Suehne
bestellt worden, und der hatte ihr mitgeteilt, sie würde zu einem Atomkraftwerk transferiert, das tausend Kilometer weiter nördlich bei Murmansk lag. Einige schweigsame Männer hatten ihr dabei geholfen, ihre Habseligkeiten zu packen, und sie zu ihrem neuen Arbeitsplatz gefahren. Während der beiden Tage, die die Reise gedauert hatte, waren sie ihr nicht von der Seite gewichen.
Zwei Jahre später hatte sie dann einfach nicht mehr um Erlaubnis gebeten. Mit Hilfe von »Kontakten« hatte sie die finnische Grenze überquert. Dort hatten sie andere Kontakte erwartet, und am Morgen darauf war sie bereits in einem Haus auf dem Land irgendwo in Schweden aufgewacht.
»Das war im Herbst 1993«, sagte Nadja und lächelte. »Ich blieb dort sechs Wochen und unterhielt mich mit meinen Gastgebern. So zuvorkommend hatte mich noch nie jemand behandelt. Ein Jahr später, sobald ich Schwedisch gelernt hatte, wurde ich dann schwedische Staatsangehörige und bekam eine Wohnung und eine Arbeit.«
Militärischer Nachrichtendienst. Tadellose Burschen, nicht so wie diese Idioten von der Sicherheitspolizei, dachte Bäckström, und sein Herz schwoll an von vaterländischem Stolz.
»Was hast du dann für eine Arbeit bekommen?«, fragte Bäckström.
»Das habe ich vergessen«, antwortete Nadja mit einem schiefen Lächeln. »Aber dann bekam ich eine andere Arbeit als Dolmetscherin bei der Stockholmer Polizei. Das war 1995. Daran erinnere ich mich.«
Sicherheitspolizei, dachte Bäckström. Kleinliche Schwachköpfe, die sich nicht auf das große Herz der Russen verstehen und diese nicht richtig zu nehmen wissen. »Und Högberg?«, fragte Bäckström neugierig.
»Das ist eine andere Geschichte«, meinte Nadja und lächelte. »Wir haben uns im Internet kennen gelernt, dann habe ich mich von ihm scheiden lassen. Er war etwas zu russisch nach meinem Geschmack, falls du verstehst, was ich meine«, sagte sie und hob vielsagend ihr Glas. »Skäl übrigens«, meinte Nadja dann und lächelte erneut. »Sdarowje«, erwiderte Bäckström. Ein großes Herz, dachte er.
Kriminalinspektor Lars Alm und Polizeianwärter Jan O. Stigson brachten den größten Teil des Tages damit zu, einige alte Freunde von Danielsson zu vernehmen. Halvar »Halvan« Söderman und Mario »den Paten« Grimaldi. Alm hatte gehofft, dass Annika Carlsson ihn begleiten würde, da er sich noch gut daran erinnern konnte, wie Söderman mit dem Restaurantbesitzer umgesprungen war, aber dann war ihr etwas anderes, Wichtigeres dazwischengekommen, und er hatte sich mit Stigson begnügen müssen.
Sie begannen mit Halvar Söderman, der im alten Teil von Solna in der Vintergatan unmittelbar hinter dem Fußballstadion und nur wenige hundert Meter vom Tatort entfernt wohnte. Erst riefen sie bei ihm an. Niemand ging an den Apparat. Dann fuhren sie zu ihm nach Hause und klingelten. Nach mehrmaligem ergebnislosen Klingeln stieß er plötzlich die Wohnungstür auf. Er hatte offenbar gehofft, sie Stigson vor den Kopf knallen zu können. Alm hatte jedoch schon Ähnliches erlebt und Stigson vorgewarnt. Als er eine Bewegung hinter dem Spion bemerkte, schob er Stigson zur Seite und zog an der Klinke. Söderman fiel in seinem eigenen Treppenhaus auf den Hintern und war alles andere als begeistert.
»Hoppla«, sagte Alm. »Das hätte richtig bös enden können.«
»Was fällt euch eigentlich ein, ihr Idioten?«, schrie Söderman.
»Polizei«, erwiderte Alm. »Wir wollen uns mit Ihnen unterhalten. Wir können das hier machen oder Sie auf die Wache mitnehmen. Wir können Sie auch erst noch ins Loch stecken, falls Sie uns weiterhin Ärger bereiten.« So dumm war Söderman jedoch nicht. Er starrte sie zwei Minuten lang finster an, dann nahmen sie am Tisch in seinem kleinen Esszimmer Platz.
»Sie kenne ich doch«, sagte er und glotzte Alm an. »Haben Sie nicht früher beim Dezernat für Gewaltverbrechen in der City gearbeitet?«
»Das war früher«, sagte Alm, »jetzt arbeite ich hier in Sol-na.«
»Dann sind Sie ja ein alter Kollege von Rolle«, konstatierte Söderman. »Können Sie nicht mal ein ernsthaftes Wort mit diesen Idioten reden, die ihn ins Loch gesteckt haben?«
»Er ist vor einer Stunde wieder raus gekommen«, erwiderte Alm, ohne sich weiter über die Gründe auszulassen.
»Sieh mal einer an«, meinte Söderman und grinste. »Darf ich Ihnen was anbieten?« »Nein, danke«, erwiderte Alm. »Wir bleiben nicht lange.« »Aber für eine Tasse Kaffee wird die Zeit doch wohl noch reichen? Ich
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