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Süden und die Frau mit dem harten Kleid

Süden und die Frau mit dem harten Kleid

Titel: Süden und die Frau mit dem harten Kleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Mathilda auf eine Szene aufmerksam, die zeigt, wie der Kurfürst Ferdinand Maria 1664 seine Stadt und sein Land in die Obhut des heiligen Josephs legte .
    »Warum hat er das getan?«, flüsterte sie .
    »Aus Angst vor den Türken«, sagte ich .
    Über dem rechteckigen Altarbild thronen überlebensgroß eine legendäre Ordensschwester der Karmeliter, ein Bruder aus dem Orden von Franz von Assisi und in der Mitte der Schutzpatron. Joseph trägt einen Stab, den er, wie alle unverheirateten Männer, im Tempel bekommen hatte und der zu blühen anfing. »Das bedeutete«, erklärte ich Mathilda, »dass er der auserwählte Ehemann für die Jungfrau war.«
    »Woher wissen Sie das?«, flüsterte sie .
    Ich sagte: »Der Chef unseres Dezernats hat es mir erzählt, er geht jeden Sonntag in diese Kirche.«
    Karl Funkel wohnt nicht weit von Sankt Joseph entfernt, er ist der Einzige im Dezernat, der regelmäßig einen Gottesdienst besucht, und weil wir befreundet sind, fragte ich ihn einmal, ob sich nach dem Unfall, bei dem ihm ein Junkie bei der Festnahme ein Auge ausstieß, sodass er seither eine schwarze Klappe tragen muss, sein Verhältnis zu Gott geändert habe. Nein, hatte Funkel erwidert, ihm sei schon vorher klar gewesen, dass jeder Mensch auf sich allein gestellt sei, ganz gleich, ob er an Gott glaube oder nicht. Erst nach dem Tod bekomme Gott seinen Sinn.
    Ich weiß nicht, Liane.
    »Bestimmt war unser Dezernatsleiter heute auch hier«, sagte ich.
    Nach einer Weile sagte Mathilda: »In der Kirche ist es verboten zu sprechen.«
    »Glauben Sie«, sagte ich, »dieser Gott hat was gegen die Wahrheit?«
    »Glauben Sie an Gott?«
    Ich zögerte, dann sagte ich: »Manchmal. Wenn es mir gut geht.«
    Sie wandte den Blick von der Madonna vor uns auf dem Seitenaltar ab und sah mich an.
    »Ich wollte Sie nicht anlügen«, sagte sie. »Ich hab nur solche Angst gehabt.«
    »Ja«, sagte ich.
    »Und ich hab ja Recht gehabt!«, sagte sie laut. Und sah erschrocken die Madonna an.
    Was Mathilda nicht weiß, ist, dass die Schutzmantelmadonna mit dem goldenen Kleid und dem Jesuskind in den Armen niemanden bestraft, sie hat den Teufel besiegt, der in Gestalt einer Schlange unter ihren Füßen dargestellt ist, hat Mitleid mit jedem, der bei ihr Zuflucht sucht .
    Deshalb breitet sie ihren Mantel aus, und niemand verlässt ungetröstet ihre Nähe.
    »Ihr Bruder ist tatsächlich verschwunden«, sagte ich . »Und Sie haben es geahnt.«
    »Nein«, sagte sie und senkte den Kopf. Die Hände hatte sie im Schoß gefaltet und die Augen geschlossen. »Ich hab es nicht geahnt. Ich wollt nur nicht allein sein, ich hab was getrunken, damit ich den Mut find, zur Polizei zu gehen, und das hab ich dann gemacht. Das war falsch .
    Seit Ludwig tot ist, hab ich manchmal so komische Ideen, ich geh nachts auf den Friedhof, da ist ja nicht abgesperrt, ich hab einen Kassettenrecorder und Kopfhörer dabei, wenn mich da jemand sehen würd, die würden mich gleich einweisen nach Haar! Auf der Kassette sind Songs von Pink Floyd, ›Wish you were here‹, kennen Sie die Platte, die ist schön, und Ludwig hat sie dauernd gehört. ›Wish you were here‹, dauernd hat er die gehört .
    Kennen Sie die? Da ist ein brennender Mann vorn drauf, dem schlagen die Flammen aus dem Rücken, die haben schon tolle Sachen gemacht, die Pink Floyd. Und ich geh dann nachts zu seinem Grab, schalt den Recorder an und leg die Kopfhörer auf die Erde. Dann geht die Musik ins Grab runter, so stell ich mir das vor, ich hab die beiden Kopfhörer auch schon mal tief reingedrückt, wenn die Erde trocken ist und nicht feucht, sonst hab ich Angst, dass es einen Kurzschluss gibt. Er kann die Musik hören, und sonst hört da niemand was. Solche Sachen mach ich manchmal, ich denk mir das aus und dann mach ichs .
    Mit dem Geburtstag, das war nicht richtig, ich entschuldige mich, dass ich Sie angelogen hab, Herr Süden, und Sie können das auch der Frau Berkel sagen, die ist eine nette Polizistin, und sie steht mir bei und sie hört mir zu, Sie müssen ihr das sagen, dass ich sie angelogen hab.«
    »Das sage ich ihr nicht, Frau Ross. Dank Ihnen suchen wir überhaupt Ihren Bruder. Sie haben richtig gehandelt.«
    »Ja, aber das wollt ich nicht. Das ist nur Zufall.«
    »Das ist kein Zufall«, sagte ich.
    Sie schwieg. Vor der Madonna brannten rote Kerzen, und Topfpflanzen standen davor.
    Aus der Sakristei kam ein Junge und schaute sich um. Er ging um den Altar herum, blickte zu uns her und schlurfte mit gesenktem

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