Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Süden und die Frau mit dem harten Kleid

Süden und die Frau mit dem harten Kleid

Titel: Süden und die Frau mit dem harten Kleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
Vom Netzwerk:
überfahren, sie hat gedacht, sie muss sterben, das hat aber nicht gestimmt, hab ich gleich gewusst. Im Krankenhaus hat sie mir lauter Sachen aus ihrem Leben erzählt, auch wer mein Vater ist, dass er ein gescheiterter Künstler ist und so was. Vorher hat mich das nicht interessiert, wer er ist .
    Meine Mama hat immer gesagt, er ist weg, ins Ausland, hat sie sitzen lassen. Stimmt nicht. Sie hat ihn sitzen lassen, sie waren beide jung, zwanzig ungefähr, meine Mama wollt mich unbedingt haben, ihre Entscheidung .
    Sie hat ihm nicht gesagt, dass sie schwanger ist. Sie ist weg, und er hat sich nicht weiter um sie gekümmert .
    Sonst noch Fragen?«
    In bewährter Manier spucktest du die Zigarette auf den Boden, riebst dir über den rasierten Teil des Kopfes und sahst dich um.
    »Ja«, sagte ich. »Hast du jemandem erzählt, dass er dein Vater ist?«
    »Nö.«
    »Und du bist sicher, er hat es nicht gewusst.«
    »Von wem denn? Von meiner Mama garantiert nicht.«
    »Woher wusstest du, wo du ihn findest?«
    Du sagtest: »Von meiner Mama, sie hat ihn mal zufällig in einem Lokal in Schwabing getroffen, vor ein paar Jahren, da hat er ihr gesagt, dass er gerade in eine neue Wohnung gezogen ist, in der Bauerstraße. Da hab ich dann mal bei ihm geklingelt und gesagt, ich mach eine Umfrage über das Lebensgefühl in der Stadt, für eine Illustrierte, er hat gleich eine Stunde drauflosgeredet. So hab ich ihn kennen gelernt, meinen Vater. Danach sind wir in die ›Sieben‹ und von da an haben wir uns regelmäßig getroffen.«
    »Wollte er was von dir?«, fragte ich, und du schriest mich an: »Spinnst du? Hast du eine kranke Phantasie, oder was? Wir waren Freunde …«
    »Du hast gesagt, du bist seine Geliebte«, sagte ich .
    »Na und?« Deine Stimme tobte durch die Dämmerung .
    »Geliebte! Ich bin seine Geliebte! Aber wir vögeln nicht, kapiert? Lass mich in Ruhe, verdammt!«
    Im nächsten Moment bist du davongestapft .
    »Und dein Familienname?«, rief ich dir hinterher. »Ich brauche ihn für mein Protokoll. Außerdem hast du mir nicht die ganze Wahrheit gesagt!«
    Natürlich, dachte ich, hat sie das nicht getan .
    Aber ich täuschte mich, täuschte mich schon wieder in dir .
    »W-o-e-l-k!«, brülltest du, mit dem Rücken zu mir, jeden Buchstaben einzeln, und ich holte meinen kleinen Block hervor und notierte den Namen.
    In großem Abstand folgte ich dir. Du hast es gemerkt, aber es kümmerte dich nicht. Noch Fragen?, hast du mich gefragt, und ich hatte noch viele und wusste, du würdest sie mir nicht beantworten, nicht jetzt, nicht in diesem Park, zu diesem Zeitpunkt.
    Wenigstens hatte ich deinen Namen, und so würde es nicht schwierig sein, in deiner Nähe zu bleiben, um auf diese Weise vielleicht eine konkrete Spur zu deinem Vater zu finden.
    Nein, du hast mir keinen falschen Namen gegeben, du heißt wirklich Liane Woelk und wohnst gemeinsam mit deiner Mutter in der Edeltrautstraße 82 in Neutrudering .
    Doch als ich an diesem Sonntagnachmittag dorthin kam und deine Mutter die Tür öffnete, wusste ich sofort, dass ich nicht auf eine neue Spur stoßen, sondern in einen neuen Abgrund blicken würde .
    Was willst du, Liane? Du musst sprechen, sonst erfrierst du von innen her!

10
    » D as glaube ich nicht, was Sie da behaupten«, sagte Mathilda, »ich glaube Ihnen kein Wort, Sie wollen mich bloß verwirren und mich ärgern.«
    Vergebens hatte ich sie überreden wollen, mit mir in ein Restaurant zu gehen. Sie lehnte es ab, die Wohnung in der Bauerstraße zu verlassen .
    »Aber Sie müssen essen!«
    Ich stand neben dem Bett, in dessen Daunendecke sie sich gewickelt hatte, vollständig bekleidet, sogar ihren Wollmantel hatte sie anbehalten.
    Ihre Augen waren schmale Schlitze, ihre Wangen sahen aus wie aufgequollen, im Zimmer roch es nach Bier, obwohl ich nirgends eine Flasche entdeckte. Wahrscheinlich hatte sie sie weggeräumt, um sich selbst zu belügen.
    Dann wurde mir klar, dass ich sie nicht überzeugen konnte, und ich erzählte ihr von dir .
    »Das ist alles Lüge!«, sagte sie anschließend. »Sie dürfen mich nicht anlügen, Sie sind Polizist.«
    »Warum haben Sie mich angelogen?«, sagte ich .
    Sie senkte den Kopf, ihre bleichen Finger umklammerten die hellblaue Decke, sie hielt sie fest, als fürchte sie, jemand wolle sie wegziehen.
    »Sie haben keinen Kontakt zu Ihrem Bruder«, sagte ich . »Er ruft nie bei Ihnen an, er kümmert sich nicht um Sie, obwohl Sie ihm immer Geld geschickt haben. Sie reden sich alles nur

Weitere Kostenlose Bücher