Sünden der Leidenschaft
Schleswig-Holstein, sie haben eine außerordentlich gute Qualität.«
»Mir gefällt der große Braune am besten. Lucie hat mir erzählt, daß er mühelos über ein zwei Meter hohes Hindernis springt.« Flora lächelte. »Für eine Dreijährige besitzt Lucie ein erstaunliches Wissen über Pferde.«
»Das ist nicht weiter verwunderlich, bedenkt man das Hauptinteresse ihres Vaters. Er hat seit zehn Jahren eine berühmte Pferdezucht, wie man mir sagte.«
Der Graf hob sein Glas und deutete auf eine Staubwolke am Horizont. Im schimmernden Sonnenuntergang konnte man sehen, daß sich die dünne Staubwolke vergrößerte und in westlicher Richtung bewegte.
»Dort kommt jemand sehr schnell auf uns zugeritten.« Georg Bonham leerte sein Glas und stellte es ab. Er stand auf, um besser sehen zu können.
»Es muß eine große Gruppe von Reitern sein, dem Staub nach zu urteilen, den sie aufwirbeln.« Flora sah ebenfalls in die Richtung der herankommenden Reiter.
Zusammen beobachteten sie die auf sie zukommende Staubwolke, bis sie vor dem gelben Himmel im Hintergrund die berittenen von den unberittenen Pferden unterscheiden konnten. Bald erkannten sie, daß es Indianer waren, die in einer Gruppe von ungefähr zwanzig Reitern auf die Ranch zugaloppierten und mehrere Pferde vor sich hertrieben. Man konnte das Stampfen der Hufe jetzt deutlich hören. Die Reiter behielten ihr Tempo bei, während sie den langen Hügel hinunter und durch das Tor ritten. Das Hufgetrappel klang wie ein stetiger, donnernder Fluß, als sie über die letzte Anhöhe kamen.
Flora staunte über die rasante Geschwindigkeit der Reiter. Der Abstand zu ihnen verringerte sich sehr schnell. Ihr Anführer sprengte auf das Rasenstück zu, das an die Terrasse grenzte, als schätzte er die Entfernung nicht richtig ein. Eine kleine Gruppe von Hausangestellten hatte sich auf dem Gartenweg versammelt.
»Er wird die Diener noch niederreiten!« Flora unterdrückte einen Schrei. Aber der Anführer der Krieger, der mit seiner schwarzen und grünen Kriegsbemalung furchterregend aussah, brachte sein Pferd mit unglaublicher Genauigkeit unmittelbar vor der bewegungslosen Gruppe der Bediensteten zum Stehen, und seine Männer stoppten ebenso gekonnt. Als der Staub sich gelegt hatte, erkannte Flora erschrocken, daß sich unter der dunklen, gespenstischen Kriegsbemalung Adam verbarg. Er war von seinen Männern umringt, lachte, gratulierte ihnen und begrüßte fröhlich seine Dienerschaft, als käme er gerade von seinem täglichen Ritt übers Land zurück.
Seine wilde Kriegsbemalung schließt das allerdings aus, dachte Flora, während sie seine abschreckende Erscheinung genauer musterte. Sein gesamter Oberkörper und sein Gesicht waren abwechselnd in Schwarz und Grün bemalt und trugen rote Streifen über Stirn und Nase sowie unregelmäßige rote Flecken, die symmetrisch über Brust und Arme verliefen. Sein langes Haar fiel lose auf seine Schultern, und als er sich an einen seiner Männer wandte, blitzten die weißen Zähne in seinem schwarz bemalten Gesicht auf. Ein Gewehr und ein Patronengürtel hingen quer über seiner nackten Brust und zeugten von dem, was der Trupp gerade hinter sich hatte. Dieser Mann hier war nicht der charmante Comte de Chastellux, den Flora in Virginia City kennengelemt hatte.
Da erblickte plötzlich einer der Krieger in der ausgelassenen Gruppe Flora, deren fahles Kleid und helle Haut in der Dämmerung leuchteten, im Schatten der Terrasse. Er starrte sie wie gebannt an, und als auch die anderen sie bemerkten, verebbte die Ausgelassenheit nach und nach wie kleine Wellen auf der Oberfläche eines Teiches.
Adam war so in ein Gespräch vertieft, daß er die wachsende Stille um sich herum zunächst gar nicht bemerkte, bis einer seiner Begleiter ihn auf die Besucher aufmerksam machte. Als er Flora sah, wich das Lächeln aus seinem Gesicht. Was wollte sie hier? Er hatte den Grafen erwartet, aber nicht Flora. Während er sie in der Dämmerung anstarrte, schossen ihm grelle Einzelheiten durch den Kopf – sinnliche, lustvolle Bilder –, aber er schob sie schnell beiseite. Er war ein praktischer Mann. Er kämpfte die Aufregung nieder, die nach der erfolgreichen Jagd noch immer in seinen Adern pulsierte.
Sie war hier.
Nach den Nächten voll erotischer Träume und unterdrücktem Verlangen stand sie plötzlich in jungfräulichem Weiß auf seiner Veranda – zum Anfassen nah. Er atmete tief ein, gab dem Mann neben sich die Zügel, glitt vom Pferd und ging auf
Weitere Kostenlose Bücher