Suehne
sie nicht im Dauerlauf zurücklegt.«
»Bleiben noch dreißig Minuten«, meinte Bäckström. »Die reichen, um Danielsson den Schädel einzuschlagen, seine Kohle zu klauen und frische Kleider anzuziehen und außerdem Regenmantel, Pantoffel und Gummihandschuhe auf dem Heimweg wegzuwerfen.«
»Das stimmt an sich«, pflichtete ihm Alm bei. »Das Problem ist nur sein Nachbar. Wenn seine Aussage stimmt, geht die Rechnung nicht auf.«
Wusst' ich's doch, dachte Bäckström. Offenbar wurde bereits konspiriert, damit die alte Legende Rolle noch mal von der Klinge springen kann. Der Nachbar hieß Paul Englund, dreiundsiebzig. Er war vor der Rente Hausmeister im Meereskundlichen Museum in Stockholm gewesen und im Übrigen derselbe, der Bäckström und Stigson angedroht hatte, einen Streifenwagen zu rufen.
Englunds Sohn war Fotograf bei der Zeitung Expressen. Er hatte seinen Vater bereits am Vorabend angerufen und ihm erzählt, sein Nachbar sitze wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Sein Vater habe nicht zufälligerweise einen Schlüssel zu der Wohnung, damit er ein paar Fotos, »zu Hause beim Mordverdächtigen«, machen könne? Vater Englund hatte dieses Ansinnen energisch abgelehnt. Er habe keinen Schlüssel. Außerdem sei Stälhammar ein runtergekommener Alkoholiker und der schlimmste Nachbar, den man sich vorstellen könne. Er sei froh um jede Minute, die er ihn nicht auf seinem Stockwerk sehen müsse. Noch am selben Morgen hatte er bei der Polizei Solna angerufen und mitgeteilt, Stälhammar am Abend vor dem Mord an Danielsson gesehen zu haben. Er hatte geglaubt, Stälhammar somit endlich endgültig loszuwerden. Hätte er die Folgen abgesehen, hätte er wahrscheinlich geschwiegen. »Was hat er denn gesagt?«, fragte Bäckström.
»Dass er Stälhammar am Donnerstag gegen Viertel vor elf Uhr abends gesehen hat, wie er das Haus, in dem sie beide wohnen, betrat. Er ist sich ganz sicher, dass es Stälhammar war, weil er ihn nicht leiden kann und ihn deswegen meidet. Er hat ein paar Minuten gewartet, bis er selbst das Haus betreten hat.«
»Na Prosit«, sagte Bäckström. »Wie kann er da so sicher sein, und was hatte er mitten in der Nacht auf der Straße zu suchen? Woher will er so genau wissen, dass es Viertel vor elf war? War er im Übrigen nüchtern? Das ist doch immer so: Er hat sich im Tag geirrt oder sich um eine Stunde vertan. Vielleicht hat er auch einen anderen Nachbarn gesehen. Wenn er nicht überhaupt alles erfunden hat, um sich interessant zu machen oder weil er Stälhammar die Pest an den Hals wünscht.«
»Immer mit der Ruhe, Bäckström«, sagte Alm, der jede Sekunde genoss. »Falls es sich wirklich so verhält, wie der Zeuge sagt, dann kann Stälhammar Danielsson wohl kaum ermordet haben. Oder es kann nicht so zugegangen sein, wie wir annehmen. Er kann jedenfalls nicht kurz nach halb elf Uhr abends ermordet worden sein.
Um alles noch einmal der Reihe nach durchzugehen«, fuhr Alm fort. »Jeden Abend nach den Spätnachrichten im TV 4, die mit dem Wetterbericht um halb elf enden, geht Englund mit seinem Dackel Gassi. Er dreht immer dieselbe Runde, und zwar einmal um den Block, und dafür brauchen der Köter und er ungefähr eine Viertelstunde, aber nicht an diesem Abend, da wird er, als er auf der Esplanaden nach rechts einbiegen will, von einem Polizisten in Uniform angehalten und weggescheucht: Er solle denselben Weg zurückgehen, den er gekommen sei. Das tut er auch. Widerwillig, denn er ist genauso neugierig wie alle anderen. Aber als nichts passiert, er ist auf der Järnvägsgatan stehen geblieben und hat einige Minuten abgewartet, geht er wieder nach Hause. Als er etwa in Höhe des Nachbarhauses ist, also etwa zwanzig Meter von seiner eigenen Haustür entfernt, sieht er, wie Stälhammar das Haus betritt.«
»Und was hatten die Kollegen von der Ordnungspolizei da zu suchen?«, fragte Bäckström.
»Sie hatten die Esplanaden abgesperrt, da die Einsatzgruppe etwa hundert Meter die Straße entlang eine Festnahme plante. Angeblich hielt sich dort in einer Wohnung ein Mann auf, der einige Tage zuvor in den Raubüberfall und die
Schießerei in Bromma verwickelt war.«
»Und was sagt uns das über die Zeiten?«, fragte Bäckström.
»Zum einen, dass es kurz nach halb elf am Donnerstagabend, dem vierzehnten Mai, gewesen sein muss. Eine andere Möglichkeit besteht nicht. Der Zugriff begann zu diesem Zeitpunkt damit, dass die Kollegen von der Ordnungspolizei das Viertel abriegelten.« »Er hat da mit
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