Sünden der Leidenschaft
sich gegen eine gutbewaffnete Kriegertruppe wehren will. Ist Esh-ca-ca-mah-hoo noch hier?«
Die glücklichen Gedanken an Flora Bonham und ihre gemeinsamen Kinder wurden durch die dringenderen Fragen des Überlebens ersetzt.
Kapitel 7
Adam hatte dem Grafen auf dem Tisch im Frühstücksraum eine hastig geschriebene Nachricht hinterlassen.
Als sich Flora und der Graf zum Frühstück setzten – Lucie war noch oben –, sagte Floras Vater: »Adam ist letzte Nacht zum Sommerlager geritten. Hier.« Er reichte ihr die Nachricht über den Tisch. »Er sagt auch dir auf Wiedersehen.«
Flora hatte gewußt, daß Adam gegangen war, als sie in dem großen Bett aufgewacht und der Platz neben ihr leer gewesen war. Aber die schwarzen Zeilen auf dem Brief, den er unter den Sahnespender gelegt hatte, bestätigten seine Abreise endgültig. Er war aus ihrem Leben verschwunden.
Bitte entschuldigen Sie meinen plötzlichen Aufbruch, aber ich werde in meinem Dorf gebraucht. Wenn ich Ihnen bei Ihren weiteren Studien behilflich sein kann, sagen Sie mir Bescheid. Herzliche Grüße an Sie und Lady Flora.
Au revoir, Adam.
Flora hatte auch nicht mehr erwartet. Seine unpersönlichen Worte riefen sie in die Wirklichkeit ihrer so unterschiedlichen Lebensumstände zurück. Adam Serre war fortgeritten, um die Gefahr eines drohenden Angriffs auf sein Dorf abzuwenden, während sie und ihr Vater in den Prärien des Nordens nur vorübergehende Besucher waren, fremde Beobachter in einer seltenen und untergehenden Welt. Adam hatte die Flüchtigkeit ihres Besuches verstanden, und außer den niedergeschriebenen Höflichkeiten war nichts weiter zu sagen geblieben.
»Es war nur eine Frage der Zeit«, sagte sie beiläufig und gab ihrem Vater die Nachricht zurück. »Wir haben von den Übergriffen der Miliz in Virginia City gehört, du hast deine Pferdekäufe erledigt – ich bin bereit abzureisen, wenn du es möchtest.« Erstaunlich, dachte sie, wie man doch lernt, alle Gefühle zu unterdrücken – ein Lob auf die Erziehung, die man in der vornehmen Gesellschaft erhält.
»Ich werde die Rennpferde hierlassen, bis ich sie nach Hause verschiffen kann«, erklärte ihr Vater und schenkte sich Kaffee nach. »Sonst ist alles in Ordnung, und wir können unsere Reise fortsetzen. Adam hat dafür gesorgt, daß wir Four Chiefs Dorf besuchen können.«
»Ich habe in einer Stunde gepackt«, sagte Flora mit vorgetäuschter Ruhe. Sie fühlte sich plötzlich abgeschnitten – ein neues Gefühl für eine junge Frau, die in ihrem bisherigen Leben auf ihre Mobilität stolz war.
In diesem Augenblick trat Mrs. McLeod in den Frühstücksraum und brachte Lucie zum Frühstück. Sie ging neben ihrem kleinen Zögling an den Tisch und sagte höflich: »Lady Lucie würde sich besonders freuen, wenn Sie Ihren Besuch trotz der Abwesenheit ihres Vaters verlängern würden.«
Eine Gnadenfrist! jubelten Floras unbezwingbaren Gefühle impulsiv. Ihre Reaktion war weder logisch noch vernünftig, bedeutete der Vorschlag doch nicht mehr, als daß sie noch hierbleiben konnte. Aber das war ihr genug. Daß sie Adam so vielleicht Wiedersehen würde, blieb nur eine stumme Hoffnung. Sie wußte, daß sie sie nicht äußern dürfte, und so lächelte sie Lucie an und sagte dann ruhig zu ihrem Vater: »Ich glaube, das ist eine gute Idee. Was meinst du, Papa?«
»Ein bißchen könnten wir vielleicht noch bleiben, Lucie«, antwortete der Graf mit einem freundlichen Lächeln. »Aber da dein Vater womöglich lange fortbleibt, müssen wir die anderen Stämme und Familien besuchen, wie wir es geplant haben.«
»Als Papa mich heute nacht aufgeweckt hat, um mir Auf Wiedersehen zu sagen, hat er versprochen, so schnell wie möglich zurückzukommen«, sagte Lucie mit fester und absoluter Überzeugung. »Er ist noch nie lange weggeblieben. Und«, fuhr sie mit aufgeregter Stimme fort, »Papa hat gesagt, daß ich jetzt die Gastgeberin bin, solange er nicht da ist. Ich kann Tee und alles servieren … und er hat Mrs. O. auch Bescheid gesagt … und ich darf es wirklich … wäre das nicht toll?«
Adam hat sich von Lucie verabschiedet, aber nicht von mir, dachte Flora traurig. Sie sehnte sich plötzlich danach, von Adam ebenso geliebt zu werden wie Lucie.
»Wenn du jetzt die Gastgeberin bist, bleiben wir natürlich. Gibt es wohl Erdbeerkuchen zum Tee, Lucie?« sagte der Graf freundlich und unterbrach damit Floras Gedanken.
»Wenn du Erdbeerkuchen willst, Georgie, können wir jede Menge bei der Köchin
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