Suehne
aber doch einiges zu erzählen.
Roland Stälhammar war einer der legendären Kollegen des alten Dezernats für Gewaltverbrechen. Er arbeitete als Ermittler und kannte sämtliche Ganoven im Großraum Stockholm. Die Kriminellen mochten ihn, obwohl er im Laufe der Jahre sicherlich Hunderte ins Gefängnis gebracht hat. Im Jahr 1999 machte er von der Möglichkeit, die ältere Polizisten damals noch hatten, Gebrauch und ging mit neunundfünfzig in Rente.
»Ach ja«, meinte Alm und seufzte aus irgendeinem Grund. »Was kann ich noch sagen? Geboren und aufgewachsen in Solna. Hat sein ganzes Leben hier gewohnt. Sportinteressiert. Erst aktiv, dann als Trainer. Extrovertiert, dynamisch. Kam leicht mit Leuten ins Gespräch. Jemand, der Dinge in Bewegung brachte, wenn man so will.«
»Aber nicht nur das, oder?«, unterbrach ihn Bäckström mit listiger Miene. »Da war doch noch so einiges andere?«
»Ja«, erwiderte Alm und nickte knapp. »Stälhammar war Boxer. Er gehörte damals zur Elite in Schweden. Ende der Sechziger war er mehrere Jahre hintereinander schwedischer Meister im Schwergewicht. Einmal ist er sogar gegen Ingemar Johansson angetreten, bei einer Wohltätigkeitsgala im Zirkus auf dem Djurgärden. Ingemar Johansson, Ingo, wie er nur genannt wurde, unser Profiweltmeister im Schwergewicht«, erklärte Alm und nickte aus unerklärlichen Gründen Felicia Pettersson zu.
»Mir treten fast die Tränen in die Augen, wenn ich mir anhöre, wie du diesen alten Ehrenmann beschreibst. Nach deiner Beschreibung erkenne ich Rolle Stalis kaum wieder. Eins neunzig, hundert Kilo Muskeln und Knochen, und der jähzornigste Bulle überhaupt. Hatte mehr Anzeigen wegen Dienstvergehen am Hals als alle anderen im Dezernat zusammengenommen.«
»Ich verstehe schon, was du sagen möchtest«, meinte Alm. »Aber ganz so einfach ist es dann doch wieder nicht. Stalhammar war wie gesagt jemand, der Dinge in Bewegung brachte. Er hat viele junge Leute davor bewahrt, ganz auf die schiefe Bahn zu geraten. Wenn ich mich recht erinnere, war er der Einzige, der in seiner Freizeit ehrenamtlich als Bewährungshelfer arbeitete.«
»Wenn er nicht gerade soff wie ein Bürstenbinder, denn das war doch wohl vermutlich seine beste Disziplin«, meinte Bäckström, dem es langsam zu viel wurde. »Und so scheint es ja immer noch zu sein ... «
»Ich kann dieses Bild vielleicht noch ergänzen«, meinte Polizeianwärter Jan O. Stigson und wedelte vorsichtig mit der Hand. »Im Hinblick auf unseren Fall, meine ich.«
»Warst du früher auch Boxer, Stigson?«, fragte Bäckström, der allmählich richtig sauer wurde.
Ein Streifenpolizist auf der Höhe seiner Zeit. Rasierter Schädel, Bodybuilder, ein IQ wie ein Golf-Handicap, aus diffusen Gründen von der Streife ausgeliehen, um bei einer Mordermittlung mitzuhelfen. So was fällt auch nur einem bescheuerten finnischen Bauern wie Toivonen ein, dachte Bäckström. Aus Dalarna war der Trottel offenbar auch noch. Wenn er redete, klang es so, als hätte ein Knäckebrotpaket plötzlich eine Stimme bekommen. Ein Folkloretänzer mit Troddelstrümpfen, der in eine Mordermittlung hineingeschlittert war. Wohin war die schwedische Polizei eigentlich unterwegs?, überlegte Bäckström.
»Tu das«, ermunterte ihn Annika Carlsson und nickte nachdrücklich. »Dann brauchen wir anderen hier nicht rum-sitzen und uns anhören, wie sich Bäckström und Lars über einen ehemaligen Kollegen streiten. Dazu hat keiner von uns Lust.«
Wofür hält die sich eigentlich, dachte Bäckström und starrte sie sauer an. Ich muss sie nach der Besprechung wirklich ernsthaft ins Gebet nehmen.
»Bei der Befragung der Nachbarn gestern haben wir einiges herausgefunden«, sagte Polizeiassistent Stigson. »Ich glaube, dass einiges davon höchst relevant für das ist, was Kollege Alm über den ehemaligen Kollegen Roland Stalhammar erzählt hat.« »Ich höre«, sagte Bäckström. Worauf warten wir eigentlich? Ist das geheim, oder was?
»Witwe Stina Holmberg, achtundsiebzig Jahre alt«, sagte Stigson und nickte Bäckström zu. »Sie wohnt in einer Wohnung im Erdgeschoss im Hasselstigen 1. Nette Frau. Sie ist pensionierte Lehrerin und wirkt vollkommen klar im Kopf.
Hören tut sie auch gut. Ihre Wohnung befindet sich unter Danielssons, und da das Haus sehr hellhörig ist, hatte sie einiges von Interesse beizutragen.« Stigson nickte nachdrücklich und sah Bäckström an.
Das darf doch nicht wahr sein, dachte Bäckström. Der Folkloretänzer muss mit
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