Suehne
aufgelauert. Dann war plötzlich die Hölle los.« Er zuckte mit den Achseln. Den Rest kannst du dir meinetwegen selbst zusammenreimen, dachte er.
»Hat außer dir noch jemand geschossen, Bäckström?«, fragte Chico Hernandez.
»Keine Ahnung«, log Bäckström. »Alles ging so verdammt schnell. Es war ein einziges Chaos.
Jetzt müssen mich die Herren entschuldigen«, fuhr er fort. »Fühlt euch wie zu Hause. Ich muss mich einen Moment ausruhen.« Eine Stunde später bekam Bäckström Besuch von Anna Holt und der Kollegin Annika Carlsson. »Wie geht's, Bäckström?«, fragte Holt. »Prima«, erwiderte Bäckström, obwohl es ihm auch schon besser gegangen war. Außerdem fühlte er sich seltsam abgehoben. Es kam ihm so vor, als ginge es überhaupt nicht um ihn.
»Kann ich irgendwas für dich tun?«, fragte Holt. »Ärztliche Untersuchung, Debriefing. Ich habe dir übrigens ein Hotelzimmer reserviert.«
»No way«, sagte Bäckström und schüttelte sicherheitshalber noch den Kopf.
»Ist es in Ordnung, dass ich noch bleibe und mich um dich kümmere?«, fragte Annika Carlsson. »Dann kann ich auch die schlimmste Unordnung im Wohnzimmer beseitigen. Ich habe mit Niemi gesprochen. Das ist also okay«, bekniete sie ihn.
»Willst du das wirklich?«, fragte Bäckström und sah sie erstaunt an. Eine Powerlesbe, die freiwillig bei so einem wie mir putzen will? Wie soll das alles bloß enden?, dachte er.
»Und ich verspreche, auf dem Sofa zu schlafen«, sagte Annika Carlsson und lächelte. »Das ist okay«, erwiderte Bäckström. Was sagt sie da?, dachte er.
»Auf der Straße stehen gut und gerne fünfzig Journalisten«, meinte Holt. »Ich vermute, dass du nichts dagegen hast, wenn ein paar Kollegen von der Schutzpolizei den Hauseingang bewachen.«
»Schon okay«, meinte Bäckström und zuckte mit den Achseln.
»Wir sprechen dann morgen ausführlicher«, sagte Holt. »Melde dich, wenn dir danach ist.« Bäckström stellte sich unter die Dusche. Er stand einfach da und ließ das Wasser an sich herunterlaufen. Dann trocknete er sich mit seinem Bademantel ab und nahm anschließend eine braune und eine blaue Tablette, die ihm der an Dr. Mengele erinnernde Polizeiarzt verschrieben hatte, aus den Döschen. Dann legte er sich ins Bett. Er hatte noch kaum den Kopf aufs Kissen gelegt, da schlief er schon ein, und als er erwachte, duftete es nach Kaffee und frischen Brötchen mit Butter und Käse. »Guten Morgen, Bäckström«, sagte Annika Carlsson und lächelte ihn strahlend an. »Soll ich dir das Frühstück ans Bett bringen, oder willst du in der Küche frühstücken?«
»In der Küche«, sagte Bäckström. Lieber keine Risiken eingehen, dachte er.
Den Dienstagvormittag verbrachten Anna Holt und Toivonen damit, die Ereignisse zusammenzufassen. Hassan Jalib war in der Nacht zweimal in der Neurochirurgie des Karolinska-Krankenhauses operiert worden. Er hatte schwere Gehirnblutungen, und die Ärzte kämpften auf der Intensivstation um sein Leben.
Hassan Jalib war zwei Meter groß, einhundertdreißig Kilo Muskeln und Knochen, gefürchtet in Stockholms Unterwelt und sogar von Leuten, die aussahen wie er. Er war hintenüber gefallen und mit dem Kopf auf einem Couchtisch aufgeschlagen. Wäre er ein gewöhnlicher Schurke aus dem Kino oder Fernsehen gewesen, wäre er wieder aufgestanden, hätte sich geschüttelt und Bäckström zu Hackfleisch verarbeitet. Da er jedoch in die Wirklichkeit gehörte, war es unsicher, ob er überhaupt überleben würde.
Farshad Ibrahim hatte die Nacht ebenfalls im OP verbracht, und das, obwohl die einzige Kugel, die ihn getroffen hatte, gemäß polizeilicher Vorschriften unterhalb des Knies eingeschlagen war. Sie hatte sowohl Schien- als auch Wadenbein zertrümmert, was auch in Ordnung und beabsichtigt gewesen war. Dann waren jedoch einige unerwartete Dinge eingetreten. Die Kugel gehörte zu jenem neuen Typus, der sich nach Aufschlag auflöst. Damit sollten Durchschüsse und Querschläger verhindert werden. Der Preis, den man in Kauf nahm, war eine größere Verwundung des Getroffenen. Dieses Mal war die Ummantelung der Kugel zersplittert, und ein Splitter davon hatte sich den Oberschenkelknochen entlang einen Weg gebahnt und die Oberschenkelvene beschädigt. Als Farshad Ibrahirn im Krankenhaus eintraf, hatte er schon drei Liter Blut verloren. Im Krankenwagen war es zwei Mal zum Herzstillstand gekommen. Zehn Stunden später lag er auf der Intensivstation. Der Ausgang war ungewiss.
Seinem jüngeren
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