Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)
Strich über dem kleinen, roten Mund. Dahinter gähnte geheimnisvoll ein schwarzes Loch. Um den ganzen Domi wimmelte es von kleinen gelben Entchen im blauen Teich, umrahmt von blauer und schwarzer, dick aufgetragener Farbe. Alles in allem ein kraftvolles Bild, von dem Domi sagen würde:
„Ein Stiermann eben. Erdig, sinnlich, genusssüchtig. Und doch romantisch abhebend.“
Ach, Domi.
Nur mit Mühe löste sich Klara von diesem Porträt und betrachtete die anderen übergroßen Bilder.
"Hab dich nicht so", schienen die Konterfeis sagen zu wollen, "wir alle saßen in diesem Zimmer, wir alle haben überlebt, wir alle sind nun unsterblich. Durch ihn, Wedel, dem großen Meister. Er hat uns verewigt und für immer unseren Geist und unsere Seelen eingefangen, festgehalten in diesen, unseren, einmaligen, Konterfeis."
Inzwischen hatte Wedel ein dickes Album hervorgekramt und setzte sich damit wie selbstverständlich neben sie auf die zerschlissene Couch, um ihr die Jahrzehnte alten, vergilbten Zeitungen zu präsentieren.
Fast auf jeder Seite war er abgebildet und gab nun zu all den Fotos und Beschreibungen seinen stolzen Kommentar.
„Stell dir vor“, sagte er, „vor vielen Jahren hatte ich eine Erfolg versprechende Karriere vor mir. Als Naturwissenschaftler.“ Er hielt einen Augenblick inne, bevor er mit ironischem Unterton fortfuhr: „Doch dann packte mich die Abenteuerlust, das Reisefieber sozusagen, und ich packte von heute auf morgen meine Siebensachen.“
Wedel wurde ein Globetrotter. Nur mit sich und dem Allernötigsten reiste er rund um die Welt, verdiente mit allen möglichen und unmöglichen Arbeiten seinen Lebensunterhalt und zog weiter, bis er in Afrika eine schöne, blonde Frau kennenlernte. Ihretwegen wurde er sogar einige Jahre sesshaft und begann zu malen. „Ich raubte dieser südlichen, sengenden Sonne die Farben, das Licht. Die grellbunte Sinnlichkeit“, erzählte er sehnsuchtsvoll.
Doch als die Liebe sich ausgeliebt hatte, zog er weiter, bis er wieder nach Europa, nach Deutschland kam, im Gepäck die Sonne, die Farben, die Lust und die Kraft zum Malen.
Aufmerksam betrachtete Klara die vergilbten Fotos und verstand plötzlich den Maler Wedel, den Mensch Wedel. Und sie beneidete ihn um seine Erfahrung.
Er hatte sie in seiner verletzlichen Seele lesen lassen, sich ihr geöffnet, obwohl sie nichts von sich preisgab. Doch sie hörte ihm aufmerksam zu.
Plötzlich zauberte er eine alte Gitarre hervor, hockte sich behände zu ihren Füßen, wie ein Liebhaber aus alten Zeiten, Walther von der Vogelweide etwa, auf den schmutzigen Dielenboden und spielte und sang zu ihrem Entsetzen seine Schnulzen. Wirklich schön, diese Schnulzen. Sie rührten sie fast zu Tränen. Und wäre sie jünger gewesen und kein gebranntes Kind, wäre sie ihm und seinen schmachtenden Schnulzliedern bestimmt verfallen und hätte sich vielleicht zu einem kleinen Abenteuer hinreißen lassen.
Echt. Er hätte sie überzeugen können. So aber rührte er nicht ihr Herz.
Wedels Herz aber war noch immer weich, seine Seele empfindsam. Und so beichtete er ihr sogar seinen Liebeskummer wegen eines sechzehnjährigen Mädchen, das ihn schnöde verlassen hatte, als es herausbekam, dass er völlig mittellos ist.
Als wir uns verabschiedeten, sagte er:
„Dein Händedruck ist kurz und hart. Du verschließt dich. Du bist ein sehr distanzierter Mensch. Schade.“
*
„Er malt nur Frauen, mit denen er geschlafen hat“, sagte Domi, der plötzlich mit einer Flasche Bier hinter Klara stand, lachend.
„Er muss sie kennen, um ihre Seele zu malen“, gab Bodo, der sich zu ihnen gesellt hatte, seinen Senf dazu, „und er will sie alle kennenlernen.“
„Und ihre Seele haben die Frauen im Unterleib“, spottete Klara, „na, dann.“
„Nicht nur die Frauen“, murmelte Domi, „nicht nur die Frauen.“
Der junge Stier und die roten Dessous
„ W underschön siehst du darin aus."
Verdammter Verräter.
"Und so sexy."
Bei diesen zuckersüßen Worten hatte er mich geküsst. Dieser Schmierenkomödiant. Dieser Worthülsenknecht.
Wütend nahm ich die roten Spitzendessous aus dem Kästchen, knüllte das seidige Nichts von einem Hemdchen und Höschen in meine Hände. Sollte er sie doch seiner Neuen schenken. Dieser, dieser Wasserstoffblonden. Diesem Blöndchen. Ich brauchte sie nicht mehr. Wollte sie nicht mehr. Wie Feuer brannten sie in meinen Händen. Wie die Sünde. Der Verrat. Und nicht nur
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