterin meint, ja. Er wollte zurück nach München. Aber sicher ist sie sich nicht. Ist das ein Verbrecher, der Herr?«
    »Nein«, sagte ich. »Auf Wiedersehen!«
    »Wiederschaun, Herr Kommissar!«
    Als ich die Zellentür aufschob, bellte der Dackel.
    »Guten Abend«, sagte der Mann.
    »Guten Abend.«
    »Ich muss dauernd mit ihm raus«, sagte der Mann mit reglosem Gesicht. »Er schläft nicht mehr. Er ist total unruhig. Schauen Sie ihn an! Er zittert. Der Arzt hat nichts festgestellt. Das ist Wahnsinn. Ich bin bei der Post, ich muss jeden Morgen um fünf raus. Und der Xaver macht mich fertig.«
    »Xaver«, sagte ich.
    Der Blick des Hundes war erbarmungswürdig. Vielleicht war er im vorigen Leben eine Gazelle gewesen und begriff nicht, was er angestellt hatte, dass er jetzt als bayerischer Biergartenzwerg dahinvegetieren musste.
    »Hoffentlich muss ich ihn nicht

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