Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)

Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)

Titel: Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: RosMarin
Vom Netzwerk:
und Wünsche für die Zukunft - sollte es jemals eine für ihn geben - drehten sich ausschließlich ums Essen. Es würde einen Wursttag geben. Alle Wurstsorten, die es gab, wollte er auf einem riesigen Tisch vor sich aufbauen, liebevoll betrachten und dann, nach und nach, schön langsam und genüsslich, über den Tag verteilt, verzehren. Einen Käsetag sollte es geben. Einen Fleischtag. Einen Kuchentag. Stundenlang träumte er von den wundersamsten Zeremonien, die er veranstalten würde. Duftende Schwaden herrlichster Bratensoße zogen durch die Zelle. Und dann schmeckte er plötzlich Hühnerfleisch in seinem Mund.
     
    Jeden Morgen und jeden Abend wurde das Trenngitter für einige Minuten geöffnet und Max durfte sich waschen. Und da es ein modernes Gefängnis war, sogar warm. Er pumpte sich den Magen voll heißen Wassers, das ihm ein Gefühl der Fülle täuschte und seinen zeternden Magen für einige Momente beruhigte. Eines Abends, als ihn der Hunger besonders grausam quälte, tränkte er einen Putzlappen, den er in einer Ecke gefunden hatte, mit dem heißen Wasser und fraß ihn auf.  
     
    Alle drei oder vier Tage wurde Max aus der Zelle geholt. Ein Aufseher jagte ihn mit gellenden Kommandos einen langen Gang entlang, an dessen Ende sich eine kleine Kammer befand, in der ein Spiegel über einem Waschbecken hing. Auf dem Rand des Beckens lag Rasierzeug, mit dem er sich unter Aufsicht des Aufsehers und des Kalfaktors rasieren musste. Ein Kalfaktor ist ein Gefangener, der für die Essen - und Materialausgabe, wie Handtücher, Seife, Geschirr und die Sauberkeit und Ordnung in einem bestimmten Teil des Gefängnisses verantwortlich ist.
    Einmal geschah es, dass der Aufseher sich einige Schritte entfernte und ihn nicht beobachtete. Diesen Augenblick nutzte der Kalfaktor. Er trat nah an ihn heran und steckte ihm flugs etwas in die Hosentasche. Wieder in seiner Zelle, griff er vorsichtig hinein und zog ein Stück Leberwurst hervor. Ein unglaubliches Glücksgefühl durchströmte ihn. Er aß ganz langsam. Teichen für Teilchen.
    Oh, diese kostbare Leberwurst! Jedes Krümelchen behielt er im Mund, solange es ging. Er kostete diesen unvergleichlichen Geschmack bis an seine Schmerzgrenze aus. Es war ein Sonntag. Und nun hatte auch er sein Sonntagsessen. Dem mutigen Kalfaktor würde er dankbar sein ein Leben lang.      
     
    Die Tage in der Zelle schienen Max endlos. Womit sollte er seine Zeit verbringen? Sich beschäftigen? Es gab nichts. Kein Buch. Keine Musik. Niemanden zum Reden. Keinerlei Einflüsse. Kein Entspannen im Sinne von Schlafen oder Dösen. Es gab nur ihn. Und so wurde er sein eigenes Objekt. Stundenlang stand er auf der Stelle oder lief im Kreis. Doch er dachte. Und er fühlte. Und dies so konzentriert, so deutlich und so tief wie nie zuvor in seinem Leben. Nach einiger Zeit gelang es ihm, die Tagesabläufe einer ganzen Woche lückenlos zu rekonstruieren. Auch wenn sie ein Jahr zurücklagen.
    Manchmal sang er leise vor sich hin, obwohl auch Singen streng verboten war. Doch er sang alle Bob Dylan - Songs, die er kannte, viele Stunden lang. Und dann spielte er Filmszenen nach. Er schlüpfte in die Rolle des Mädchenmörders und des Kommissars, spielte einen zackigen deutschen Oberst und einen melancholisch souveränen Gunfighter, einen einsamen, verbitterten Rock- and -Roll - Star. Oder er schlüpfte in die Rolle desn brummigen, warmherzigen Hausmeisters.
    So verging die Zeit.
    Eines Tages entdeckte er in dem Wandregal ein Plastikmesser und steckte es in seine Jackentasche. Dann bemerkte er, dass der Fensterkitt, der in den breiten Ritzen zwischen den Glasbausteinen haftete, ziemlich weich war. Er pulte etwas heraus, formte eine kleine Kugel und betupfte damit vorsichtig die Fläche eines Glasbausteins. Ein feiner Kittfilm bildete sich. Mit der Spitze des Messers zog er darüber einen schmalen Strich, der in dem entgegenfallenden Lichtstrahl gut sichtbar war. Nun hatte er eine Möglichkeit zum Malen und Schreiben gefunden und verbrachte in den folgenden Tagen viel Zeit mit dieser wunderbaren Entdeckung. Er hielt sich für keinen besonders guten Zeichner, doch versuchte er es mit den Beatles und mühte sich mehrere Tage.
    Immer neue Kugeln und Kügelchen mussten geformt, angepasst, verworfen und eingelegt werden.
    Endlich war das Bild fertig. Man konnte sogar eine gewisse Ähnlichkeit erkennen. Paul Mc. Cartney und George Harrison waren bestens gelungen.
    Überrascht und erfreut über seinen Erfolg,

Weitere Kostenlose Bücher