Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)
ich leider gehen, da ich Klavierstunde hatte. Ob ich morgen wiederkäme, fragte Eric, und ich sagte ja. Und plötzlich, schon im Weggehen, ich weiß nicht, woher ich den Mut nahm, sagte ich noch, wenn er Lust hätte, könnten wir uns abends am Korso treffen. Ein Spaziergang in der bunten Menschenmenge sei immer etwas Lustiges.
‚Um welche Zeit? Wie viel Uhr?’, fragte Eric aufgeregt.
‚Am Abend’, wiederholte ich.
Das heißt bei uns, man geht ein paar Mal hin und her, bis man sich findet. Ich wunderte mich über mich selbst. Um alles in der Welt hätte ich wetten können, niemals einem Mann so entgegen zu kommen. Es lag etwas in der Luft...
Am Abend dann stand Eric etwas abseits vom Gehsteig, um die Vorbeigehenden sehen zu können. Das war vor allem praktisch, wenn man auf jemanden wartet. Ich sah ihn schon von weitem und ging auf ihn zu. Ich nahm ihn sogar bei der Hand, als wir den Korso entlanggingen. Irgendwo setzten wir uns eine kurze Weile auf die Terrasse der Tanzdiele und tranken einen Saft. Dann schlug ich vor, den Korso zu verlassen und am Strand entlangzugehen. Es sei ruhiger hier, sagte ich. Ja, es lag etwas in der Luft...
Wir gingen am Ufer entlang in die Dunkelheit. Man hörte schon die Musik aus der Tanzbar ganz entfernt. Eric legte ganz vorsichtig seinen Arm um meine Schultern. Und weil ich es duldete, zog er mich noch etwas näher an sich heran. Wäre ich ein reifer Apfel gewesen, hängend auf dem Baum, ich hätte in diesem Augenblick zu meinen Freundinnen gesagt:
‚Ciao, Fratelle, ich bin reif, heute falle ich ab.’
So war es auch. Das erste Rendezvous, das erste Mal Hand in Hand mit einem jungen Mann. Dann der erste Spaziergang im Dunkeln, und auch der erste Kuss. Alles auf einmal. Am ersten Abend! Und dann so etwas! Gut, dass es dunkel war, denn ich schämte mich sehr. Ich bin doch so erzogen, so etwas nur mit dem Mann zu tun, den ich heiraten würde, und natürlich nur in der Hochzeitsnacht.
Als es vorbei war, war ich froh, dass er mich wieder bis zu der Tanzdiele brachte. Ich verabschiedete mich schnell und lief nach Hause. Und dort kam der große Katzenjammer.
Ich hatte mich in Eric verliebt, und die Sehnsucht, ihn wieder zu sehen, wurde immer unerträglicher. Eine ganze Woche blieb ich zu Hause, nur um zu vermeiden, ihm zu begegnen. Es tat sehr weh. Aber als ich doch wieder zum Strand ging, war Eric nicht mehr da. Einer der Papagallos, der mich an dem Ort des Geschehens fand, kam mir entgegen und erzählte, Eric sei vor drei Tagen zurück nach Deutschland gefahren. Ich erfuhr auch, dass er mit den Jungs befreundet war. Wenn es ihm nicht gelänge, mich zu verführen, soll er gesagt haben, würde er sich eine Glatze scheren. Am nächsten Tag erschien er kahl geschoren. Die Papagallos waren überzeugt von seiner Ehrlichkeit und bewunderten ihn aufrichtig. Ich galt von da an als eine uneinnehmbare Festung. Eric hatte also, um meine Ehre zu schützen, seine Haarpracht geopfert. Dabei hatte ich das Gefühl, ihn verführt zu haben.
Die Papagallos wurden meine Freunde. Sie schützten mich vor jeder Belästigung der Fremden und weihten mich eines Tages in ein Geheimnis ein:
Am Ufer entlang, etwa eine halbe Stunde zu gehen, war ein Weg, der in ein Wäldchen zu einem Hügel führte. Auf der anderen Seite des Abhangs war, übrig geblieben aus der Antike, der Rest eines Palastes zu sehen, von dem noch sieben Säulen erhalten waren. Sie waren von oben bis unten mit Mädchennamen beschrieben. Die Jungs hatten die Säulen untereinander aufgeteilt und jeder seine Eroberungen mit Namen und Datum verewigt. Nur eine Säule war ohne Namen. Doch eine Graffitizeichnung zeigte ein in wunderschöner violetter Farbe gesprühtes Blümelein. Ein Veilchen. Darunter stand:
Ich liebe Dich!
Der Sommer verging. Ich sehnte mich nach dem nächsten. Alle sechs Jungs waren gekommen. Nur Eric nicht. Auch das zweite und dritte Jahr nicht. So wartete ich Sommer für Sommer. Doch Eric kam nicht.
Inzwischen war ich schon fünfundzwanzig Jahre alt. Angelo Cornelli, einer der Jungs, war immer hinter mir her, doch ebenso, wie die anderen, mit großem Respekt. Eines Tages fragte er mich, ob ich ihn heiraten würde. Einen Monat später waren wir Mann und Frau. Am Morgen nach der Hochzeit, ich war gerade im Bad, hörte ich ein Gepolter aus dem Schlafzimmer, ein Fluchen und Schreien. Ahnungsvoll ging ich nach oben. Angelo stellte gerade das Doppelbett auf das Fußende, dann schleuderte er brüllend die Decken und
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