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Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)

Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)

Titel: Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: RosMarin
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gestaltete er begeistert Bettler, Cowboys, Musikanten, Tänzerinnen, Feen und viele bekannte Märchengestalten.
    Dann begann er zu schreiben. Vor allem Gedichte.
     
    Draußen klapperten zur Mittagszeit die Essenkübel. Der Hunger durchlief mehrere Phasen. Es begann mit einem schmerzenden, beißenden, quälenden Verlangen. Danach kamen Momente dumpfer Übelkeit. Der Hunger fraß sich buchstäblich in seine Seele und hinterließ Kälte, Wut und Verzweiflung. Er musste sich ablenken. Er musste! Und so klopfte er zaghaft an seine Instinkte, um sich selbst zu beweisen, dass noch Lebendigkeit in ihm war. Er kratzte größere Mengen Kitt aus den Ritzen und formte, etwas zaghaft noch, ein weibliches Geschlechtsteil. Dann bohrte er seinen rechten Zeigefinger in den Kitt, öffnete mit der anderen Hand seine Hose und massierte sein armes, zur Entbehrung gezwungenes Glied. Immer mit einem Ohr zum Gang. Und dann war es soweit. Für einen kurzen Augenblick vergaß er die Zelle, den Hunger, den Aufseher, seine ganze verdammte Situation. Der Druck löste sich. Dann war der Rausch vorbei. Wieder spürte Max die Kälte. Die Krallen des Hungers. Seine maßlose Verzweiflung. Mehr denn je. 
     
    Nach einundzwanzig Tagen hieß ihn der Aufseher die Zelle fegen und führte ihn dann zu der Station, in der die Politisch Gefangenen einsaßen. Diese gaben ihm reichlich von ihrer Verpflegung, auf die er sich heißhungrig stürzte. Danach fühlte er sich sehr elend. Doch er konnte nicht anders. Er musste fressen, fressen, fressen...
    Nach einigen Tagen fragte ihn ein Offizier, ob er nun gewillt sei, zu arbeiten.
    „Nein“, sagte er, „niemals werde ich für euch arbeiten.“
    Und so standen ihm wieder einundzwanzig Tage Hungerarrest bevor. Wieder legte er sich jeden Abend auf die Holzpritsche, nahm seine Jacke als Kopfkissen, deckte sich mit der lausigen Decke zu, träumte vom Essen, befriedigte sich selbst und schlief völlig erschöpft ein.
    Als er zum zweiten Mal nach drei Wochen auf die Station kam, hatte er zwei Wochen keinen Stuhlgang gehabt. Wieder bekam er seinen Fressanfall, verschlang, was man ihm bot und glaubte explodieren und verrecken zu müssen. Er war eine robuste Natur, seine Gedärme hielten so Einiges aus, doch nun waren sie weit überfordert. Einen so überaus grausamen Schmerz hatte er nie zuvor in seinem Bauch verspürt. Er dachte, er würde auf der Stelle krepieren. Er läutete nach dem Aufseher, der das Gitter aufschloss, und schleppte sich zum Klo. Dort blieb er drei Stunden sitzen und schiss unter fürchterlichen Krämpfen, die sich in Intervallen wiederholten, die Schüssel voll und fiel danach völlig entkräftet auf die Pritsche.
    Drei Tage später war er noch immer nicht gewillt, eine Arbeit aufzunehmen. Der Anstaltsarzt Dr. Degenkolb aus Karl- Marx - Stadt hielt ihn für arresttauglich und er wurde nochmals einundzwanzig Tage in das Kellerloch geworfen.
    „Halte durch, Max! Nicht aufgeben! Wir heben was zu fressen für dich auf!“, hörte er die Gefangenen aus den ersten Stockwerken rufen. Und diese Rufe empfand er als etwas Wunderbares, wie ein Licht in der Finsternis; sie gaben ihm die Kraft zum Durchhalten.
     
    Und dann, eines Nachmittags, kam Jesus in seine elende Zelle. Max weinte den ganzen Abend. Er weinte über sein eigenes trauriges Wissen, das er von frühester Kindheit in sich trug: Es gibt für die Menschen auf dieser Erde keine andere Möglichkeit, als sich gegenseitig zu bekriegen, aufzufressen, zu vernichten.
    Übermächtig fühlte er den uralten, sich ständig wiederholenden Prozess des lebendigen Seins: Leben in jeglicher Form besteht aus Gegensatz. Und Gegensatz bedeutet Krieg. Er wusste, weshalb er in dieser Zelle stand. Doch seine Wächter wussten es nicht. Sie waren Faschisten. Er war ein Anarchist. Ein Leidender. Ein Suchender. Er brauchte keinen Feind. Er liebte den Frieden. Er war von sanfter Natur. Doch die Menschen bedrängten ihn und wurden so zwangsläufig zu seinem Hassobjekt. Hier waren es die Aufseher und Offiziere, draußen andere Kreaturen.
     
    Max  weinte bitterlich über den kleinen Max , der hier in der verfluchten Zelle so hungern und leiden musste. Den kleinen Max, den seine Mutter liebevoll schützend in die Arme genommen und der nun dem grausamen Gemetzel des Lebens schutzlos ausgeliefert war. Er weinte aus Mitleid mit sich selbst, und er weinte aus Rührung und Dankbarkeit, denn ein Licht ganz tief in ihm verhieß Hoffnung.
     
    Am sechsten Tag lehnte sich Max an

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