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Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption

Titel: Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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heben sich Hände. Zunächst nur ein paar. Dann sind es auf einmal Dutzende. Stirnen und Wangen sind fiebrig gerötet. Ein junges Mädchen mit frisch vernarbten Handgelenken schwenkt den Arm und trampelt mit beiden Füßen. Der Reverend läuft durch den Mittelgang und hält ihr sein Mikrofon hin.
    »Wie heißt du?«
    »Sandra Meyer. Ich bin dreizehn, und ich bin ebenfalls eine dreckige kleine Hündin, die auf den Staat Mississippi scheißt.«
    »Wir hören, Sandra.«
    Das Mädchen ist aufgesprungen.
    »Ich komme aus der Nähe von Augusta. Ich wohnte mit meinen Eltern auf einer Farm, die sehr abgelegen und so primitiv war, dass wir keinen Strom und kein fließendes Wasser hatten. Wir bauten Mais und Tabak an. In einem Pferch hielten wir Schweine. Mein Vater schlug meine Mutter mit der gusseisernen Pfanne; dieses Klong, das die Pfanne auf ihrem Kopf machte, werd ich nie vergessen. Mich kniff er immer, vor allem in den Hintern und in die Brust. Als ich größer wurde, fing er an, schlimme Sachen mit mir zu machen. Das soll jetzt aber keine Ausrede sein! Ich sage nur, dass mein Vater schlimme Sachen mit mir machte und dass meine Mutter soff, wenn sie nicht geprügelt wurde. Übrigens machte nicht nur er diese Sachen mit mir, sondern meine Brüder und Vettern machten sie auch, aber das soll jetzt keine Ausrede sein, ich sag’s nur.«
    »Das ist gut, Sandra, sprich weiter.«
    Sandra windet sich. Ihre Augen glänzen. Sie beginnt, hysterisch zu kichern. Dann presst sie eine Hand zwischen die Beine und fragt: »Darf ich aufs Klo?«
    »Später, Sandra. Sind es die Schweine, über die du mit uns reden möchtest, oder ist es deine Mama?«
    »Die Schweine.«
    »Wir hören.«
    »In dem Pferch waren auch Ferkel, die sich in der Scheiße wälzten. Vor allem eines war supersüß. Ich taufte es Oliver, nach meinem kleinen Bruder. Schlimm war nur, wenn ich es streicheln wollte und die Hand über den Zaun streckte, dann kam nämlich die Muttersau daher und versuchte, mir die Finger abzubeißen, und ich stach sie mit einer Mistgabel in den Hintern, und diese dämliche Sau stieß ein Geschrei aus, das war … wie soll ich sagen?«
    »Kehlig?«
    »Ja! Ganz genau. Ich bin nicht so ganz sicher, was das Wort eigentlich heißt, aber so ungefähr. Also die alte Sau fing an, mich zu hassen, und es wurde immer schwieriger, Oliver zu fangen, aber einmal stellte ich es besser an. Ich kam nämlich nachts mit Gummistiefeln und Küchenhandschuhen, als die Schweine schliefen, und watete in den Pferch. Ich packte Oliver und drückte ihn an mein Nachthemd, aber er zappelte rum und rutschte mir aus den Fingern, weil er so voller Scheiße war. Aber ich hielt ihn fest und trug ihn in die Scheune, wo wir einen großen Ofen hatten, der an eine Gasflasche angeschlossen war. Unser Vater sperrte uns manchmal dort ein, meine Brüder und mich, wenn wir nicht brav gewesen waren, und sagte, dass er jetzt das Gas aufdreht. Jedenfalls hab ich auch Oliver dort hineingetan. Ich hab ihn auf die Schnauze geküsst und in den Ofen gesteckt und die Tür zugeknallt. Dann riss ich ein Streichholz an und schob es in die Klappe, bis die Zündflamme anging. Dann drehte ich das Gas auf, bis mit einem Wooooof die ganze Heizschlaufe aufflammte. Ich drehte die Gaszufuhr auf kleinste Stufe und wartete.«
    Sandra versagt die Stimme. Sie zerkratzt sich vorsichtig das Gesicht.
    »Möchtest du für heute aufhören?«, fragt der Reverend leise.
    »Nein! Nein! Ich will beichten, was ich mit Oliver gemacht habe. Ich möchte ihn nicht mehr hören und nicht mehr riechen müssen jeden Abend beim Einschlafen, verstehen Sie?«
    »Ja. Ich verstehe, Sandra.«
    Sandra wischt ungeduldig ihre Tränen ab. Ein wenig besänftigt fährt sie fort: »Am Anfang war Oliver ganz friedlich. Er lag hinten im Ofen und grunzte leise wie ein Ferkel, das seine Mama sucht, wissen Sie?«
    Der Reverend nickte.
    »Danach wurde er unruhig. Das fing erst langsam an, aber schließlich wurde er immer wilder, weil die Heizschlaufe den Boden des Ofens aufwärmte. Ich sagte: ›Sei tapfer, Oliver, es dauert nicht sehr lange.‹ Und dann muss die Temperatur wohl einen großen Sprung gemacht haben, denn Oliver grunzte laut und rannte hin und her und stieß innen an die Wände, und jedes Mal, wenn er mit der Pfote auf eine Heizplatte kam, verbrannte er sich und schrie. Ich saß draußen auf einem Stuhl und redete Oliver gut zu, um ihn zu beruhigen. Ich redete schweinisch, verstehen Sie? Aber das reichte nicht, und Oliver fing

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