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Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Titel: Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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wie früher. Zwischen den beiden Apfelbäumen hing eine ausgebleichte Hängematte. Hinten am Zaun blühen Sträucher. Und wenn wir Glück haben, können wir die Tomaten bald essen. In einem Beet wachsen Ringelblumen, und die Stengel des Schnittlauchs sind dick wie Kinderfinger. Du hast wieder Schnittlauch abgerupft und gegessen, sagt seine Mutter. Nein, sagt Niklas. Zeig deine Zähne! Nein. Zeig deine Zähne. Ich hab dir schon hundertmal gesagt, du sollst alles vorher waschen, bevor du es in den Mund steckst. Ja, Mama. Außerdem hab ich dir verboten zu lügen.
    »Warum haben Sie das getan?«
    Einmal hatte er seine Eltern belauscht. Sein Vater lachte. Sein Sohn hatte wieder gegrast. Das war sein Ausdruck: gegrast. Von da an graste Niklas, wann immer es ihm einfiel. Und er log seine Mutter nicht mehr an. Stattdessen zeigte er ihr sofort die Zähne mit dem grünen Beweis.
    »Warum haben Sie mich vergewaltigt?«
    Er stellte die leere Dose aufs Fensterbrett. Seine Jeansjacke fühlte sich feucht an. Das Zimmer war erfüllt von trockener kalter Luft. Er hatte die Laken von den Möbeln gerissen und sie auf dem Boden verteilt. Er wollte, dass es aussah, als lebten hier Menschen. Jetzt. Er und sie. Ich und die Nutte.
    »Sie müssen mir antworten«, sagte Ariane. Wenn sie die Hände vor der Brust verschränkte, konnte sie das Buch fühlen.
    »Wer hat dich angesteckt?«, sagte Schilff. In seinem Kopf pochte es. Ein schwindelerregendes Vibrieren breitete sich aus. Und von einer Minute zur anderen war er wieder erfüllt von Wut und Abscheu.
    »Wer hat dich gefickt?«, brüllte er aus vollem Hals.
    Die Plastikflasche mit Mineralwasser an den Lippen, hielt Ariane inne. Schilff kam auf sie zu, packte ihren Kopf, und seine Finger bohrten sich in ihre Kopfhaut. Sie ließ die Flasche fallen und griff nach seinen Händen.
    »Loslassen! Lassen Sie mich los!«
    Er bog ihren Kopf nach hinten. »Wenn du noch mal Sie zu mir sagst, prügel ich dich bewusstlos.«
    Sie schrie. Der Stuhl kippte um. Schilff zerrte sie durch den Raum. Mit dem Rücken zu ihm, musste sie mittrippeln. Im Kreis. Am Fenster entlang. An der Terrassentür vorbei.
    Und dann ließ er sie los. Und sie fiel hin.
    Sie hörte das Knacken beim Öffnen der Bierdose. Dann dachte sie an das Buch. Und ihre Hand glitt über die Innentasche, in der sich ihr Geheimnis verbarg.
    »Setz dich und rede«, rief er.
    Sie hatte schon befürchtet, er hätte etwas bemerkt. Aber er war mit der Bierdose beschäftigt, und sie sah, wie er sich eigenartig den Kopf rieb. So wie sie. Sie taumelte zum Tisch, froh über jeden Meter, den sie sich von ihm entfernte.
    »Seit wann?«, fragte er. Bier tropfte von seinen Lippen.
    »Seit dem einundzwanzigsten Juni«, sagte sie.
    »Aha«.
    »Das ist sicher«, sagte sie. Als wäre das eine Erleichterung.
    Schilff schnippte mit dem Finger gegen die Blechdose. Er setzte sich aufs Fensterbrett und lehnte sich an die Scheibe. Immer wieder rieb er mit den Knöcheln der Faust über seine Schläfen.
    »Ich wollte ihm eine Freude machen«, sagte sie.
    Schilff formte die Lippen zu einem Kuss und presste die Dose darauf.
    »Er hatte Geburtstag, den zweiundfünfzigsten, und wir waren auch zweiundfünfzig Leute, mit ihm. Ben. Er heißt Ben. Und wir haben Champagner getrunken, guten Champagner, nicht so ein billiges Zeug wie im … Guten Champagner …«
    »Ich hab's kapiert.« Er rollte die Dose über die geschürzten Lippen.
    »Ich wollte mit Iris hingehen, die ist krank geworden. Ich musste Ben Bescheid sagen, damit er jemand anderen einladen konnte und die Zahl sich nicht veränderte. Die Feier war in dem Lokal, das im selben Haus ist wie seine Wohnung. Ich bin dann zu ihm raufgegangen, er wollte mir seine neue Couch zeigen, die er sich selber zum Geburtstag geschenkt hatte. Er hat mich gefragt, ob er mit mir schlafen darf. Ich hab ja gesagt. Ich hab Ben immer vertraut, er war immer da, wenn ich ihn gebraucht hab. Er hat eine schwarze, weiche Schafwolldecke auf dem Boden ausgebreitet und dann hat er mich ausgezogen, und ich hab mich seiner Sanftmut hingegeben.«
    »Du willst sagen, du hast dich seinem Virus hingegeben«, sagte Schilff und küsste die Dose.
    »Niemand kann mich so anfassen wie Ben, von seinen Händen hab ich schon geträumt. Wir haben beide geschwitzt hinterher. Und ich hab zu ihm gesagt, das war ein Geschenk von mir.«
    »Und in Wirklichkeit war er es, der dir ein Scheißgeschenk gemacht hat.«
    »Ja.«
    Sie hörten eine Krähe schreien. Ariane senkte

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